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Fahrplan zur Normalität
EU-Lateinamerika-Gipfel in Chile: Beziehungen zu Kuba auf der Tagesordnung
Am 26. und 27. Januar findet in Santiago de Chile das erste Gipfeltreffen der EU und der im Dezember 2011 gegründeten Lateinamerikanischen und Karibischen Staatengemeinschaft CELAC statt. Obwohl die Staats- und Regierungschefs aus der "alten Welt" dem Vernehmen nach vor allem auf wirtschaftliche Impulse aus dem einstigen "Hinterhof der USA" hoffen, werden sich die Europäer auch Fragen zu ihrem Umgang mit Kuba gefallen lassen müssen. Zwar hatte Ende Dezember der EU-Botschafter in Havanna, Hermann Portocarrero, die Normalisierung der Beziehungen zwischen Brüssel und der sozialistischen Karibikinsel nur noch eine Frage der zeit genannt und damit gerechnet, daß ein bilaterales Abkommen innerhalb der nächsten zwei Jahre den 1996 verabschiedeten "Gemeinsamen Standpunkt" der EU gegenüber Kuba ablöst.
Zwar schwächte die EU-Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, die Äußerungen ihres Diplomaten in der vergangenen Woche ab und betonte, der "Gemeinsame Standpunkt" bleibe in Kraft, solange die 27 Mitgliedsstaaten der Union nicht einstimmig seine Aufhebung beschließen. Allerdings dementierte sie den von Portocarrero skizzierten Zeitplan nicht, der auf ein Treffen der EU-Außenminister am 19. November in Brüssel zurückgeht, bei dem Ashton beauftragt worden war, die Bedingungen für Verhandlungen mit Kuba auszuloten. Danach sind für die Vorbereitungen der Gespräche etwas sechs Monate vorgesehen, mit einem Ergebnis könne nach weiteren eineinhalb Jahren gerechnet werden.
In einem Gespräch mit dem Korrespondenten der britischen BBC in Havanna, Fernando Ravsberg, hatte sich der EU-Vertreter Ende Dezember optimistisch gezeigt, daß "unterschiedliche Positionen" nicht länger einer "pragmatischen Lösung" im Wege stehen würden. Die Normalisierung der Beziehungen liege auch im europäischen Interesse. So sähen viele auch angesichts der Krise in Europa neue Möglichkeiten in Kuba. "Das Land plant in den nächsten Jahren wichtige Projekte, zum Beispiel in der öffentlichen Infrastruktur, in der Energieversorgung und in anderen Bereichen", sage Portocarrero.
Es sei zudem offensichtlich, daß Kuba uns sein Gesellschaftsmodell in den lateinamerikanischen Bündnissen wie ALBA, CELAC und anderen eine immer bedeutendere Rolle spiele. "Der Dialog mit Havanna kann deshalb auch eine Botschaft Europas an den Kontinent sein, daß die EU am Erhalt der Stabilität in der Karibik und deshalb auch in Kuba interessiert ist", sagte der Botschafter. Europa habe trotz seiner jetzigen wirtschaftlichen und politischen Schwierigkeiten einmal für das Modell eines Sozialstaates gestanden, der es Kuba am ehesten erlaube, "die Erfolge seiner Revolution zu sichern".
Nach dem Beschluß der EU-Außenminister vom 19. November hatte bereits der spanische Staatssekretär Gonzalo de Benito einer Meldung der spanischen Nachrichtenagentur EFE zufolge betont, daß mittlerweile 13 europäische Länder eigenständige Abkommen mit Kuba unterzeichnet hätten und die Zeit gekommen sei, "die Beziehungen zwischen Europa und Havanna vernünftig zu regeln". Das scheint mittlerweile auch im Bundestag so gesehen zu werden. Vom 6. bis 12. Januar hielt sich eine fünfköpfige Delegation des Haushaltsausschusses zu Gesprächen in Kuba auf. Dabei standen vor allem Themen wie Ernährung, Landwirtschaft, Gartenbau und Landmaschinen im Mittelpunkt.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 18.01.2013