Nachrichten aus und über Kuba
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Wie das Kuba von Fidel, Che und Raúl die Frauenbefreiung vollzog
Eine Revolution in der Revolution
Bis zum Sieg der Revolution gehörten die Kubanerinnen zu den am meisten diskriminierten und erniedrigten Frauen Lateinamerikas. Nicht nur die koloniale Unterdrückung, sondern auch der tief verwurzelte Machismo – die angebliche und im Alltag brutal durchgesetzte Überlegenheit des Mannes – hatte den Habitus der Gesellschaft geprägt. Noch 1953 sechs Jahre vor dem triumphalen Einzug der „Barbudos“ um Fidel Castro und Che Guevara in Havanna – hatte die Volkszählung ein erschreckendes Bild vermittelt: 13,7% der Frauen waren außer Haus beschäftigt, mehr als ein Viertel davon – insgesamt 70.000 – als Dienstmädchen vermögender Leute. Viele der mehrheitlich dunkelhäutigen Proletarierinnen schufteten für einen Pfenniglohn, nicht wenige nur für Kost und Logis. 83% der Frauen, die einer Tätigkeit nachgingen, übten diese weniger als zehn Wochen im Jahr aus. Nur 14% galten als ganzjährig beschäftigt. Die Türen für Leitungsämter waren ihnen generell verschlossen.
Nur ein Geschäft, in dem Frauen gezwungenermaßen dominierten, blühte auf Kuba: die Prostitution. Havanna galt als Bordell der Vereinigten Staaten.
Erst nach dem 1. Januar 1959 kam es zu umwälzenden Veränderungen. Doch schon zuvor hatten sich Frauen wie Haydée Santamaria, Melba Hernandez, Célia Sánchez und Vilma Espín in den Reihen der Fidelistas profiliert. Sie spielten auch nach dem Sieg der Revolution eine heraustragende Rolle. Vilma Espín wurde beauftragt, jene Frauen zu organisieren, welche bewußt an revolutionären Veränderungen teilnehmen wollten. Bereits am 23. August 1960 erfolgte die Gründung des Kubanischen Frauenbundes (FMC).
Als es im April 1961 galt, die aus Exilkubanern bestehenden und von der CIA gelenkten Söldnerbanden, die an der Schweinebucht gelandet waren, sowie deren Anhang im Lande zu bekämpfen, wurden Volksmilizen aufgestellt. Tausende Kubanerinnen traten speziellen Fraueneinheiten – oft gegen den Willen ihrer Eltern oder Ehemänner – bei. Etwa zur gleichen zeit beteiligten sich zahlreiche Frauen an der grandiosen Kampagne zur Alphabetisierung des schreib- und leseunkundigen Teils der Bevölkerung. Bald wurden in Kuba die „Schulen Ana Betancourt“ ins Leben gerufen, an denen Mädchen aus entlegenen Orten lernen konnten. Überdies richtete der kubanische Staat spezielle Institute zur Ausbildung von Erzieherinnen in Kindertagesstätten und Lehrerinnen allgemeinbildender Schulen ein.
Am 9. Dezember 1966 bilanzierte Fidel Castro das auf diesem Gebiet bis dahin Erreicht: Das Phänomen der Frauen in der Revolution ist eine Revolution innerhalb der Revolution. Wenn man uns fragen würde, was das Revolutionärste ist, würden wir antworten: die Revolution, die sich in den Frauen unseres Landes vollzieht.“ Heute lösen in Kuba Frauen all jene Aufgaben, deren Bewältigung man ihnen früher nicht zugetraut hätte: Sie lenken Lastkraftwagen und Busse, sind Werkdirektoren, Piloten, Spitzensportler, Seeleute und hochqualifizierte Wissenschaftler.
Dabei liegt das Erreichte unter den offiziellen Vorgaben. Ohne Zweifel spielt dabei der noch immer nicht überwundene lateinamerikanische Machismo, der hier und dort zu Diskriminierungen führt. Eine das Gesamtergebnis schmälernde Rolle.
Doch das Resultat ist verblüffend genug: Nach Angaben des Nationalen Statistikamtes vom Jahresende 2011 stellten Frauen 62,8% der Hoch- und 35,6% der Fachschulabsolventen. 43,43% der Mitglieder der Nationalversammlung und 28% der Minister, 46,7% aller im staatlichen Sektor Tätigen und 40% der Führungskräfte.
Welche Rolle die Kubanerinnen seit Jahrzehnten im Gesundheitswesen spielen, ist international bekannt. Auch die Entsendung von Alphabetisierern in Staaten Lateinamerikas, Afrikas, Asiens und Ozeaniens gehört zu den Ruhmesblättern der kubanischen Revolution, die ohne die Frauen so wohl kaum stattgefunden hätte. Daß die Kubanerinnen trotz aller von ihnen übernommenen Verpflichtungen auch zärtliche Mütter, liebevolle Lebenspartnerinnen und geschickte Hausfrauen sind, vervollständigt das Bild.
Rotfuchs, März 2013
gestützt auf "Granma Internacional", Havanna