Lateinamerikanische Staaten widersprechen Washingtons Kuba-Politik.
In der noch bis Montag dauernden Generaldebatte der Vereinten Nationen steht die Brandstifterrede des US-Präsidenten Donald Trump vom Dienstag immer wieder im Zentrum der Kritik. Die Regierungschefs zahlreicher UN-Mitgliedsländer verurteilten die Bedrohungen anderer Staaten und den offenen Aufruf zur Gewalt. Trump hatte neben Nordkorea, dem Iran und Venezuela auch Kuba ins Visier genommen. »Wir werden die Sanktionen gegenüber der kubanischen Regierung nicht aufheben, solange sie keine fundamentalen Reformen durchführt«, erklärte er ausgerechnet in dem Saal, in dem die Mitgliedsländer der Weltorganisation Jahr für Jahr fast einstimmig die Aufhebung der US-Blockade gegen die Insel fordern.
In den vergangenen Tagen meldeten sich dazu vor allem Vertreter aus Lateinamerika zu Wort. »Wenn wir die Kriege und die Blockaden gegenüber Staaten und Völkern fortsetzen, wie zum Beispiel die Blockade gegen unser kubanisches Brudervolk, werden wir niemals eine wirkliche Freiheit und Demokratie erreichen«, kritisierte Ecuadors Präsident Lenín Moreno die seit 55 Jahren anhaltenden Sanktionen.
Mit diesen, so sein Amtskollege David Arthur Granger aus Guyana, werde das Recht Kubas verletzt, sich zu entwickeln. Boliviens Präsident Evo Morales verlangte deshalb nicht nur die Beendigung der Blockade, sondern Entschädigungszahlungen der USA an das kubanische Volk für die durch sie verursachten Schäden. Der Regierungschef El Salvadors, Salvador Sánchez Cerén, forderte Washington auf, die Sanktionen gegen die Insel zu beenden, um »ein neues Kapitel« in den Beziehungen zu Lateinamerika beginnen zu können.
Ähnlich äußerten sich auch Vertreter von Regierungen, die den USA sonst bedingungslos ergeben sind, wie die Präsidenten Luis Guillermo Solís aus Costa Rica und Juan Carlos Varela aus Panama. Varelas Appell zur Beendigung der Blockade ist bemerkenswert. Am Montag war er noch Gast eines exklusiven Abendessens gewesen, das Trump in New York für die vier lateinamerikanischen Regierungsvertreter gegeben hatte. Der US-Präsident wollte die neoliberalen Politiker dabei auf seine Pläne gegen Kuba und Venezuela einstimmen.
Kubas Außenminister Bruno Rodríguez nahm zu Trumps Angriffen noch vor seiner für Freitag (Ortszeit) geplanten Rede auf einem Treffen der Bewegung der Blockfreien Staaten Stellung. Er warnte vor »Gefahren und Problemen«, die von dem »aggressiven Verhalten und dem Unilateralismus der Vereinigten Staaten« ausgingen. Zugleich beklagte Rodríguez die »außerordentlichen und immer weiter ansteigenden Schäden«, die seinem Land durch die US-Sanktionen zugefügt würden.
Bei dieser Äußerung wusste Rodríguez noch nicht, dass niederländische Bank ING-Diba kürzlich die Überweisung einer Spende für die Opfer des Hurrikans »Irma« an die »Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba« verweigert hatte. Dem in Holland lebenden Einzahler teilte seine Bank dazu mit, dass sie keine Transaktionen durchführe, die »einen direkten oder indirekten Bezug zu bestimmten Staaten« hätten. Konkret handle es sich um Kuba, Iran, Nordkorea, Sudan und Syrien.
Bei einem ähnlichen Fall hatte die Zeitschrift Test im vergangenen Jahr recherchiert, dass es für das Verhalten der Bank keine rechtliche Erklärung gab, denn weder Deutschland noch die EU hätten Sanktionen gegen Kuba verhängt. Der Grund, so vermutete die Zeitschrift, sei allein die »Rücksicht auf amerikanische Interessen«. Tatsächlich hatte die ING-Diba sich, nachdem Washington ihr Verstöße gegen die Kuba-Blockade vorgeworfen hatte, im Jahr 2012 mit der US-Regierung auf Zahlung einer Strafe in Höhe von 619 Millionen US-Dollar (damals rund 500 Millionen Euro) geeinigt. Die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba verwies darauf, dass »eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Kuba und der EU nur über die vollständige Beendigung der US-Blockade« zu erreichen sei.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
Junge Welt, 23.09.2017