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Nachwuchsprobleme in Kuba
Parteitag wählte neues Zentralkomitee. Planwirtschaft soll bleiben
Fidel Castro gehört dem am Montag neugewählten Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Kubas (PCC) nicht mehr an. »Raúl (Castro) wußte, daß ich gegenwärtig keinerlei Amt in der Partei übernehmen würde. Er war es, der mich immer als Ersten Sekretär und Comandante en Jefe bezeichnete, obwohl ich diese Funktionen bekanntlich abgegeben habe, als ich schwer erkrankt war«, schrieb Fidel in einer am Dienstag in der Tageszeitung Granma veröffentlichten »Reflexion«. Darin begrüßte er auch die von seinem Bruder und Amtsnachfolger zur Eröffnung des am gestrigen Dienstag zu Ende gegangenen Parteitages vorgeschlagene Amtszeitbegrenzung für Partei- und Staatsfunktionen auf maximal zehn Jahre. »Mir gefiel diese Idee«, schrieb Fidel, und weiter: »Ich bin der Überzeugung, daß das Schicksal der Welt heute ohne die von revolutionären Führern mit ihren glänzenden Talenten und ihren Verdiensten begangenen Fehler völlig anders wäre.« Das neue Zentralkomitee konstituierte sich am Dienstag vor Beginn der Abschlußsitzung, um mit Sekretariat und Politbüro die obersten Gremien der Partei zu wählen.
Zuvor hatten die Delegierten das im vergangenen Dezember vorgelegte Papier über die »Grundlinien der Wirtschafts- und Sozialpolitik der Partei und der Revolution« mit umfangreichen Änderungen angenommen. Nur rund ein Drittel der ursprünglich in dem Dokument enthaltenen Punkte seien unverändert übernommen worden, berichtete die Granma. Welche konkreten Abweichungen es jedoch zum Ursprungstext gab, wurde zunächst nicht mitgeteilt. Umstritten war im Vorfeld vor allem die Zukunft des in den 60er Jahren eingeführten Rationierungssystems, der »Libreta«, gewesen. In der nun veröffentlichten Resolution heißt es lediglich, durch die neue Politik solle das »kubanische Wirtschaftsmodell mit dem Ziel aktualisiert werden, die Kontinuität und Unumkehrbarkeit des Sozialismus, die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und die Verbesserung des Lebensstandards der Bevölkerung zu garantieren«. Der frühere Wirtschaftsminister Marino Murillo Jorge, der das Dokument dem Parteitag vorgestellt hatte, unterstrich in seiner Rede, daß sich das kubanische Wirtschaftssystem weiterhin auf »das sozialistische Eigentum des ganzen Volkes über die grundlegenden Produktionsmittel« stützen werde und Kuba auch weiterhin eine Planwirtschaft bleibe, in der allerdings die »Tendenzen des Marktes berücksichtigt« würden.
Gerade die Zusammensetzung der neuen Parteiführung war auch international mit Spannung erwartet worden, nachdem Raúl Castro in seinem Rechenschaftsbericht Nachwuchsprobleme eingeräumt hatte. »Obwohl wir nicht auf verschiedene Versuche verzichtet haben, junge Leute mit wichtigen Ämtern zu betrauen, hat das Leben gezeigt, daß die Auswahl nicht immer angemessen war«, sagte Castro und spielte damit unter anderem auf die Fälle der beiden früheren Außenminister Roberto Robaina und Felipe Pérez Roque an. Beide gehörten während ihrer Amtszeit jeweils zu den jüngsten Außenministern weltweit, wurden jedoch 1999 bzw. 2009 wegen schwerer Verfehlungen im Amt abgelöst. Auch der frühere Vizepräsident Carlos Lage verlor 2009 seinen Posten, nachdem er sich offenbar gemeinsam mit Roque gegenüber ausländischen Geschäftsleuten abfällig über die führenden Repräsentanten seines Landes und das kubanische Gesellschaftssystem geäußert hatte. Castro forderte deshalb in seiner Rede zur Selbstkritik auf, weil es in 50 Jahren nicht gelungen sei, systematisch »Frauen, Schwarze, Mestizen und Jugendliche« für verantwortliche Posten zu fördern. »Dieses Problem nicht gelöst zu haben, ist eine wahre Schande«, so Castro, »der wir uns seit vielen Jahren bewußt sind«. Zugleich müsse durch eine systematische Stärkung der Institutionen sichergestellt werden, »daß diese Politik der Erneuerung der Kader niemals die Kontinuität des Sozialismus in Kuba gefährden« dürfe.
Veröffentlichung |
André Scheer
junge Welt, 20.04.2011