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Christenkongreß blockiert
Washington sperrt Geldtransfer des Lateinamerikanischen Kirchenrats nach Kuba
Vertreter der christlichen Kirchen Lateinamerikas haben dagegen protestiert, daß auf Anweisung des US-Finanzministeriuns101.000 US-Dollar
"eingefroren" worden sind, die für die Organisation der VI. Vollversammlung des Lateinamerikanischen Kirchenrats (CLAI) in Kuba bestimmt
waren. Auf einer Pressekonferenz in Havanna verurteilten CLAI-Präsident Bischof Julio Murray aus Panama und der Geistliche Joel Ortega
Dopico als Vorsitzende des Kubanischen Kirchenrats am Montag das Vorgehen als "schwere Einschränkung der Religionsfreiheit" und forderten
die sofortige Freigabe der Gelder.
Als ökomenischer Dachverband umfaßt der CLAI 188 Mitgliedskirchen und Organisationen in 20 lateinamerikanischen Ländern. Ihre
Repräsentanten treffen alle sechs Jahre in Vollversammlungen zusammen, deren nächste für den 19. bis 24. Februar 2013 in Havanna geplant
ist. Ein Teil des Budgets zur Vorbereitung und Durchführung dieses Kongresses hat der CLAI bei einer Filiale der ecuadorianischen Bank
"Pichincha" in Miami deponiert. Bereits vor vier Wochen sollte von dort ein sechsstelliger Betrag für die Kosten der Unterbringung und
Verpflegung der gut 400 Delegierten überwiesen werden. Auf Anweisung des US-Finanzministeriums durfte die Transaktion allerdings nicht
wie geplant ausgeführt werden. Die 101.000 US-Dollar wurden zwar noch nicht beschlagnahmt, aber – mit offenem Ausgang – erst einmal
"eingefroren".
Der einzige Grund für die Aktion Washingtons sei, daß "unsere Konferenz in Kuba stattfinden soll", erklärten die CLAI-Vertreter. Bischof
Murray betonte, daß das Geld Eigentum von Kirchen und religiösen Einrichtungen aus allen Teilen Lateinamerikas und der Karibik sei. Das
Vorgehen verstoße gegen die vom US-Finanzministerium selbst erlassenen Vorschriften, die derartige Transfers zu religiösen Zwecken – trotz
der US-Blockade gegen Kuba – ausdrücklich zuließen.
CLAI-Generalsekretär Nilton Giese berichtete vor der Presse in Havanna, daß er bereits Anfang November von der Bank in Miami Auskunft über
den Verbleib des Geldes verlangt habe, von dort aber seitdem auch auf wiederholte telefonische Nachfrage immer mit dem Hinweis vertröstet
werde, daß "der Vorgang noch geprüft werde und die Summe eingefroren bleibe, bis deren genauer Verwendungszweck" ermittelt sei.
"Die USA, die sich immer als Musterbeispiel und als Garant der Religionsfreiheit in der Welt darstellten, schränken sie in diesem wie in
anderen Fällen selbst gravierend ein." Das sei "Ausdruck einer Politik, die für Christen ethisch und moralisch nicht akzeptabel ist",
betonten die Vertreter des Lateinamerikanischen und des Karibischen Kirchenrats. Da die zur Vorbereitung der Tagung notwendigen Geldmittel
blockiert seien, kündigte Joel Ortega Dopico an, daß die kubanischen Kirchen zu Sammlungen mobilisieren werden, um die Realisierung der
Vollversammlung trotzdem zu ermöglichen. Er bat gleichzeitig die internationale Gemeinschaft um Unterstützung bei der Abwehr der Angriffe
aus den USA auf die Religionsfreiheit und auf sein Land.
Als Vertreter des CLAI übten Murray und Giese ebenfalls scharfe Kritik an der seit 50 Jahren anhaltenden Wirtschafts-, Handels- und
Finanzblockade Washingtons gegen Kuba, die nicht nur das internationale Recht verletze, sondern auch im absoluten Gegensatz zu den
Grundsätzen der Bibel und des Christentums stehe. Beide Geistliche nutzten die Gelegenheit, um ihre Solidarität mit den fünf in den USA
festgehaltenen Kubanern auszudrücken, die dafür bestraft und inhaftiert worden seien, daß sie ihre Mitbürger vor terroristischen
Angriffen geschützt haben. Verfahren und Urteile gegen die fünf Kubaner seien eine Verletzung der grundlegensten Menschenrechte,
sagten Murray und Giese.
Alle Kirchenvertreter zeigten sich zuversichtlich, daß die VI. Vollversammlung des Lateinamerikanischen Kirchenrats trotz aller
Störungsversuche wie geplant und "mit großer Heiterkeit im kommenden Februar in Havanna stattfinden und die Beziehungen zwischen den Christen
in Kuba, Lateinamerika und der Karibik vertiefen wird".
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 29.11.2012