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Wütende Contras
Kubas Konterrevolutionäre und US-Rechte wettern gegen EU-Außenminister
Der am Montag von den Außenministern der Europäischen Union gefaßte Beschluß zur Normalisierung der Beziehungen mit Kuba hat unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Während gemäßigte Politiker in den USA und Europa die Entscheidung begrüßten, attackierten »Dissidenten« in Kuba und Vertreter von extrem rechten exilkubanischen Gruppen in Miami die Europäer als »Verräter«.
Die EU-Vertreter haben ihre gemeinsame Chefdiplomatin Catherine Ashton beauftragt, mit der Karibikinsel ein bilaterales Abkommen auszuhandeln, das perspektivisch den im Dezember 1996 gegen Kuba beschlossenen »Gemeinsamen Standpunktes« ablösen soll. Mit diesem Dokument, das in Anspielung auf den von den USA seit 50 Jahren gegen Kuba geführten Wirtschaftskrieg auch »europäische Blockade« genannt wurde, sollte mit ökonomischem und politischem Druck Einfluß auf die kubanische Innenpolitik genommen und zu einem Systemwechsel beigetragen werden. Obwohl der Beschluß vom Montag noch nicht die völlige Aufgabe des »Gemeinsamen Standpunktes« vorsieht, ist er ein wichtiger Schritt zu dessen Abschaffung.
Grundsätzlich positiv bewertet diesen der in Washington lebende kubanischstämmige Geschäftsmann Carlos Saladrigas, der mit seiner katholisch orientierten Kuba-Studien-Gruppe als eher gemäßigter Kritiker der sozialistischen Insel gilt. »Wir sind immer für diplomatische Aktivitäten statt wirtschaftlicher und politischer Drohungen eingetreten«, so Saladrigas. Das Sprachrohr der radikalen Anti-Castro-Gruppen in Miami, die republikanische Kongreßabgeordnete Ileana Ros-Lethinen, die unter anderem enge Kontakte zu Terroristen wie Luis Posada Carriles pflegt, bezeichnete die Entscheidung der EU-Außenminister dagegen als »grausam«. Statt zu verhandeln müßten »Nationen mit Verantwortungsgefühl angesichts der Menschenrechtsverletzungen den Druck auf die Diktatur erhöhen«. Noch heftiger äußerte sich Mauricio Claver-Carone, Chef des »Komitees für politische Aktion USA-Kuba« (PAC), der größten militanten antikubanischen Organisation in den USA. Die Position der EU sei »moralisch abstoßend«. Es sei eine Schande, wird der Anwalt von der in Miami erscheinenden Tageszeitung El Nuevo Herald zitiert, »daß die EU die Forderungen der kubanischen Führer des Kampfes für die Demokratie« ignoriere.
Einer dieser »kubanischen Führer«, der durch verschiedene Hungerstreiks bekanntgewordene und dafür im Jahr 2010 vom Europäischen Parlament mit dem Sacharow-Preis und 50000 Euro prämierte Systemgegner Guillermo Fariñas, ging mit seinen Sponsoren ebenfalls hart ins Gericht. Er kritisierte die EU-Entscheidung laut Nuevo Herald als »Verrat an den Bürgern und an der kubanischen Opposition«. Die Mehrheit der kubanischen Regierungsgegner sei nicht damit einverstanden, weil dadurch »der castristischen Tyrannei mehr Zeit und Spielraum eingeräumt« werde.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 22.11.2012