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»Das Vorgehen widerspricht der EU-Verordnung«

Ebay und PayPal boykottieren kubanische Waren. Verlust von Kunden wird dabei in Kauf genommen. Ein Gespräch mit Edmund Rowan

Edmund Rowan ist Experte für Wirtschaftsrecht und unter anderem für die Kanzlei Streifler & Kollegen in Berlin tätig


Weder die EU noch Deutschland haben Handelsbeschränkungen mit Kuba. Ist das vom Internetauktionshaus Ebay und seiner Tochtergesellschaft PayPal durchgesetzte Verbot, hierzulande mit kubanischen Waren zu handeln, zulässig?

Man muß zwischen der rechtlichen Situation in Deutschland und in den USA unterscheiden. Nach amerikanischem Recht haften Ebay und PayPal auch für »kriminelle Aktivitäten« ihrer Tochtergesellschaften im Ausland. Ebay und Paypal können deswegen in den USA rechtlich belangt werden, wenn ihre europäischen Tochtergesellschaften wissentlich die Einschränkungen des Handelsembargos umgehen, das die USA seit 1962 gegen Kuba verhängt haben, oder wenn sie Beihilfe zur Umgehung dieses Embargos leisten. Nach deutschem Recht stellt sich aber die Frage, ob diese ausländische Verbotsnorm eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt.

Es gibt eine EU-Verordnung von 1996, welche die Umsetzung des US-Embargos gegen Kuba innerhalb der EU untersagt. Ist das Vorgehen von Ebay überhaupt rechtskonform?

Die deutschen Gerichte werden vermutlich sagen: nein. Die amerikanischen Gerichte werden Ja sagen. Das Vorgehen widerspricht der EU-Verordnung, wenn der Grund der Sperrungen nachweislich die Durchsetzung des US-amerikanischen Embargos gegen Kuba war. Allerdings braucht es wohl für eine ordentliche fristgemäße Kündigung im Normalfall keine Begründung. Eine Ausnahme bestünde nur dann, wenn wir von einer Monopolstellung ausgehen könnten.

Welchem nationalen Recht unterliegt eine europäische Tochtergesellschaft von Ebay?

Derartige Fragen werden von den Gerichten unterschiedlich beantwortet. Zunächst müßte geklärt werden, welches Gericht für einen Rechtsstreit zuständig wäre. Bei der Entscheidung spielen unter anderem Staatsangehörigkeit des Verkäufers, gewöhnlicher Aufenthalt, Wohnsitz, Ort des Vertragsabschlusses, Beurkundungs- und Erfüllungsort eine Rolle. Außerdem sind für die beteiligten Parteien zum Teil Wahlmöglichkeiten zugelassen. Wenn wir also einen deutschen Verkäufer haben, der mit der deutschen Tochter von E-Bay einen Vertrag hat und diesen gekündigt bekommt, dann würde ich versuchen, eine Klage vor einem Gericht in Deutschland anhängig zu machen und deutsches Recht zur Anwendung zu bringen.

Inwieweit ist Ebay überhaupt dafür verantwortlich, womit die Nutzer des Portals handeln?

Sobald Ebay von einer Zuwiderhandlung Kenntnis hat, riskiert es, in den USA zur Verantwortung gezogen zu werden.

Darf sich Ebay grundsätzlich aussuchen, wer auf der Plattform handelt und Händler auch ohne Begründung löschen?

Wenn das Unternehmen keine Monopolstellung hat, besteht der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Wird eine ordentliche fristgerechte Kündigung ausgesprochen, besteht in diesem Fall keine Begründungspflicht. Spricht das Unternehmen eine fristlose Kündigung aus, dann braucht es dafür eine Rechtfertigung, andernfalls macht es sich schadensersatzpflichtig. Der ersatzfähige Schaden wird aber überschaubar sein.

Was könnte der Hintergrund dafür sein, daß Ebay gerade jetzt gegen den Handel mit kubanischen Waren in Europa vorgeht?

Das Risiko, das mit einem Kuba-Geschäft verbunden ist, kann man mindern, indem man schon vorab eine Stellungnahme der Verwaltungsstellen der US-Regierung einholt. Hat man eine Stellungnahme in der Hand, kann das Justizministerium anschließend kaum juristisch vorgehen. Die Kosten einer solchen Stellungnahme sind immer geringer, als später einen Verteidiger zu beauftragen. Möglicherweise hat Ebay nun eine solche Stellungnahme eingeholt und beginnt, einen drohenden Schaden zu minimieren. Und der geringere Schadenseinschlag ist wohl der Verlust der Kunden nebst etwaiger kleinerer Schadensersatzklagen.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Interview: Simon Loidl
junge Welt, 15.08.2011