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Kuba hofft erneut auf Obama
Kenia Serrano: Es gibt einen Spielraum, den man nutzen sollte.
Kenia Serrano Puig ist Abgeordnete der Nationalversammlung Kubas und Präsidentin des Kubanischen Institutes für Völkerfreundschaft . Für »nd« sprach mit ihr in Berlin Harald Neuber.
nd: Frau Serrano, US-Präsident Barack Obama wird bis 2016 regieren. Welche Auswirkungen hat seine Wiederwahl auf die Beziehungen Kuba - USA ?
Puig: In Kuba werden wir weiter aufmerksam verfolgen, ob Obama seine Versprechen des ersten Wahlkampfes einlöst. Damals hatte er ja angekündigt, die US-Politik gegenüber Kuba zu ändern und eine neue Beziehung zwischen unseren beiden Ländern zu etablieren. Natürlich hoffen wir, dass er diese Ankündigung nun in seiner zweiten Amtszeit einlöst.
Eine recht optimistische Haltung.
Natürlich legen wir nicht alle unsere Hoffnungen in einen solchen Politikwechsel. Es ist doch klar, dass der US-Präsident in einigen Fragen von äußeren Faktoren eingeschränkt wird. Die wahre Macht in den USA ist und bleibt das Establishment, sie liegt in den wirtschaftlichen Interessen und im militärisch-industriellen Komplex. Aber in diesem Rahmen gibt es einen gewissen Spielraum, den Obama - so unsere Hoffnung - nutzen wird.
Dabei hat Lateinamerika in der US-Geopolitik an Bedeutung verloren. Haben die USA vor der fortschreitenden politischen und wirtschaftlichen Integration der lateinamerikanischen und karibischen Staaten resigniert?
Obama unterscheidet sich in seiner politischen Laufbahn doch erheblich von vergangenen Präsidenten, und vielleicht hat er deswegen einen anderen Blick auf das Geschehen. Er sieht, dass Lateinamerika nicht mehr der Hinterhof der USA ist.
Die USA haben gemerkt, dass es unabhängig von der politischen Ausrichtung der jeweiligen Regierungen einen Trend zur Kooperation gibt. Deswegen wäre eine neue Beziehung der USA zu Kuba und Lateinamerika jetzt angebracht.
Und wie hat sich diese Integration in den vergangenen Tagen nach dem Hurrikan »Sandy« in Kuba gezeigt?
Zunächst hat sich gezeigt, dass diese neue Art der Kooperation auf echten Werten wie der Solidarität zwischen den Staaten der Region besteht. Es ist unmittelbar nach dem Sturm Hilfe aus den Staaten des ALBA-Bündnisses eingetroffen, aber auch aus Russland. In gewisser Weise war es eine erwiderte Solidarität, denn Kuba hat in den vergangenen Jahren viele Staaten nach ähnlichen Naturkatastrophen unterstützt.
In Haiti sind westliche Staaten, aber auch Mitgliedsländer des ALBA-Bündnisses, der Bolivarianischen Alternative, präsent. Inwieweit stehen diese Akteure auch für unterschiedliche Entwicklungskonzepte?
Sehen Sie, Haiti ist das ärmste Land unserer Region und auch das Land mit der schlechtesten Infrastruktur. Vor allem aber hat Haiti eine Art von Entwicklungshilfe erhalten, die es in Abhängigkeit von bestimmten internationalen Akteuren gehalten hat. Das zeigt sich auch in der Präsenz der UN-Militärmission MINUSTAH.
Viele meiner Parlamentskollegen aus Haiti, aber auch soziale Bewegungen und progressive Kräfte üben an dieser Militarisierung und der mehrfachen Verlängerung der MINUSTAH-Mission scharfe Kritik. Denn all diese Interventionen haben auf der einen Seite viele Probleme für das Land geschaffen. Auf der anderen Seite verhindert die tatsächlich oder vermeintlich gutgemeinte Hilfe, dass das Land eigene, nachhaltige Strukturen in Landwirtschaft und Infrastruktur aufbauen kann.
Man muss dabei auch immer im Hinterkopf behalten, wie die Vereinigten Staaten Naturkatastrophen wie Hurrikane oder das große Erdbeben von einigen Jahren in Haiti genutzt haben, um unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe militärisch zu intervenieren. Ziel war hier, Haiti vom Prozess der lateinamerikanischen Integration zu lösen.
Am Wochenende fand in Berlin ein europaweiter Kongress der Kuba-Solidaritätsgruppen statt. Welche Rolle spielt diese Bewegung für Ihr Land?
Die internationale Solidarität hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Kuba nicht alleine steht. Trotz der politischen Umbrüche im Osten Europas Anfang der Neunziger Jahre konnte Kuba den Sozialismus in einem souveränen Prozess aufrechterhalten. Wichtig scheint mir auch, dass die Anzahl der Kuba-Solidaritätsgruppen zugenommen hat. Heute gibt es in Europa rund 800 dieser Gruppen. Dahinter stehen Menschen, die in Kuba nicht nur ein Beispiel der Würde sehen, sondern die Kuba vor allem als alternatives Modell für Entwicklungsländer verteidigen.
Neues Deutschland, 13.11.2012