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Nachrichten aus und über Kuba

Nachrichten, Berichte, Reportagen zu aktuellen Entwicklungen, Hintergründen und Ereignissen in Kuba, internationale Beziehungen und der Solidarität mit Kuba.


Nicht oberflächlich

Kooperation mit Havanna. Die Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle zeigt Arbeiten kubanischer und angehender Plakatgestalter aus sechs Ländern

Vom Kleinen Trompeter konnte im deutschen Osten früher jeder ein Lied singen. Der Ort, an dem der Hornist Fritz Weineck am »Blutfreitag« im März 1925 nach einem Polizeiüberfall sein »Rotgardistenblut« vergoß, wird heute von der Hallenser Kunsthochschule für Lehrveranstaltungen und Ausstellungen genutzt. Der Verein Volkspark Halle besitzt mittlerweile den 1907 eingeweihten Arbeiterpalast, welcher unter den Volks- und Gewerkschaftshäusern in Deutschland nach Größe und Bedeutung herausragte. Die politischen Kämpfe im Mitteldeutschland der Weimarer Republik hatten hier ein Kraftzentrum, revolutionäre Arbeitersportler stählten sich an Barren und Ringen.

Das Jugendstilgebäude mit angejahrtem Charme wird gerade Abschnitt für Abschnitt saniert. Im Großen Saal schwingen bis auf weiteres Handwerker ihre Werkzeuge. An den schlichten Holzbänken im Biergarten lassen tagsüber Studierende die Beine baumeln. Poster weisen leuchtend gelb den Weg zum Kleinen Saal. »Kubaner in Halle« heißt das Motto einer Plakatschau, die Arbeiten von kubanischen Profis mit solchen von Lernenden zusammenführt.

Die Kubaner, das sind vor allem zwei: Pepe Menéndez und Nelson Ponce von der Casa de las Américas, dem renommierten Kulturinstitut in Havanna. An die Saale mitgebracht haben sie Werke von kubanischen Plakatgestaltern, eine Sammlung, die bis 1965 zurückreicht. Neben etlichen Druckwerken zum Filmschaffen ihres Landes setzen solche, die an politische Ereignisse in der Vergangenheit erinnern – den Freiheitskampf Vietnams etwa oder die internationale Solidarität mit Angela Davis – Akzente. Heute wirkt das sentimental-bewegend. Und doch bleibt das Künstlerische im Vordergrund. Auf aktuelle Propagandakunst wurde verzichtet. Gracias. Die junge Künstlergeneration in Kuba sei eher auf die kulturelle Sphäre orientiert, sagt Menéndez. Und Produktdesign finde angesichts kaum vorhandener Produktion fast nicht statt. »Das, was wir tun, hat dennoch auch immer einen politischen Hintergrund. Durch die kulturelle Kommunikation, durch die Bilder, die wir wählen, wird viel über die Geschichte, über den gesellschaftlichen Wandel, bestehende Tabus und die widerspruchsvolle soziale Wirklichkeit vermittelt.«

Neben den kubanischen Klassikern hängen die Ergebnisse eines Workshops, den die beiden mit Studierenden aus sechs Ländern – darunter aus China, Israel und Italien – im Rahmen eines Seminars der Professorin Anna Berkenbusch zum Thema »Lüge« absolvierten. »Kommunikationsdesign kann sehr oberflächlich sein, muß es aber nicht«, bringt Berkenbusch das auf den Punkt, was die Plakate der jungen Gestalter auszeichnet. Verschiedene kulturelle Sichten und Codes spielen hier mit hinein. Aufgeblasene Backen entlarven den Lügner im Reich der Mitte, in Italien ist Berlusconi dessen Synomym. Zwischenmenschliches, das Rauchen, Facebook, Obama ebenso wie das Ungeheuer von Loch Ness sind auf guten Siebdrucken mit Hintersinn und Witz thematisiert.

Internationalität zeichnet die Burg Giebichenstein Kunsthochschule als Lehrstätte aus, sie wurde einst von Bauhäuslern geprägt, die von Weimar nach Dessau verscheucht worden waren. Das Engagement in Kuba reicht in die DDR-Zeit und damit bereits volle dreißig Jahre zurück. Kubaner in Halle – das war damals keine vereinzelte Erfahrung. Umso erfreulicher, daß es zu keinem Traditionsbruch kam, mit der Designhochschule ISDi und der Kunstakademie Havanna, ISA, gibt es vertraglich eine Kooperation. Mit Anna Berkenbusch reiste erst im April auch der Kanzler der Hochschule, Wolfgang Stockert, nach Havanna, um die Bande fester zu knüpfen. Axel Möller-Scholl, der Rektor der Kunsthochschule, sagt: »Partnerschaft auf Augenhöhe und wechselseitiges Lernen sind ein roter Faden für alle unsere Partnerschaften, natürlich auch mit Kuba.«

»Kubaner in Halle«: bis 27. Mai 2012, Kleiner Saal im Volkspark Halle, Mo-Fr 14 bis 19 Uhr, Sonn- und Feiertage 11 bis 16 Uhr. Der Eintritt ist frei

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Peter Steiniger
junge Welt, 12.05.2012