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Rekord für das Leben
Die Kindersterblichkeit auf Kuba ist im vergangenen Jahr auf einen historischen Tiefstand gesunken. Mit einer Rate von 4,5 auf 1000 Lebendgeburten, die das kubanische Gesundheitsministerium am Montag bekannt gab, blieb der Wert noch unter der bisherigen Rekordmarke von 2008 und liegt etwa gleichauf mit dem Durchschnitt der EU-Mitgliedsländer. Die USA liegen offiziellen Angaben zufolge bei 6,14, karibische Nachbarländer wie die Dominikanische Republik sogar bei 23,1 im ersten Lebensjahr gestorbenen Babys.
Der kubanische Gesundheitsminister Dr. Roberto Morales Ojeda feierte diesen Erfolg am Montag gegenüber der Tageszeitung Granma: »Dies haben die Arbeiter im Gesundheitswesen mit ihrem Einsatz bei der Arbeit, ihrer technischen Qualifikation, ihrer Liebe zum Volk und ihrer Verbundenheit mit unserer Revolution möglich gemacht.« Am geringsten war die Kindersterblichkeit im vergangenen Jahr demnach in der zentralkubanischen Provinz Villa Clara, wo sie bei 2,5 auf tausend Lebendgeburten lag. In 23 Regierungsbezirken betrug die Sterblichkeitsrate sogar Null. 1969 hatte sie landesweit noch bei 46,7 gelegen.
Mit Blick auf die begonnenen Wirtschaftsreformen in Kuba, die auch den Gesundheitsbereich umfassen, unterstrich der Minister, daß diese den erreichten Stand nicht gefährden dürften, sondern die medizinische Versorgung der Bevölkerung durch »Neuorganisation, Verdichtung und Regionalisierung« weiter verbessern sollten. In einem 32 Seiten umfassenden Diskussionspapier über die künftigen Leitlinien der kubanischen Wirtschafts- und Sozialpolitik, das mit Blick auf den im April stattfindenden Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas derzeit im ganzen Land debattiert wird, wird auch aus Kostengründen ein Schwerpunkt auf den weiteren Ausbau der traditionellen und Naturmedizin gelegt. Durch Prävention und bessere klinische Diagnosen sollen unnötige Behandlungen vermieden und Kosten eingespart werden.
Die der Bevölkerung weitgehend kostenlos zur Verfügung stehende Gesundheitsversorgung ist der ganze Stolz der Kubaner und wurde auch in der schweren Krise verteidigt, die das Land in den 90er Jahren nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Länder in Ost- und Mitteleuropa durchlitt. Trotz des Wegfalls fast aller Handelspartner und der zugleich durch die USA weiter verschärften Handels-, Wirtschafts- und Finanzblockade gelang es damals durch umfangreiche medizinische Programme, die Kindersterblichkeit weiter zu senken.
Zugleich weitete die Insel auch ihre Hilfe für andere Länder der Region aus. »Kuba ist heute trotz seiner Schwierigkeiten das Land, das Haiti am meisten hilft«, unterstrich der haitianische Präsident René Préval am Wochenende gegenüber kubanischen Journalisten in Port-au-Prince. Schon vor dem Erdbeben im vergangenen Januar seien die Kubaner als Ärzte und Lehrer in Haiti aktiv gewesen, und nach der Naturkatastrophe sei dieser Einsatz weiter verstärkt worden. »Das ist die bedeutendste, wirksamste und effizienteste Hilfe, die wir bekommen haben«, so Préval. Einer am Montag von Granma veröffentlichten Statistik zufolge haben kubanische Ärzte in Haiti bis zum 31.Dezember mehr als 50000 Opfern der derzeit grassierenden Choleraepidemie das Leben retten können. Die haitianischen Behörden zählten bis zu diesem Datum 3300 Todesopfer der Seuche.
Veröffentlichung |
André Scheer
junge Welt, 04.01.2011