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Keine Pyramiden in Havanna
In Kuba träumen einige »Dissidenten« vom Volksaufstand. Ein Echo finden sie nicht
Der spanischsprachige Kanal des US-Nachrichtensenders CNN eröffnete seine Informationen am Montag mit einer Nichtmeldung. Frustriert stand die Korrespondentin im Park des 13. März, unweit des Revolutionsmuseums im Herzen der kubanischen Hauptstadt, und mußte berichten, daß es nichts zu berichten gab. Dabei war Großes angekündigt worden. Für nicht weniger als einen »Volksaufstand« hatten in den Tagen zuvor einige einheimische und vor allem ausländische Gegner der kubanischen Regierung über den Internetdienst Facebook mobilisiert. Nach arabischem Vorbild sollte die Regierung in Havanna gestürzt werden.
Doch »in Havanna gibt es keine Pyramiden«, kommentierte bereits in den Tagen zuvor ein kubanischer Blogger die virtuelle Kampagne. Tatsächlich fand zumindest die im Internet angekündigte Kundgebung »zwischen 17 und 20 Uhr in der Gegend um das Revolutionsmuseum« nicht statt, wie sich junge Welt vor Ort überzeugen konnte. Lediglich eine leicht erhöhte Polizeipräsenz in der Umgebung deutete darauf hin, daß auch die kubanischen Behörden eine Provokation nicht völlig ausschließen wollten.
Gerüchte sprechen davon, daß einige Gruppen auch für Mittwoch »irgend etwas« im Botschaftsviertel Miramar planen. »Da kommen die üblichen fünf Hansel zusammen«, kommentierte dies eine Einwohnerin von Havanna gegenüber jW. Sie habe für diese Leute nichts übrig. In Mexiko habe sie vor einigen Jahren bettelnde Straßenkinder gesehen: »Das ist es, was meinem Land blüht, wenn diese Leute an die Macht kommen«, so die Behördenangestellte.
Manch westlicher Korrespondent wundert sich trotzdem über das Ausbleiben von Protesten in Kuba. Die wirtschaftliche Lage ist schwierig, und auch in weiten Teilen der Bevölkerung ist Unzufriedenheit zu spüren. So werden derzeit die Preise für einige staatliche Leistungen erhöht und einige Lebensmittel wie Zucker von der Rationierungskarte, der »Libreta«, gestrichen, um durch die gestiegenen Einnahmen gegen Jahresende die Gehälter erhöhen zu können. Viele fragen sich jedoch, wie sie in der Zwischenzeit über die Runden kommen sollen.
Auch im Bildungswesen hat Kuba Schwierigkeiten, sein hohes Niveau zu halten. Während die meisten offenbar auf den Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas (PCC) warten, der im April die Weichen für die weitere wirtschaftliche Entwicklung stellen soll, haben andere die Hoffnung aufgegeben. »Kuba wird wie Haiti enden«, kommentierte beispielsweise eine Studentin gegenüber jW. Die Revolution sei gescheitert, vor allem die »Verlogenheit« störe sie.
Aus dieser Unzufriedenheit können die winzigen Gruppierungen von Regierungsgegnern, die größtenteils am Tropf der US-Interessenvertretung hängen, jedoch ganz offensichtlich nicht profitieren. Sie sind für die Menschen, mit denen wir in Havanna gesprochen haben, ebensowenig ein Bezugspunkt wie etwa die im Ausland als »Bloggerin« hofierte Yoani Sánchez, die den meisten Menschen schlicht unbekannt ist. Und das liegt nicht daran, daß der Internetzugang zu ihrer Seite blockiert wäre. Während etwa die Homepage des US-Propagandasenders »Radio Martí« tatsächlich nicht erreichbar war, erschienen unzählige antikubanische Onlineportale aus Miami problemlos auf dem Monitor.
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André Scheer, Havanna
junge Welt, 23.02.2011