Nachrichten

Nachrichten aus und über Kuba


Nachrichten, Berichte, Reportagen zu aktuellen Entwicklungen, Hintergründen und Ereignissen in Kuba, internationale Beziehungen und der Solidarität mit Kuba.


2,8 Millionen waren reif für die Insel

Kuba verweist auf Steigerungsraten bei aus- und inländischen Gästen

Varadero war idealer Schauplatz der 33. Internationalen Tourismus-Messe - Schaufenster eines florierenden Wirtschaftszweiges, der Kuba im vergangenen Jahr 2,6 Milliarden Dollar einbrachte.

20 Kilometer Strand mit Sand wie für Eieruhren. Ein meist geradezu schamlos schönes türkisfarbenes Meer und 50 Hotels mit 20 000 Zimmern, die seit Jahren konstant ein Drittel aller Touristen anlocken. Der Messe erwiesen Manager aus 50 Ländern ihre Reverenz. Brasilien, dessen für den Fremdenverkehr verantwortlicher Minister einen 176-Millionen-Dollarkredit für die Modernisierung von fünf kubanischen Flughäfen im Gepäck hatte, war Ehrengast.

Brasilianer, Argentinier, Peruaner und Chilenen sind für Kuba ein »wachsender Markt«, sagte der kubanische Tourismusminister Manual Marrero. Das gilt ebenso für Russland, China und Kolumbien. Die Kanadier halten den ersten Platz. 2012 reiste zum zweiten Mal eine Million ein. Sie schätzen »die politische Stabilität Kubas und die im Vergleich zu anderen Ländern niedrige Kriminalitätsrate auf der strikt kontrollierten Insel«, wie die britische Agentur Reuters hervorhob. Den Kanadiern folgen Deutsche, Briten und Franzosen.

Insgesamt registrierte das nationale Statistikbüro (ONE) im vergangenen Jahr 2,83 Millionen ausländische Urlauber, 4,5 Prozent mehr als 2011. Dazu kamen beinahe 1,4 Millionen Inselkubaner. ONE schlüsselt nicht auf, wie viele davon Campingurlauber und wie viele Gäste in den Devisenhotels sind, in die sich auch Kubaner seit drei Jahren einmieten können.

Sie kommen zum Beispiel aus den Reihen der mittlerweile 400 000 privaten Händler, Handwerker, Taxifahrer, Gastronomen und Kleinstunternehmer. Es geht um Bauern, die ihre Produkte direkt an die Hotels liefern und die dort bezahlt werden, auch um Bürger, die ihre Autos verkaufen oder ihre Häuser gegen kleineren Wohnraum eintauschen und dafür Devisen kassieren. Es kommen die Empfänger von Dollar- und Euroüberweisungen aus den USA und Spanien, auch die Handvoll staatlicher Angestellter, die in den wenigen Bereichen tätig sind, wo erwähnenswertes Trinkgeld abfällt, sowie Schieber und Spekulanten.

In privater Hand befinden sich inzwischen mit steigender Tendenz 6115 Zimmervermietungen, 2242 Restaurants und 915 Einfamilienhäuser, die im Stück zu haben sind. Marrero versicherte, der Staat empfinde sie nicht als lästige Konkurrenz, sondern als Partner.

Die Armeekette Gaviota, aus deren Einkünften die Selbstversorgung der Streitkräfte bestritten wird, rührte auf der Messe für »die größte Investition in Kubas Tourismus« die Trommel: die Marina Gaviota Varadero. Sie entsteht am äußersten Rand der Halbinsel Hicacos mit einem Luxushotel, Appartements, Geschäftsstraßen, einer Anlegestelle für mehrere hundert Jachten.

Havanna ist um weitere Zugnummern bemüht. Das Büro des hoch geehrten Stadthistorikers Eusebio Leal wird sich darum kümmern. Sein Kollektiv leistet seit Anfang der 90er Jahre hervorragende Arbeit bei der Sanierung des historischen Stadtkerns und seiner Umgebung - ein »Kluturerbe der Menschheit«. Dieser Tage übergab Leal die famose Bar »Sloppy Joe's«, die bis 1965, als die revolutionäre Offensive alles Private zu Grabe trug, Treffpunkt US-amerikanischer Stars, einheimischer Bohemiens und seltener auch des einfachen Volkes war. Den eigentlich furchtbaren »Sloppy Joe«-Cocktail gibt es wieder: Brandy, Portwein und Cointreau, ein Schuss Ananassaft.

Die Bar, »eines der erlauchtesten Objekte der Stadt«, so Leal, liegt in der Nähe des Parque Central, des Gran Teatro und des Capitol, das bald wieder Sitz des Parlaments sein wird. Alles wird wieder im alten Glanz hergerichtet.

Und dann der Hafen! Die Pelikane sind wieder da. Sie mussten vor Jahren flüchten. Das Hafenbecken war scheußlich vergiftet. In dieser 5,2 Quadratkilometer großen Bucht war für Jahrhunderte der Sammelpunkt der Schätze, die spanische Eroberer auf dem Subkontinent geraubt hatten. Alt-Havanna auf der einen Seite, auf der anderen Seite die Festung, die Jesus-Statue und die Peripherie dreier urkubanischer Stadtteile.

Kurz vor Varadero verkündet eine große Tafel: »Alles, was wir hier einnehmen, ist für unsere Bevölkerung.«

Neues Deutschland
Leo Burghardt, Havanna

Neues Deutschland, 22.05.2013