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Störmanöver gegen Entspannung

Verleihung des Sacharow-Preises an die »Damas de Blanco« belastet Beziehungen zwischen Kuba und EU.

Am morgigen Dienstag will das Europäische Parlament in Brüssel den »Damas de Blanco«, einer Vereinigung kubanischer Systemgegner, den Sacharow-Preis der Europäischen Union (EU) übergeben. Der vor allem von rechtskonservativen Politikern initiierte Akt ist eine gezielte Provokation Havannas und belastet die Normalisierung zwischen Europa und Kuba, wo die Gruppe als Instrument der USA im Kalten Krieg gegen die sozialistische Karibikinsel gilt.

Die Aufwertung einer ­Organisation, deren führende Mitglieder selbst zugeben, Zahlungen von US-Diensten zu erhalten, dürfte die europäischen Politiker auch in Erklärungsnot gegenüber anderen lateinamerikanischen Staaten und deren Bündnisse bringen. Den progressiven Regierungen in der Region wird die EU kaum vermitteln können, warum sie eine Gruppe unterstützt, deren Leiterin Berta Soler sich in den letzten Wochen in Europa vor allem mit Vertretern rechter Parteien getroffen hat und durch offene Sympathieerklärungen für die frühere Batista-Diktatur in Kuba aufgefallen ist.

Wie andere kubanische »Dissidenten« ist Berta Soler, die selbsternannte Chefin der »Damas de Blanco«, derzeit auf einer vor allem von konservativen Parteien und deren Stiftungen finanzierten Propagandatour. Mit einem Teil ihrer aufwendigen Reisekosten und Spesen werden – auf Veranlassung des Auswärtigen Amtes der BRD – allerdings auch die deutschen Steuerzahler belastet. Außenminister Guido Westerwelle, der Soler am 12. April in Köln empfangen hatte, spendierte ihr in der vergangenen Woche eine Reise nach Panama, von wo sie am heutigen Montag nach Brüssel fliegt.

Vor dem Treffen mit Westerwelle hatte die kubanische Systemgegnerin sich in Europa mit mehreren politischen Vertretern der europäischen Rechten koordiniert. Mitte März war sie in Spanien unter anderem mit dem früheren Ministerpräsidenten José Maria Aznar und der Vorsitzenden der regierenden postfranquistischen Volkspartei (Partido Popular/PP) in Madrid, Esperanza Aguirre, zusammengetroffen. Beide gelten nicht nur als fanatische Kuba-Hasser, sondern auch als aktive Unterstützer von Putschisten in Lateinamerika.

Soler hatte zuvor in Spanien mit der Bemerkung für Aufregung gesorgt, daß Kuba zu Zeiten der Batista-Diktatur ein »wahres Goldjuwel« gewesen sei. Die Sympathieerklärung für das Terrorregime rief nicht nur prokubanische Solidaritätsgruppen, sondern auch unabhängige Menschenrechtsaktivisten auf den Plan, die darin erinnerten, daß während der Regierungszeit des Diktators Fulgencio Batistas in Kuba rund 20000 Oppositionelle ermordet worden waren.

Nach ihrem Bekenntnis zu Batista in Spanien traf Soler Mitte April in Deutschland mit der revanchistischen Vertriebenenpolitikerin Erika Steinbach (CDU) zusammen und trat in Bonn auf einer Pressekonferenz der rechtslastigen »Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte« (IGFM) auf.

Die übergabe des – von der EU an die Gruppe »Damas de Blanco« bereits im Jahr 2005 verliehenen – Sacharow-Preises zum jetzigen Zeitpunkt ist offensichtlich ein gezielt angelegtes Störmanöver, um das sich abzeichnende Tauwetter zwischen Europa und Kuba in eine neue Eiszeit zu verwandeln. Erst im November letzten Jahres hatten die EU-Außenminister einen Arbeitsplan beschlossen, mit dem der 1996 auf Initiative rechter Politiker eingeführte »Gemeinsame Standpunkt« der EU, der zu einem Systemwechsel in Kuba führen sollte, durch ein bilaterales Vertragswerk des gegenseitigen Nutzen und Respekts abgelöst werden könnte.

Während gemäßigte Politiker in Europa und den USA diese Entscheidung begrüßten, hatten »Dissidenten« in Kuba und exilkubanische Gruppen in Miami die Europäische Union als Verräter attackiert. Zu den vehementesten Gegnern der sich abzeichnenden Entspannung gehörte die Gruppe »Damas de Blanco« und deren Vertreterin Berta Soler.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf
junge Welt, 22.04.2013