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»Partner der US-Hegemonialpolitik«

Francisco Brown über die Arbeit deutscher Parteistiftungen in Lateinamerika

Francisco Brown Infante war lange Jahre Forschungsleiter am Zentrum für Europäische Studien in Havanna, Kuba. Er arbeitet vor allem zu sozialen Bewegungen und hat sich zudem mit der Arbeit internationaler Akteure in Lateinamerika befasst. Mit ihm sprach für ND Harald Neuber.

ND: Sie haben sich im Rahmen Ihrer Forschung auch mit der Arbeit deutscher Stiftungen in Lateinamerika auseinandergesetzt. Ist das nicht ein Nischenthema?

Brown: Nicht, wenn man das Thema vor dem geschichtlichen Hintergrund sieht. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat der Bundestag die Einrichtung parteinaher Stiftungen beschlossen. Sie bekommen Staatsmittel je nach Größe der Fraktion. Die Parteistiftungen sind Teil der enormen Gruppe dieser Art von Organisationen, deren Zahl sich 2008 auf gut 16 400 belief. Die Eigenart der Parteistiftungen ist ihre ideologische Ausrichtung und der Umstand, dass sie vorzugsweise im globalen Süden arbeiten, vor allem in Afrika und Lateinamerika.

Daraus alleine erklären sich aber nicht die immer wiederkehrenden politischen Konflikte mit Gastländern.

Eine der Hauptaufgaben der deutschen Parteistiftungen ist der Bildungsauftrag, den sie entsprechend ihrer politischen Ausrichtung wahrnehmen. Dafür bauen sie Netzwerke zu sozialen und politischen Organisationen in den Gastländern auf: Gewerkschaften, Parteien, Unternehmerverbände, Kooperativen, Jugendverbände. Weil sie auch mit oppositionellen Kräften arbeiten, greifen sie leicht in die inneren politischen Prozesse ein. Das wird vor allem in Lateinamerika deutlich.

Nennen Sie bitte Beispiele.

Im Mai 2009 hatte die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung in Brüssel eine Konferenz mit dem Titel »Quo vadis, Cuba?« organisiert. Bei diesem Event diskutierten Vertreter der europäischen Rechten mit ihren Gesinnungsgenossen aus Lateinamerika und den USA über die Chancen für einen Systemwechsel in Kuba. In Venezuela hat diese Stiftung Netzwerke der Opposition gegen die Regierung von Präsident Hugo Chávez aufgebaut, indem sie rechtsgerichteten Parteien wie Primero Justicia oder der COPEI beistand. Ziel war dabei offenbar auch, einen gemeinsamen Kandidaten für die zerstrittene Opposition auszumachen. In El Salvador hat die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung vor den letzten Präsidentschaftswahlen versucht, einen Sieg des FMLN-Kandidaten Mauricio Funes zu verhindern. Die Stiftung beauftragte den venezolanischen Politikberater Alfredo Keller, der in einer Studie empfahl, Funes im Wahlkampf massiv und wissentlich zu diffamieren, um seinen Rückhalt zu schmälern.

Bei einer Veranstaltung im Februar in Havanna haben Sie von einer Arbeitsteilung zwischen deutschen Parteistiftungen und US-amerikanischen Regierungsinstitutionen gesprochen. Wie soll diese Arbeitsteilung aussehen?

ie Stiftungen sind ein bedingungsloser Partner der US-Hegemonialpolitik. Gerade die letzten Jahre in Lateinamerika haben gezeigt, dass sich hinter kulturellen Vorhaben und akademischen Austauschprogrammen oft konkrete politische Interessen verbergen. Die Tendenz geht hin zu einer destabilisierenden und für die Regierungen der Gastländer gefährlichen Rolle. Darauf weisen auch aggressive Begriffe im deutschen Koalitionsvertrag hin. Dort ist von der »Schlagkraft der deutschen Entwicklungspolitik« die Rede, von der »Zielgenauigkeit des Mitteleinsatzes« und »Instrumenten unserer Menschenrechtspolitik«.

Sehen Sie Unterschiede zwischen den sechs Stiftungen, die den im Bundestag vertretenen Parteien nahe stehen?

Natürlich ist die politische Ausrichtung ausschlaggebend. Deswegen unterstützen die konservativen Stiftungen systematisch diejenigen Kräfte, die sich gegen den sozialen Wandel in Lateinamerika wenden. Das geht soweit, dass der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung eine wichtige Rolle beim Staatsstreich in Honduras Ende Juni 2009 zukam.

Welche Möglichkeiten haben in dieser Lage die Regierungen Lateinamerikas und anderer Länder des Südens?

Die lateinamerikanischen Staaten müssen sich gegen die ideologischen Spaltungsversuche wehren, die von vermeintlich harmlosen und unabhängigen Nichtregierungsorganisationen betrieben werden. Oft werden unter dem Deckmantel von Konzepten wie »Stärkung der Zivilgesellschaft« oder »politischer Bildung« europäische und US-Interessen durchgesetzt. Den progressiven Staaten Lateinamerikas bleibt sonst nur, die wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Prozesse rascher zu festigen und auszuweiten, als sie von ausländischen Akteuren blockiert werden können.

Neues Deutschland
Neues Deutschland, 19.07.2011