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Zweiter Gipfel der CELAC
Vor dem II. Gipfel der Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (CELAC), der in Chiles Hauptstadt Santiago de Chile stattfand, trafen sich deren Vertreter am 26. Januar mit den Regierungschefs der Europäischen Union (EU). Dieses Treffen ging am 27. Januar 2013 zu ende.
"In den vergangenen Tagen berieten wir in sehr produktiven Gesprächen, wie wir den Investitionen Impulse geben und unsere strategischen Beziehungen zukünftig erweitern können", sagte der Präsident des Europarates, Herman Van Rompuy, in der Abschlusssitzung des Treffens, das zwei Tage dauerte und an dem 60 Mandatsträger aus Europa, Lateinamerika und der Karibik teilnahmen.
Van Rompuy stellte fest, dass die Gespräche über die Investitionen unerlässlich für die nachhaltige Entwicklung der Lage für die zukünftigen Generationen sind. Die Übereinstimmung beider Regionen sei ein Schlüssel für die Lösung aller Angelegenheiten in der Welt, wie die nachhaltige Entwicklung, die Menschenrechte, die soziale Gerechtigkeit, der Klimawandel oder die Sicherheit.
Er führte weiter aus: "Beide Regionen sind sehr überzeugt von ihrer Unabhängigkeit. Die Zukunft liegt in der Kooperation und zweiregionalen Integration sowie in der Zusammenarbeit der Regionen. Deshalb ist es wünschenswert, das Potenzial der strategischen Beziehung zwischen beiden Regionen zu nutzen."
Das sahen die Lateinamerikaner nicht viel anders. Sie ließen sich jedoch nicht die Bedingungen vorschreiben, zu denen diese "wünschenswerte Zusammenarbeit der Regionen" erfolgen soll. Die europäischen Vertreter bekamen das neue Selbstbewusstsein der Lateinamerikaner zu spüren. So musste die deutsche Bundeskanzlerin, Angela Merkel, sich von der argentinischen Präsidentin Cristina Kirchner sagen lassen, dass die Zeiten der Bevormundung vorbei seien. Die Bundeskanzlerin hatte verlangt, dass die Wirtschaftsgemeinschaft MERCOSUR endlich die dreizehnjährigen Verhandlungen beenden und auf die Forderungen der EU nach Freihandel und Einstellung der Exportbeschränkungen eingehen solle. Kirchner schlug ihr vor, bis zum Herbst 2013 zu warten, weil sich bis dahin die MERCOSUR Länder über die Vorschläge an die EU verständigen würden.
Andere, wie Uruguays Präsident José Mujica, machten darauf aufmerksam, dass für MERCOSUR China durchaus ein reizvoller Geschäftspartner sei. Die lateinamerikanischen und karibischen Länder müssten sich nicht mehr nur nach Westen orientieren.
Nach dem Treffen der CELAC mit der EU fand der II. Gipfel der CELAC in Santiago de Chile statt. Den turnusmäßigen Vorsitz hatte Chile, dessen Präsident Sebastián Piñeira den Gipfel eröffnete und die Teilnehmer begrüßte. Der Vizepräsident Venezuelas, Nicolás Maduro, verlas einen Brief von Hugo Chávez, "unterschrieben mit roter Tinte".
Die 33 Repräsentanten der Länder in CELAC betonten einmal mehr, wie bedeutsam die Selbstbestimmung der Völker ist. Sie riefen dazu auf, ihre Bündnisse für die politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu stärken. So sagte der nicaraguanische Präsident Daniel Ortega: "Die entwickelten Länder der Region müssen die Ungleichheiten beachten. Sie sollten den weniger entwickelten helfen, ihre Länder ökonomischer, sozialer und produktiver zu gestalten. Das ist für jeden von Vorteil, denn wir können uns gegenseitig besser austauschen."
Ortega bezog sich auf das Beispiel Europa, das eine schwere Krise durchmacht. Es reiche nicht aus, die Einheit herbeizureden, sondern sie müsse auch von gerechter Politik, Kooperation und gegenseitigen Vorteil begleitet werden, wie sie zum Beispiel von ALBA gehandhabt werde.
ALBA, PETROCARIBE, UNASUR, die Gemeinschaft Mittelamerikas mit Mexiko und Kolumbien bieten Erfahrungen, die auf CELAC übertragen werden können, weil sie wichtig für dieses neue Projekt der regionalen Einheit sind.
Ortega sagte weiter, dass CELAC mit knapp einer Milliarde Bewohner eine enorme, mächtige Gruppe ist, die, wenn vereint, ein großes Gewicht in der Weltgemeinschaft besitzt. Das habe die Anwesenheit der EU auf dem Gipfel eindrucksvoll bewiesen. CELAC umfasse ein Riesengebiet, das über unermessliche Naturreichtümer verfüge, die nie wieder von ausländischen Imperien ausgebeutet werden dürfen. Diese Reichtümer sind ausschließlich für das Wohl der lateinamerikanischen und karibischen Länder da. Der nicaraguanische Präsident erklärte, dass in dem Maße, in dem die Einheit und Stärke der CELAC wachse, der Einfluss der Vereinigten Staaten abnähme. Sie sind nicht mehr "die Polizei der Region", welche die Normen über 200 Jahre lang diktierte. Das bedeute jedoch nicht, dass die lateinamerikanischen und karibischen Länder keine guten Beziehungen mit den USA unterhalten möchten.
Ortega schlug vor, gemeinsam an einem gerechten Wirtschaftssystem zu arbeiten, dass als Hauptziel hat: Unter Nutzung der eigenen Reichtümer die Armut der Völker zu überwinden.
Der Gipfel offenbarte auch die unterschiedlichen ideologischen Positionen der regierenden Kräfte der 33 lateinamerikanischen und karibischen Länder. Während die Vertreter der Staaten der Bolivarischen Allianz für die Völker Unseres Amerikas (ALBA) die soziale Integration und die Überwindung des Kapitalismus in den Vordergrund stellen, vertreten die Regierenden von Mexiko, Kolumbien, Peru und Chile neoliberale Konzepte zur Lösung der Probleme ihrer Länder.
Zum Abschluss des Gipfels übergab der Präsident Chiles, Sebastián Piñeira, den turnusmäßigen Vorsitz an den kubanischen Amtskollegen Raúl Castro, der nun bis 2015 die Gemeinschaft "regieren" wird. Danach wird der Vorsitz an den Präsidenten Ecuadors übergehen. Es bestanden kaum Zweifel daran, dass der wieder Rafael Correa heißen wird, der sich im Februar der Wiederwahl stellt.
Wolfgang Herrmann
Informe Nicaragua, 06.02.2013