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Nachrichten aus und über Kuba

Nachrichten, Berichte, Reportagen zu aktuellen Entwicklungen, Hintergründen und Ereignissen in Kuba, internationale Beziehungen und der Solidarität mit Kuba.


"Uns jeden Tag politisch weiterzubilden"

Die UZ sprach mit Gisleidy Sosa Cabrera

Gisleidy Sosa Cabrera ist die Verantwortliche der UJC (Unión de Jóvenes Comunistas - Kommunistischer Jugendverband Kubas) im Komitee für internationale Beziehungen. Sie reiste im Rahmen der Kuba-Kampagne der SDAJ durch zehn deutsche Städte. Die UZ war vor Ort und hat nachgefragt:


UZ: Kuba wird von westlichen Medien vorgeworfen, es wäre eine Diktatur und es gebe eigentlich keine richtigen Wahlen auf Kuba. Am 3. Februar gab es auf Kuba Wahlen zur Nationalversammlung. Wie kommen die Kandidaten zustande?

Gisleidy Sosa Cabrera: 2013 wurden 612 Abgeordnete in die Nationalversammlung gewählt. 50 Prozent der Abgeordneten, die jetzt in der Nationalversammlung sind, kommen als Delegierte aus den Wahlbezirken. Diese Abgeordneten werden auf direkte Weise vom Volk gewählt. Die anderen 306 resultieren aus Vorschlägen der Massenorganisationen, die verschiedene Teile der Bevölkerung repräsentieren. Wir reden hier zum Beispiel vom Komitee zur Verteidigung der Revolution, der kubanischen Frauenvereinigung, der Schüler- und der Studentenorganisation sowie den Gewerkschaften.

Am 3. Februar dieses Jahres haben mehr als sieben Millionen Kubanerinnen und Kubaner ihre Stimme abgegeben. 67 Prozent aller neuen Abgeordneten in der Nationalversammlung sind neue KandidatInnen, die vorher nicht im Parlament waren. 48 Prozent aller Abgeordneten sind Frauen, mit 37 Prozent ist die Zahl der Farbigen weiter gestiegen, 100 der Abgeordneten sind junge Menschen. Das bedeutet, dass in dieser Nationalversammlung, die das höchste Organ des kubanischen Staates ist, das Volk in seiner Vielfalt repräsentiert ist.

UZ: Es gab nicht nur Wahlen zur Nationalversammlung und den Provinzial- und Kommunalparlamenten, sondern es wurden auch neue Richtlinien verabschiedet. Was sind das für Neuerungen?

Gisleidy Sosa Cabrera: Ja richtig, gleichzeitig mit dem Wahlprozess wurden in den letzten zwei Jahren die neuen Richtlinien überall diskutiert, an allen Orten und Institutionen. Diese Richtlinien sind wegweisend für die wirtschaftliche, politische und sozialkulturelle Entwicklung Kubas. Die Regierung hat sozusagen das Volk beauftragt, die Richtlinien zu diskutieren und zu verändern. Es war jedem Kubaner möglich, an drei bis vier Orten zu diskutieren, sei es im Betrieb, wo er arbeitet, in der Gewerkschaft, in der er organisiert ist, im Stadtteil, wo er wohnt, und auch wenn er z. B. Mitglied des Jugendverbandes oder der Partei ist. Frauen konnten zusätzlich dazu auch in der Frauenorganisation darüber debattieren.

Die Vielfalt der Meinungen in diesem Diskussionsprozess spiegeln sich darin wider, dass 68 Prozent der ursprünglichen Fassung der vorgeschlagenen Richtlinien abgeändert oder modifiziert wurde. Das ist auch einfach nur ein Ausdruck dafür, dass die Meinung des Volkes am wichtigsten für die Entscheidungsfindung ist.

Eine der größten Prioritäten bei den Richtlinien ist die stetig anwachsende Produktion von Lebensmitteln für das kubanische Volk. Auf Platz zwei und drei folgen der Bau von weiteren Wohnungen und die Anhebung der Löhne. Das sind Aufgaben, die sehr große Investitionen erfordern, um sie umzusetzen.

Und man muss sich dabei im Hinterkopf behalten, dass wir weiterhin von einer Blockade beeinflusst sind. Kuba muss aber auch immer darauf aufpassen, egal was für Maßnahmen ergriffen werden, dass diese Maßnahmen immer auch vom Imperialismus ausgenutzt werden. Bevor man also die Maßnahmen verabschiedet, muss man darüber nachdenken, wie der Feind sie nutzt. Wir können leider nicht ignorieren, dass wir direkt vor unserer Nase den stärksten imperialistischen Staat haben, den es gibt. Das bedeutet, dass wir für diese Maßnahmen einen langen Diskussionsprozess führen müssen, wie wir diese Richtlinien praktisch umsetzen.

UZ: Du hast die US-Blockade erwähnt. Was für Auswirkungen hat sie?

Gisleidy Sosa Cabrera: Wir leben auf Kuba nicht in einer perfekten Gesellschaft und wir haben viele Dinge, an denen wir arbeiten müssen. Wenn die Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade, die gegen uns seit 1962 besteht, nicht wäre, wären wir deutlich weiter. Das wesentliche Ziel dieser Blockade ist es, Kuba wirtschaftlich zu ersticken. Diese Maßnahme gilt nicht nur für die USA, sondern sie beeinflusst Drittländer, die mit Kuba Handel betreiben. Sie hat unser Land bis heute rund 100 Milliarden US-Dollar gekostet. Ohne diese Blockade wäre es so, dass Kuba heute schon dreißig Jahre weiter sein könnte. Und gerade als das sozialistische Lager 1990 gefallen ist, hat die USA die Blockade noch weiter verschärft. Kuba darf auf dem Weltmarkt keine Produkte in Dollar kaufen, es darf keine Produkte kaufen, in denen mehr als 10 Prozent US-amerikanische Anteile drinstecken, z. B. auch Ersatzteile. Auch Medikamente dürfen nicht gekauft werden. Kuba wurde dadurch bereits mehrmals dazu gezwungen, einzelne Flugzeuge nach Europa zu schicken, um krebskranke Kinder, die sich bereits im Endstadium der Krankheit befanden, mit Medikamenten zu versorgen. Jedes Schiff, was in Kuba anlegt, darf für sechs Monate keinen US-amerikanischen Hafen anfahren. Das führt dazu, dass Kuba seine Produkte in Europa oder in Asien kaufen muss, und das führt wiederum dazu, dass die Produkte zwei- bis dreimal so teuer sind, als wenn sie aus den USA bezogen werden würden. Das bedeutet auch, dass wir die Produkte dann eigentlich auch zu den Preisen in Kuba weiterverkaufen müssten. Die USA weigert sich außerdem, einer Vereinbarung nachzukommen, wonach die USA 20.000 Einreisevisa an Kuba gibt, damit Leute legal aus Kuba ausreisen dürfen.

UZ: Fünf Kubaner, die "Cuban5", die legal ausreisen durften, sitzen seit nunmehr 15 Jahren in US-Gefängnissen, angeblich weil sie die Sicherheit der USA gefährdet hätten. Sie hatten damals Terrornetzwerke in Miami unterwandert und Informationen über geplante Anschläge auf Kuba an die US-Behörden weitergegeben. Statt der von ihnen beobachteten Terroristen wurden die fünf "Antiterroristas" eingesperrt. Was für eine Bedeutung haben die fünf für die Kubanische Jugend?

Gisleidy Sosa Cabrera: Für die kubanische Jugend sind die "Cuban5" ein Paradigma. Als sie in die Gefängnisse gesperrt wurden, waren sie noch sehr jung, als sie in die USA gereist sind noch jünger. Solange es so ist, dass Kuba der größten imperialistischen Macht gegenübersteht, die nicht von den Angriffen auf Kuba ablässt, solange werden auch weiterhin so mutige junge Menschen wie die Fünf benötigt, um die kubanische Bevölkerung zu verteidigen. Sie sind uns eine Hilfe und ein Vorbild darin, uns jeden Tag politisch weiterzubilden. Die Aufgabe der kubanischen Jugend ist, eine sozialistische Jugend aufzubauen, die noch besser ist als diejenige, die die Fünf damals verlassen haben. Es wäre nicht wert gewesen, dass die Fünf im Gefängnis sitzen, wenn wir nicht dieses Ziel erreichen.

Aus diesem Grund entwickeln wir zusammen mit der SDAJ und vielen anderen Solidaritätsorganisationen Projekte, in denen wir die Wahrheit über den Fall der Fünf herausarbeiten. Und das was wir jetzt schon auf dieser Rundreise sehen können, das was die SDAJ macht, was andere Solidaritätsorganisationen machen, was die kommunistische Partei macht, sind Beispiele für die Solidarität, die Kuba in der ganzen Welt erfährt. Nur die internationale Solidarität kann die Fünf befreien!

Unsere Zeit

Das Gespräch führte Gerd Ziegler
Unsere Zeit, 05.04.2013