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Adela Hernández ist die erste transsexuelle Stadträtin in Kuba.
Das Geschlecht spielte keine Rolle - wahlentscheidend war ihre Hilfsbereitschaft und Tatkraft: Die 49-jährige Transsexuelle Adela Hernández amtiert bereits seit Oktober als von den Bewohnern gewählte Stadträtin in Caibarién in der Provinz Villa Clara.
Was sie zum Medienereignis macht, ist ihre nicht nur für kubanische Verhältnisse spektakuläre Vita: Schon als Kind fühlte sich José Hernández immer als Mädchen. Seinen Vater erboste das im Verlauf der Zeit so, dass er seinen Sohn ins Gefängnis wünschte, damit sie ihn dort zu einem richtigen Mann machten. Dort landete er, nachdem ihn seine Familie wegen seiner »falschen« geschlechtlichen Orientierung angezeigt hatte, schließlich. Zwei Jahre in den 80er Jahren, als in Kuba der Machismo noch nicht hinterfragt wurde. »Da kam ich noch schwuler raus«, kommentiert Adela im Rückblick.
Inzwischen ist Kuba sehr liberal im Umgang mit Geschlechterzuordnungen. Erst vergangenen Samstag demonstrierten rund 300 Menschen gegen Homosexuellenfeindlichkeit - angeführt von Mariela Castro, Tochter des Staatschefs Raúl und prominenteste Aktivistin für die Rechte von Schwulen, Lesben und Transsexuellen. Adela ist mit Mariela Castro bekannt.
Vor ihrem Einstieg in die Politik hat sie als Krankenschwester und später als technische Fachangestellte im Krankenhaus gearbeitet. Das seit 2008 bestehende Angebot des Staates, für Geschlechtsumwandlungen die Kosten zu übernehmen, hat sie noch nicht angenommen, zieht es aber in Erwägung. Im offiziellen Register ist sie weiter José, von ihren Nachbarn wird sie Adela genannt, sie selbst macht kein Aufheben darum, ob sie mit José oder Adela angeredet wird. Klar ist: Sie sieht sich als Frau und durchaus auch als Revolutionärin: »Die sexuelle Präferenz bestimmt nicht darüber, ob du revolutionär bist oder nicht«, bekundet sie selbstbewusst. Ihre Nachbarn sehen das wohl ähnlich, in der Stichwahl sprachen sie sich mit klarer Mehrheit für Adela aus. Die KP hielt das zuerst für einen Witz, akzeptierte aber das Ergebnis anstandslos. Und mit der ersten Straßenbeleuchtung im Armenviertel hat Adela gleich gepunktet.
Martin Ling
Neues Deutschland, 17.05.2013