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Berlinbesuch der Bloggerin

Antikommunistin Yoani Sánchez setzt ihre Weltreise in der BRD fort.

Die kubanische Systemgegnerin Yoani Sánchez soll im Rahmen ihrer Welttournee drei Tage lang in Berlin auftreten. Am heutigen Montag und am Dienstag will sie an der Internetkonferenz Re:publica teilnehmen. Für Mittwoch ist eine Veranstaltung im Instituto Cervantes geplant. Auf den bisherigen Stationen ihrer Reise ist Sánchez vor allem durch gemeinsame Aktivitäten mit Putschisten und politischen Vertretern des rechten Randes aufgefallen. Daß ihr Auftritt in Berlin ausgerechnet am 8. Mai – dem Jahrestag der Befreiung Deutschlands von Faschismus und Krieg – stattfinden soll, wird deshalb von Antifaschisten und Mitgliedern der Kubasolidarität als Provokation empfunden. Mehrere Organisationen riefen zu einer Protestkundgebung vor dem Instituto Cervantes auf.

Deutsche Mainstreammedien stellen Yoani Sánchez als unabhängige Bloggerin und Aktivistin für die Presse- und Meinungsfreiheit in Kuba vor, die wegen ihrer kritischen Haltung von der Regierung drangsaliert werde. Ihrer Biographie, ihre Vermögens- und Einkommensverhältnisse, die Verbindung zu ausländischen Geheimdiensten, ihre regelmäßigen Besuche der US-amerikanischen Interessenvertretung in Havanna und die Kontakte zu rechten Politikern und Organisationen werden dagegen nicht erwähnt. Trotzdem hat das mit viel Geld und Mühe aufgebaute Image von Yoani Sánchez seit Beginn ihrer Reise im Februar kräftig gelitten

Bereits auf der ersten Etappe in Brasilien provozierte sie Proteste, weil sie die Ermordung eines systemkritischen Journalisten kurz nach ihrer Ankunft nicht einmal erwähnte und sich statt dessen mit dem profaschistischen Politiker Jair Bolsonaro traf. Auch in Mexiko, das die höchste Zahl von Journalistenmorden in ganz Lateinamerika aufweist, interessierte sie sich nicht für die verfolgten Medienaktivisten, sondern referierte auf einer Konferenz der Vereinigung privater Medienunternehmer (SIP) über die »Pressefreiheit in Kuba«. Die in der SIP organisierten Medienmogule haben Sánchez im November letzten Jahres für ein stattliches Gehalt eingestellt, um ihre Interessen in Kuba zu vertreten.

Auf den nächsten Stationen blieb die bekennende Antikommunistin ihrer Linie treu. In Spanien gehörte der frühere Ministerpräsident José Maria Aznar von der regierenden postfranquistischen Volkspartei, in den USA antikubanische Politiker vom rechten Flügel der Republikanischen Partei zu ihren bevorzugten Gesprächspartnern. Nach einem freundschaftlichen Besuch bei Vertretern der für terroristische Aktionen gegen Kuba bekannten Organisation »Hermanos al Rescate« und einem Treffen mit den Veteranen der Söldnertruppe, die 1961 bei einem Invasionsversuch in der Schweinebucht 176 Kubaner getötet hatte, protestierten US-Friedensaktivisten gegen die Bloggerin.

Angesichts der heftigen Kritik änderte Sánchez ihre Reisepläne. Einen für Mitte April angekündigten gemeinsamen Auftritt mit Repräsentanten der früheren faschistischen Diktaturen in Chile und Bolivien sagte sie – nachdem ein Bündnis von Gewerkschaftern, Journalisten, Schriftstellern, Künstlern, Menschenrechtsaktivisten bis zum Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel Aktionen angekündigt hatten – wegen einer Erkrankung ab. Auch beim darauffolgenden Besuch in Spanien gab sich Sánchez moderat und traf am 24. April mit Vertretern der bürgerlichen Parlamentsparteien zusammen. Einen Tag später wurde sie von der in Miami erscheinenden Tageszeitung Nuevo Herald mit der Bemerkung zitiert, sie bedauere, daß sie »nicht mit Vertretern der Vereinigten Linken (Izquierda Unida) gesprochen« habe, denn sie sei »eine Person ohne festgelegte ideologische Ausrichtung«. Trotz dieses Lippenbekenntnisses kam es wenige Tage später in Italien erneut zu Protesten. Als Demonstranten am vorletzten Sonntag während eines Auftritts der Bloggerin kopierte Dollarnoten auf das Podium warfen, wurden sie von Ordnertruppen aus dem Saal geworfen.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
junge Welt, 06.05.2013