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Reaktionäre auf Reisen
Kuba: Autounfall macht Einmischung der europäischen Rechten deutlich.
Am vergangenen Sonntag kamen in der ostkubanischen Provinzstadt Bayamo bei einem Autounfall zwei Menschen ums Leben, zwei weitere wurden verletzt. Zur weltweiten Meldung wurde dieses Unglück jedoch, weil die beiden getöteten Insassen des Fahrzeugs die »Dissidenten« Oswaldo Payá und Harold Cepero waren. Ein Teil der vom Ausland finanzierten »Opposition« auf Kuba und ultrarechte Exilgruppen in Miami versuchten sofort, den Vorfall propagandistisch zu nutzen und verbreiteten Falschmeldungen über einen angeblichen Mordanschlag. Tatsächlich ist der Unfallhergang jedoch weitgehend klar.
Cepero und Payá wurden in dem Mietwagen von zwei europäischen Politikern kutschiert, dem 27jährigen Schweden Jens Aron Modig und dem gleichaltrigen Spanier ángel Carromero Barrios, der das Fahrzeug lenkte. In den letzten Tagen vor dem Unfall hatte Carromero per Twitter wiederholt euphorisch von Fiestas geschwärmt: »Alles ist genial. Schwitzen, Lachen, Gloria Estefan, die diesen Leuten so viel bedeutet und ein Schwede, der Sevillana tanzt. Das ist zu viel für mich … Ha ha ha ha, olé!«
Am 22. Juli um 13.50 Uhr endete dann die Sause der beiden Europäer mit ihren kubanischen Amigos. Todesfahrer Carromero »übersah ein Verkehrszeichen zur Geschwindigkeitsbegrenzung, verlor die Kontrolle und raste einen Abhang hinunter«, berichtete am Dienstag die Internetausgabe der spanischen Tageszeitung El Mundo.
Die überlebenden Europäer gehören zum rechten Spektrum konservativer Parteien. Jens Aron Modig leitet die Jugendorganisation der schwedischen Christdemokraten und vertritt dort Positionen, die denen der rechtspopulistischen US- amerikanischen Tea- Party- Bewegung gleichen. ángel Carromero Barrios ist Vizepräsident der Jugendorganisation der Spanien regierenden Volkspartei (PP) in Madrid. Während die Christdemokraten mit 19 von 349 Abgeordneten im Schwedischen Reichstag keine größere Rolle spielen, ist der Jungrechte aus der spanischen Hauptstadt schon ein politisches Schwergewicht.
Beide Nachwuchskader hatten die kubanischen Behörden über den Zweck ihres Aufenthaltes getäuscht und waren als »Touristen« eingereist. Das ist nicht nur in Kuba ein Delikt. In den USA und Europa werden als Touristen getarnte Agenten, die illegal einreisen, um verfassungsfeindliche Gruppen zu unterstützen, hart sanktioniert. Wenn dies auch noch von der Regierungspartei eines europäischen Landes unterstützt wird, wird aus dem individuellen Delikt ein politischer Skandal. Die Brisanz offenbar ahnend, spielen bürgerliche Medien hierzulande die beiden Politagenten mittlerweile als harmlose »politische Aktivisten« herunter. Zumindest der PP- Vertreter ist jedoch alles andere als das.
Carromero pflegt seit Jahren enge Kontakte zum früheren spanischen Ministerpräsidenten und Ex- PP- Vorsitzenden José Maria Aznar. Dieser fanatische Kubahasser leitet heute die »Fundación para el Análisis y los Estudios Sociales« (Stiftung für Analyse und soziale Studien, FAES), einen rechten Thinktank der PP, der weltweit konterrevolutionäre und faschistische Bewegungen mit Geld, Personal, Sachmitteln und Schulungen fördert. Außer mit Aznar arbeitet Carromero auch mit Esperanza Aguirre zusammen. Die ultrakonservative Gemeindepräsidentin der »Comunidad de Madrid« trat in der Hauptstadt auf antikubanischen Veranstaltungen Seite an Seite mit dem berüchtigten CIA- Agenten und in Kuba als Terrorist gesuchten Carlos Alberto Montaner sowie mit spanischen und europäischen Neofaschisten auf. Auf der Homepage der PPJugendorganisation »Nuevas Generaciones« ist Carromero darüber hinaus gemeinsam mit dem derzeitigen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy zu sehen.
Bei solchen Förderern ist kaum anzunehmen, daß der aufstrebende Jungpolitiker sein kubanisches Abenteuer, bei dem zwei Bürger der Insel getötet wurden, als unbedarfter »politischer Aktivist« geplant und durchgeführt hat. Auszugehen ist dagegen davon, daß die europäischen Konzernmedien solche Hintergründe auch weiterhin verschweigen werden.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
junge Welt, 27.07.2012