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Ein Terrorist und Lügner

Der frühere CIA-Agent Luis Posada Carriles steht in den USA vor Gericht. Nicht wegen seiner Verbrechen, sondern nur wegen seiner Falschaussagen.

Luis Posada Carriles ist eine Berühmtheit. Am 15. Februar begeht der in Cienfuegos geborene Exagent der Geheimpolizei des 1959 gestürzten kubanischen Diktators Fulgencio Batista seinen 83. Geburtstag. Doch so unbeschwert, wie er in den vergangenen Jahren mit Gesinnungsfreunden in Miami seinen Ehrentag begehen konnte, dürfte er in diesem Jahr nicht feiern. Im texanischen El Paso steht Posada derzeit vor Gericht, weil er nach seiner Festnahme wegen illegaler Einreise in die USA im Jahr 2005 unter Eid falsch ausgesagt haben soll. Nach Ansicht der US-Staatsanwaltschaft hat Posada damals die Unwahrheit darüber gesagt, wie er ins Land gekommen ist. Außerdem stört die Behörden zwar nicht seine Beteiligung an einer Reihe von Bombenanschlägen auf Hotels in der kubanischen Hauptstadt Havanna, bei denen 1997 ein italienischer Tourist getötet wurde. Aber daß er diese bei seinen Aussagen geleugnet hat, legen sie ihm zur Last. Theoretisch drohen ihm für diese Falschaussagen bis zu 60 Jahren Haft.

Absurdes Verfahren

Das gesamte Verfahren ist absurd, denn Posadas Verwicklung in unzählige Terrorakte gegen kubanische Einrichtungen und Repräsentanten ist allgemein bekannt. So hatte ihn die US-Bundespolizei FBI bereits Ende der 70er Jahre gemeinsam mit seinem Komplizen Orlando Bosch als Verantwortlichen für den Bombenanschlag auf ein kubanisches Verkehrsflugzeug ausgemacht, bei dem am 6. Oktober 1976 auf dem Flug von Barbados nach Havanna 73 Menschen ermordet wurden. Zwar wurde Posada wegen dieses Attentats in Caracas verhaftet, doch noch während ihm in Venezuela der Prozeß gemacht wurde, gelang ihm 1985 die Flucht aus dem Gefängnis. Dabei dürften ihm seine alten Kontakte geholfen haben, denn zwischen 1967 und 1974 hatte er als Direktor bei der venezolanischen Geheimpolizei DISIP gearbeitet, die in dieser Zeit Krieg gegen linke Guerillagruppen führte. Zahlreiche Opfer beschuldigen Posada bis heute, sie im Gefängnis gefoltert zu haben. Es wird außerdem vermutet, daß bei der Flucht Posadas aus dem Gefängnis auch der US-Geheimdienst CIA seine Hände im Spiel hatte, in dessen Diensten Posada zumindest zeitweise stand. So geht aus freigegebenen Dokumenten des Dienstes hervor, daß der Terrorist in den 60er Jahren ein monatliches Gehalt in Höhe von 300 US-Dollar aus Langley erhielt. Noch immer halten die USA ihre schützende Hand über Posada, ein 2005 von Venezuela gestelltes Auslieferungsersuchen an Washington wurde bis heute nicht beantwortet.

Doch die zahlreichen Verbrechen Posadas spielen offiziell bei dem derzeit in El Paso stattfindenden Prozeß keine Rolle. In diesem geht es lediglich um mutmaßliche Falschaussagen Posadas gegenüber den US-Behörden. Zum Verhängnis könnte ihm dabei ein Interview im Juli 1998 werden, das er zwei Journalisten der renommierten New York Times gegeben hatte. Darin hatte Posada eingeräumt, daß er selbst die Anschlagsserie auf kubanische Hotels im Jahr zuvor organisiert hatte. Sieben Jahre später jedoch behauptete er nach seiner Festnahme in Miami gegenüber Gina Garrett-Jackson, einer Beamtin des US-Heimatschutzministeriums, er habe niemanden damit beauftragt, die Bomben in Havanna zu legen. Darauf angesprochen verteidigte er sich einige Monate darauf gegenüber einer anderen Beamtin, Susana Bolaños von der Einwanderungsbehörde, daß ihn die Journalisten der New York Times teilweise falsch zitiert hätten. Auf Belaños konkrete Nachfrage, ob er beispielsweise tatsächlich gesagt habe, Havanna brauche eine »explosive Inspiration«, flüchtete er sich jedoch in die Aussage, er könne sich nicht erinnern. Deshalb hat das Gericht entschieden, die Autorin des Interviews, Ann Louise Bardach, vorzuladen und auch die Bandaufzeichnung des Gesprächs abzuhören.

Zeuge der Anklage

Noch gefährlicher könnten Posada aber die Aussagen des wichtigsten Zeugen der Anklage werden. Gilberto Abascal gehörte eigenen Angaben zufolge der Besatzung des Krabbenkutters an, der Posada 2005 von der mexikanischen Karibikinsel Isla Mujeres nach Miami brachte. Dort angekommen habe der Besitzer des Kutters ein kleines Beiboot zu Wasser gelassen, mit dem Posada und eine weitere Person zu einem Restaurant direkt an der Küste fuhren, wo sie erwartet wurden. Der Angeklagte hatte jedoch ausgesagt, auf dem Landweg von Mexiko kommend nach Texas eingereist zu sein. Um die Aussage des Zeugen zu entkräften, versuchte die Verteidigung deshalb, dessen Glaubwürdigkeit zu erschüttern. So habe dieser selbst Falschaussagen gemacht, als es um seine Einbürgerung in die USA ging, und außerdem stehe es um seine geistige Gesundheit nicht zum besten. Einen Antrag der Verteidigung, den Prozeß wegen der »Unglaubwürdigkeit« des Zeugen einzustellen, lehnte Richterin Kathleen Cardone am Dienstag jedoch ab.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

André Scheer
junge Welt, 03.02.2011