Dirk Niebel hechelt Fidel Castro hinterher

Zur neuerlichen E 10 – Debatte

Die weltweite Nahrungsmittelknappheit und Teuerungsraten, die neue Hungersnöte produzieren werden, sind nicht nur auf die Dürre in den Getreideanbaugebieten in den USA und absurde Börsenspekulationen zurückzuführen. Kein ernstzunehmender Fachmann zweifelt heute noch daran, dass auch die perverse Produktion von Agrosprit ursächlich mit dieser Entwicklung zu tun hat.
Wenn nun der deutsche »Kolonialminister« Dirk Niebel sich in gewohnt populistischer Manier dieses Themas annimmt und dabei euphemistisch auch noch von »Biosprit« (hierzulande unter dem Namen »E 10« geläufig) redet, der »zu stärkerem Hunger in der Welt beitragen« könne, so unterschlägt er, dass dies schon längst der Fall ist. Auch seine zur Schau getragene »Vorreiterrolle« ist ein gewollte Täuschung des geneigten Publikums.

Die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e.V., Regionalgruppe Essen, weist darauf hin, dass der langjährige cubanische Präsident und Revolutionsführer Fidel Castro, der am 13. August seinen 86. Geburtstag feierte, schon vor Jahren und vehement gegen die Agrosprit-Produktion polemisiert hat.

In seinen Kommentaren von März bis Mai 2007 (!) analysierte er, wie üblich mit zahlreichen, unumstößlichen Fakten abgesichert, bereits damals die Gefährlichkeit dieses Kurses (Auflistung siehe unten) und stellte u.a. fest: »Die Preise dieses Korns (Mais), das Hauptnahrungsmittel zahlreicher Länder dieser Region ist, haben sich fast verdoppelt. Was wird geschehen, wenn hunderte Millionen Tonnen Mais zur Herstellung von Biokraftstoffen verwendet werden? Und ich werde nicht die Mengen an Weizen, Hirse, Hafer, Gerste, Moorhirse und anderen Getreidearten nennen, welche die Industrieländer als Kraftstoffquelle für ihre Motoren verwenden werden.« (30.04.2007)

»Nahrungsmittel werden zu Energieträgern, um Vernunftwidriges einer Zivilisation zu ermöglichen, die zur Wahrung von Vermögen und Vorrechten einiger Weniger die Umwelt und den ökologischen Zustand, denen das Entstehen von Leben auf der Erde zu verdanken ist, brutal attackiert. Das Verwandeln von Nahrungsmitteln in energetisches Material ist monströs.« (09.05.2007)

»Das Privatmonopol auf Energiequellen wird gewährleistet vermittels der in den bilateralen und multilateralen Freihandelsabkommen enthaltenen Klauseln. Die Rolle der peripheren Länder besteht darin, für die reichen zentralen Länder Energie zu produzieren, was eine neue Stufe des Kolonisierens darstellt. Es ist erforderlich, die Propaganda für die angeblichen Vorteile der Agrobrennstoffe zu entmythologisieren. Bei Äthanol ist es so, dass Anbau und Verarbeitung des Zuckerrohrs die Böden und Trinkwasserquellen verseucht, denn es wird eine große Menge Chemikalien benutzt.
Bei der Spiritusherstellung entsteht ein Rückstand, die Schlempe, und zwar in der Größenordnung von 10 bis 13 Litern pro Liter Spiritus. Ein Teil dieses Rückstandes kann als Düngemittel Verwendung finden, doch der größte Anteil verunreinigt Flüsse und Grundwasserquellen. Produziert also Brasilien 17 oder 18 Milliarden Liter Spiritus pro Jahr, so bedeutet das, dass in den Regionen der Zuckerrohrplantagen mindestens 170 Milliarden Liter Schlempe deponiert werden. Man stelle sich die Auswirkungen auf die Umwelt vor. Das Abbrennen des Zuckerrohrs zur Erleichterung der Ernte zerstört einen großen Teil der Mikroorganismen des Bodens, verschmutzt die Luft und verursacht Krankheiten der Atmungsorgane.«
(14.05.2007)

Diese kurzen Zitate weisen bereits darauf hin: Ohne eine neue Form der Beziehungen zwischen den Industrieländern des Nordens mit denen des Südens, ohne eine Beendigung des (Neo-)Kolonialismus, ohne eine Abschaffung des ausschließlich auf Profit orientierten kapitalistischen Systems wird es für die Menschheit keine Zukunft geben.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba, Regionalgruppe Essen
Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e.V., Regionalgruppe Essen
i.A. Heinz-W. Hammer, Vorsitzender
Essen, den 18.08.2012