Offener Brief an die Bundestagsfraktion Bündnis90/Grüne
An die
Abgeordneten Tom Koenigs, Volker Beck (Köln), Ingrid Hönlinger, Marieluise Beck (Bremen), Agnes Brugger, Viola von Cramon-Taubadel, Thilo Hoppe, Uwe Kekeritz, Katja Keul, Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln), Omid Nouripour, Lisa Paus, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sehr geehrte Damen und Herren,
wie aus dem Text Ihrer "Kleinen Anfrage im Bundestag" hervorgeht – ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da der seit 1996 bestehende "gemeinsame Standpunkt der EU" gegenüber Kuba zumindest neu überdacht werden soll – dient leider gerade nicht der Durchsetzung der Menschenrechte im Sinne des Völkerrechts.
Wissen Sie nicht, dass Sie sich schon mit Ihrer Quellenangabe, "der [wohlklingenden] Kubanischen Kommission für Menschenrechte und nationale Versöhnung (CCDHRN) auf einen Propagandaarm der US-Außenpolitik berufen?
Verantwortlich für die US-Außenpolitik ist bspw. Ileana Ros-Lehtinen, die Vorsitzende des US-Ausschusses für Ausländische Angelegenheiten, eine Vertreterin des "Rechtsaußen-Flügels" der Republikaner mit bekannter Nähe zu exilkubanischen Terroristen wie Luis Posada Carriles und dem inzwischen verstorbenen Orlando Bosch Ávila, beide betätigten sich nicht nur in Venezuela als Folterknechte des ehemaligen venezolanischen Geheimdienstes, sondern zeichneten nachweislich auch verantwortlich für den Terroranschlag auf ein kubanisches Zivilflugzeug sowie für Terroranschläge auf touristische Einrichtungen in Kuba.
Wissen Sie wirklich nicht, dass die von ihnen aufgeführten "Dissidenten" aus so genannten US-Demokratisierungsprogrammen aus US-Steuergeldern bezahlt werden – die "Damen in Weiß" erhalten perverserweise pro ausgeführter "Demonstration" 30 US-$ aus der US-Interessenvertretung in Havanna, während die US-Handelsblockade ausdrücklich von Anfang an dazu dienen sollte (wie man heutzutage auch auf Internetseiten des Weißen Hauses leicht nachlesen kann), das kubanische Volk auszuhungern - um die kubanische Regierung von innen heraus zu destabilisieren?
Als Bundestagsabgeordnete sollten sie die deutschen Gesetze kennen und wissen, womit, unter Berufung auf welche Paragraphen, die von einer ausländischen Macht angestiftete Zersetzung unseres Staates geahndet würde.
Der dazu vorliegende Text steht zudem im Widerspruch zu der Haltung die Sie dankenswerterweise im Bundestag zum Fall der "Cuban Five" eingenommen hatten, zu dem Fall, der beweist, wie sehr Kuba unter den Terroranschlägen seitens der Exilkubaner zu leiden hatte, wie sehr Kuba seit Jahrzehnten in Habacht-Stellung vor gewalttätigen Interventionen seines mächtigen Nachbarn sein muss.
Als informierter Bürger dieses Landes kann man sich von der jetzt sichtbar werdenden Ignoranz und Propaganda-Anfälligkeit seiner Abgeordneten, die auf dem "rechten Auge" blind zu sein scheinen, im Bundestag nicht vertreten fühlen.
Steht das Programm der Grünen nicht für die Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts, der Verhinderung der Ausbeutung und Erschöpfung der Ressourcen und der globalen Erwärmung etc.?
Hoffentlich soll das - wenn überhaupt - nicht nur im physiologischen, sondern auch im gesellschaftlichen Sinne gelten, zur Verhinderung der Ausbeutung auf Kosten eines Volkes im Namen des Profits anderer und zur Verwirklichung des globalen Friedens.
In der Hoffnung auf größere Bürgernähe
Mit freundlichen Grüßen
Josie Michel-Brüning, Dipl. Päd. und system. Familientherapeutin i.R.
Und Dirk Brüning, Dipl.Ing. wissenschaftlicher Mitarbeiter für Atmosphärische Chemie des Forschungszentrums Jülich, i.R.
23. November 2012