Nachrichten aus und über Kuba
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Traurige Nachricht für die Cuban Five
René Gonzalez verlor seinen Bruder und Anwalt Roberto
Am 22. Juni ist Roberto Gonzalez nach langer schwerer Krankheit in Havanna gestorben. Er war der einzige Bruder und einer der Anwälte von René Gonzalez, der zum Quintett der als Cuban Five bekanntgewordenen kubanischen Aufklärer gehört, die in den USA zu drakonischen Strafen verurteilt wurden und für deren Befreiung seitdem eine weltweite Solidaritätsbewegung in dem Kampf zieht. Beide Brüder – René und Roberto – wurden in den USA geboren und übersiedelten schon als Kinder mit den Eltern nach Kuba, wo Fidel Castros bärtige Revolutionäre kurz zuvor ihren Einzug in Havanna hatten feiern können.
Etliche Jahre später "flüchtete" der Kommunist René Gonzalez mit einem Kleinflugzeug auf spektakuläre Weise aus Kuba nach Miami. Wie seinen vier Genossen gelang es ihm, in das hermetisch abgeschirmte Netzwerk der von dort aus operierenden antikubanischen Terroristen einzudringen. Fortan galt er als verschollen. Aus Sicherheitsgründen durften nicht einmal Renés nächste angehörige etwas über die Hintergründe seines plötzlichen Verschwindens oder seinen Aufenthaltsort erfahren.
Nachdem die Cuban Five genügend Informationen zum Gegenstand ihrer Beobachtungen gesammelt und an die zentrale weitergegeben hatten, übermittelte Havanna die Quintessenz des in Erfahrung Gebrachten an die US-Bundesuntersuchungsbehörde FBI, damit diese entsprechende Maßnahmen zur Vereitelung von den Exilkubanern geplanter Anschläge ergreifen konnte. Während des "Bureau" in dieser Hinsicht nichts unternahm, ging es statt dessen gegen jene vor, welche die Gewalttaten hatten verhindern wollen. Am 12. September 1998 wurden die Cuban Five in Florida festgenommen und später im Schauprozess von Miami zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt viermal lebenslänglich verurteilt, zu denen noch weitere 77 Jahre hinzukommen.
Eine hochqualifizierte und engagierte Equipe amerikanischer und kubanischer Rechtsanwälte, zu der auch Renés Bruder Roberto gehörte, übernahm die Verteidigung und dann die weitere juristische Betreuung der Gefangenen – vor allem auch in den nachfolgenden Revisionsverfahren. Die renommierte National Lawyers Guild – der älteste und mitgliederstärkste Juristenbund der Vereinigten Staaten – bescheinigte den Verteidigern der Cuban Five eine exzellente professionelle Arbeit geleistet zu haben.
Während sich seine vier Mitkämpfer noch immer in verschiedenen Hochsicherheitsgefängnissen befinden, wurde René Gonzalez am 7. Oktober 2011 nach Verbüßung einer langen und ungerechtfertigten Strafe unter der Bedingung auf "freien Fuß" gesetzt, die USA in den nächsten drei Jahren nicht verlassen zu dürfen. Sein Zwangsaufenthalt in Miami aber birgt – angesichts des dort versammelten antikommunistischen Droh- und Terrorpotentials – trotz staatlicher Abschirmung ein hohes Risiko für Leib und Leben.
Im Februar 2012 erfuhr René, daß das Krebsleiden seines Bruders und Anwalts Roberto dramatisch fortgeschritten sei, so daß jederzeit mit dessen Ableben gerechnet werden müsse. In Übereinstimmung mit den Vereinigten Staaten geltenden gesetzlichen Regeln für unter Auflagen Freigelassene stellte René den Antrag, ihm einen Besuch des dem Tode Geweihten zu gestatten. Erst am 30. März entsprach der Richter seinem Ersuchen und bewilligte ihm einen 14tägigen Aufenthalt in Kuba. René, der sich strikt an die ihm auferlegten Bedingungen hielt und öffentliche Auftritte in seinem Heimatland vermied, bat die Kubaner in einem von der "Granma" nach seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten veröffentlichten Brief um ihr Verständnis und ließ sie wissen, was ihn – nicht zuletzt mit Blick auf seine weiterhin gefangengehaltenen Genossen – zu diesem enormen Maß an Selbstdisziplin und Verzicht bewogen hatte.
Bei dem zweiwöchigen Aufenthalt in der Heimat, die ihn wie die anderen vier Mitglieder des Quintetts bereits vor Jahren als "Held Kubas" dekoriert hatte, konnte René zum ersten Mal seit 13 Jahren seine Frau Olguita und die ganze Familie wiedersehen, vor allem aber von dem geliebten Bruder Abschied nahmen. Dessen Tod ist – besonders für die betagten Eltern, die überdies ihren zweiten Sohn nach der langen Haftzeit weiterhin in einer äußerst prekären Lebenssituation wissen – ein besonders schwerer Schlag.
Der Kampf für Freiheit und Recht der Cuban Five geht weiter und muß fortan noch mehr verstärkt werden. Olguita Gonzalez wird dazu am 22. September als Ehrengast der ManiFiesta – des bereits zu einer guten Tradition gewordenen Volks- und Pressefest der Partei der Arbeit Belgiens und ihrer mit jeder neuen Ausgabe eindrucksvolle Beweise internationalistischer Solidarität liefernden Zeitung "Solidaire" - alle fortschrittlichen Kräfte der Welt aufrufen.
Rotfuchs, September 2012
gestützt auf einen Beitrag von Katrien Demuynck in "Solidaire"