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Kommunalwahlen in Kuba

8,5 Millionen Menschen stimmen am Wochenende über 32000 Kandidaten ab

Auf Kuba sind am Sonntag 8,5 Millionen Bürger zu den alle zweieinhalb Jahre stattfindenden Kommunalwahlen aufgerufen. Für rund 15000 Mandate in 168 Kommunalparlamenten (Asambleas Municipales) bewerben sich über 32000 Kandidaten. Um gewählt zu werden, sind mindestens 50 Prozent der abgegebenen Stimmen erforderlich. In Wahlbezirken, in denen kein Kandidat diese Hürde schafft, findet am 28. Oktober eine Stichwahl statt. Wahlberechtigt und wählbar sind alle Kubaner ab 16 Jahren. In diesem Jahr können sich rund 200000 Jungwähler zum ersten Mal an den Abstimmungen beteiligen.

In einem umfangreichen Diskussionsprozeß, der vom 3. bis zum 29. September landesweit in 50963 Versammlungen der Wahlbezirke stattfand, haben sich die Kandidaten präsentiert und den Fragen aus der Bevölkerung gestellt. Anders als hierzulande in Medien berichtet, gehören viele Kandidaten weder der Kommunistischen Partei Kubas (PCC) noch irgendeiner anderen Organisation an. In jedem Wahlbezirk müssen zwischen zwei und acht Bewerber antreten. Nirgendwo darf es nur einen Kandidaten geben. Die Wahlen sind frei und geheim. Während früher offen per Handaufheben abgestimmt wurde, stehen heute Kabinen und Urnen zur Verfügung, die von Schülern und Studenten symbolisch bewacht werden. Eine Wahlpflicht gibt es in Kuba nicht, obwohl dies immer wieder von Gegnern des kubanischen Systems behauptet wird.

Wer gewählt wird, behält seine Arbeitsstelle und leistet die politische Tätigkeit ehrenamtlich in der Freizeit. Nur wenige Kommunalpolitiker werden freigestellt. Sie erhalten dann weiterhin ihr übliches Arbeitsentgelt. Die Nachbarschaftsversammlungen in den Bezirken vor den Wahlen dienen nicht der Selbstdarstellung der Kandidaten, sondern sind ein Forum für die Bürger, in dem sie Probleme im Stadtteil ansprechen, ihre Erwartungen äußern und konkrete Anforderungen an die Bewerber stellen. Nach der Abstimmung müssen sich die Delegierten im Alltag vor Ort bewähren. Sie kümmern sich um Probleme im Wahlbezirk wie zum Beispiel Ausbesserung von Straßen, Verbesserung von Beleuchtung, Zebrastreifen für Schulkinder, Renovierungen von Kindergärten und Schulen, Wasser- und Stromleitungen. Gemessen werden sie an ihrem tatsächlichen Engagement und nicht an den Versprechen in der Wahlversammlung. Anders als in kapitalistischen politischen Systemen können die kommunalen Mandatsträger jederzeit von einer Mehrheit der Wahlberechtigten in ihrem Wahlkreis wieder abgewählt werden.

Die im Westen üblichen, Millionen verschlingenden Medienwahlkämpfe, in denen von der Wirtschaft und Interessenverbänden gesponserte Parteien Programme präsentieren, die für die Politiker nach der Wahl nicht mehr verbindlich und für deren Wähler nicht mehr einklagbar sind, sind in Kuba unbekannt.

Die Wahlen am Sonntag sind der Auftakt für die Wahlperiode 2012/2013, die mit den alle fünf Jahre stattfindenden Wahlen zu den Provinzparlamenten (Asamblea Provincial) und der Nationalversammlung (Asamblea Nacional) fortgesetzt wird. Von den Kommunalparlamenten wird die Hälfte der Kandidaten für die beiden höheren Ebenen vorgeschlagen, die anderen 50 Prozent kommen aus sozialen Organisationen wie Gewerkschaften oder dem Frauenverband. Auch die Delegierten dieser Ebenen werden direkt von den Bürgern bestimmt. Die Wahltermine für die Provinzparlamente und die Nationalversammlung sollen demnächst veröffentlicht werden.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
junge Welt, 20.10.2012