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Paduras Box

Der Kubanische Nationalpreis für Literatur geht diesmal an Leonardo Padura.

Der 57jährige Schriftsteller, Journalist und Literaturkritiker Leonardo Padura wurde am 18. Dezember vom Kubanischen Buchinstitut (ICL) mit dem Nationalpreis für Literatur des Jahres 2012 ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet am Donnerstag im Rahmen der 22. Internationalen Buchmesse in Havanna statt. Vorher hatte der im In- und Ausland meistgelesene zeitgenössische Autor Kubas ein neues Werk angekündigt, in dem seine beliebteste Romanfigur, der Teniente Mario Conde, wieder eine Rolle spielt.

Mit dem Nationalpreis werden seit 1983 jährlich diejenigen Schriftsteller geehrt, deren Werk das kulturelle Erbe und die Literatur Kubas in herausragender Weise bereichert. Padura war unter 18 Mitbewerbern ausgewählt worden. In einer telefonischen Stellungnahme aus seinem Haus im Arbeiterviertel Mantilla der kubanischen Hauptstadt sagte Padura, daß diese Auszeichnung auch deshalb wichtig sei, weil mit ihm erstmals ein in den 50er Jahren geborener Schriftsteller diesen Preis erhält: »Durch diese Ehrung findet die literarische Arbeit von Vertretern meiner Generation zum ersten Mal höchste Anerkennung. Das ist schon etwas Besonderes.« Der Nationalpreis ist für Padura die wichtigste in einer Reihe nationaler und internationaler Auszeichnungen.

Nach Abschluß des Studiums der Literaturwissenschaft hatte der heute 57jährige zunächst als Journalist, unter anderem in der Jugendzeitschrift Juventud Rebelde, vielbeachtete Reportagen veröffentlicht und sich daneben mit literarischen Essays einen Namen gemacht. Anfang der 1990er Jahre begann Padura Kriminalromane zu schreiben und schuf die Figur des Teniente (Leutnant) Mario Conde, der sich im Laufe der Jahre aus dem Polizeidienst verabschiedet, als Händler antiquarischer Bücher durchschlägt, aber trotzdem weiter in Kriminalfällen ermittelt. International bekannt wurde das »Havanna-Quartett«.

Padura nutzt das Genre des Kriminalromans, um analytisch präzise und offen soziale und gesellschaftliche Probleme zu beschreiben. Obwohl er sich bisher von feindlichen Angriffen auf die kubanische Gesellschaftsordnung distanziert und das System vom Grundsatz als Alternative zum kapitalistischen Modell verteidigt hat, ist er Unterstützern der kubanischen Revolution wegen seiner scharfen Kritik an Alltagsproblemen oft suspekt. Andere wiederum sehen in Padura einen Kritiker von Mißständen, der damit seinem Land solidarisch weiterhelfen will und sich nicht als Söldner von dessen Gegnern mißbrauchen läßt.

Nach seinem letzten Roman wandte er sich einem anderen Metier zu und schrieb das Drehbuch zu dem Filmprojekt »Sieben Tage in Havanna«, in dem sieben international renommierte Regisseure ihren persönlichen Blick auf jeweils eine Tagesepisode in der Hauptstadt des heutigen Kuba werfen. Der gut zweistündige Episodenfilm wird ab 2. Mai in deutschen Kinos zu sehen sein.

Ende November verriet Padura auf einer literarischen Veranstaltung in der »Casa de las Americas« in Havanna, daß er an einem neuen Roman mit dem spanischen Titel »Herejes« (Ketzer) arbeitet. Zur Freude vieler Anhänger kündigte der Schöpfer des Teniente Mario Conde, der in Paduras letzten Roman »Der Mann, der Hunde liebte« von der Bildfläche verschwunden war, dabei die Auferstehung seines beliebten Romanhelden an.

Auch über den Inhalt des neuen Romans gab der Autor erste Informationen preis. Eine der zentralen Figuren ist Elias, ein Jude spanischer Abstammung, der von dem Wunsch besessen ist, Kunstmaler zu werden und gemeinsam mit Rembrandt in dessen Studio zu arbeiten. In seinem Eifer ist Elias bereit, alle Gebote des jüdischen Glaubens zu übertreten, um sein Ziel zu verwirklichen. Neben dem Amsterdam des 17. Jahrhunderts, in dem sich dieser Teil der Handlung entwickelt, spielen weitere Episoden in den sechziger Jahren des letzten und zu Anfang dieses Jahrhunderts auf Kuba. Hier tritt Mario Conde wieder in Erscheinung, der die Aufgabe hat, zwei Personen aufzuspüren, die in geheimnisvoller Beziehung zu einem Gemälde des berühmten holländischen Malers stehen.

Auch in seinem neuen Werk wendet der Autor seine Methode an, Triebkräfte, Handlungen und Erfahrungen unterschiedlicher Akteure in ihren jeweils verschiedenen historischen Etappen miteinander in Beziehung zu setzen. So entwickelt er seine eigenen Vorstellungen über prägende Momente der Geschichte der Welt und Kubas. Die Wechsel zwischen Zeiten und Personen dient Padura dabei als Bühne zu Reflexionen über die derzeitige Realität seines Heimatlandes.

Der gleichzeitig in Kuba vom Buchverlag Ediciones Unión des Schriftsteller- und Künstlerverbandes UNEAC und in Europa vom spanischen Verlagshaus Tusquets herausgegebene Roman soll im März erscheinen. Die deutsche Übersetzung wird nach Auskunft des Schweizer Unionsverlages ab Februar 2014 erhältlich sein. Für diese Zeit hat der Zürcher Verlag mit Leonardo Padura bereits eine Lesereise im deutschsprachigen Raum vereinbart.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
junge Welt, 14.01.2013