Wien erlässt Havanna Schulden
Erste Visite eines österreichischen Staatsoberhauptes in Kuba setzt hoffnungsvolle Zeichen.
Nach einem zweitägigen Besuch in Kuba ist Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer am gestrigen Donnerstag nach Kolumbien weitergereist. Bei der ersten offiziellen Visite eines Staatsoberhauptes der Alpenrepublik war der Politiker von einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation begleitet worden. Am Mittwoch unterzeichneten Vertreter beider Länder in Havanna eine Vereinbarung zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit, in der auch die Regulierung von Kubas Schulden gemäß der jüngsten Übereinkunft mit dem »Pariser Club« (einer Organisation von staatlichen und privaten Gläubigern) bestätigt wurde. 14 Mitgliedsländer hatten dem Inselstaat im Dezember 2015 vier Milliarden Dollar (rund 3,65 Milliarden Euro) seiner Auslandsschulden erlassen. Havanna verpflichtete sich im Gegenzug, Ausstände in Höhe von 2,6 Milliarden Dollar (rund 2,37 Milliarden Euro) innerhalb von 18 Jahren zurückzuzahlen.
Fischer unterstrich das Interesse seines Landes am Ausbau der Handelsbeziehungen. Nach einem fast vierstündigen Gespräch mit Präsident Raúl Castro, das laut kubanischen Medien in »herzlicher Atmosphäre« verlief, wies der Besucher darauf hin, dass Kuba sich durch den Verfall der Rohstoffpreise gegenwärtig in keiner leichten Lage befände. Das Land habe aber bereits schwierigere Situationen bewältigt. Er hob hervor, dass Österreich mit der Karibikinsel bereits seit 70 Jahren diplomatische Beziehungen unterhalte und für Kuba ein Land sei, »mit dem man trotz unterschiedlicher Systeme gut zusammenarbeiten kann«.
Am Mittwoch hatte Fischer in Havanna an der Eröffnung seines von österreichischen und kubanischen Unternehmen organisierten Wirtschaftsforum teilgenommen. Vor seiner Weiterreise nach Kolumbien sprach er am Donnerstag vormittag in der Universität von Havanna über Österreichs Rolle in der europäischen Union (EU). Ebenfalls gestern begann in der kubanischen Hauptstadt die siebte Verhandlungsrunde zur Normalisierung der Beziehungen zwischen der EU und Kuba. Ziel der im April 2014 aufgenommenen Gespräche ist eine »Vereinbarung für politischen Dialog und Zusammenarbeit«. Zum Abschluss seiner Reise hatte Fischer sich optimistisch über die Erfolgschancen der bis heute angesetzten Gesprächsrunde geäußert.
Der österreichische Bundespräsident ist in Kuba kein Unbekannter. Fischer, der die Insel bereits 1980 als SPÖ-Klubobmann und Nationalratsabgeordneter im Auftrag des damaligen Kanzlers Bruno Kreisky besuchte, war damals in Havanna auch von Revolutionsführer Fidel Castro empfangen worden.
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Volker Hermsdorf
Junge Welt, 04.03.2016