Hin zur unerlässlichen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Integration Lateinamerikas und der Karibik
Eröffnungsrede von Präsident Raúl Castro Ruz zum 5. Gipfeltreffen CARICOM-Kuba.
Ehrenwerter Gaston Alphonso Brown, Premierminister von Antigua und Barbuda und temporärer CARICOM Vorsitzender,
Ehrenwerte Staats- und Regierungschefs der CARICOM-Mitgliedsländer,
Ihre Exzellenz Irwin Larocque, Generalsekretär der CARICOM,
Ehrenwerter Herr Didacus Jules, Generaldirektor der Organisation der ostkaribischen Staaten
Ehrenwerter Herr Alfonso Múnera Cavadía, Generalsekretär des Verbandes Karibischer Staaten,
ich heiße Sie auf das herzlichste willkommen und wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in unserem Land.
Es ist uns eine Freude, die Führer und Repräsentanten der karibischen Familie zu empfangen. Wir teilen eine gemeinsame koloniale Geschichte, die Sklaverei und die Befreiungskämpfe, die Unabhängigkeit und die Entwicklung, den Schmelztiegel, aus dem heraus sich unsere Kulturen entwickelt haben. Wir stehen auch vor gemeinsamen Aufgaben, die wir nur in engster Einheit und wirksamer Zusammenarbeit bewältigen können.
Das ist Sinn und Zweck dieser alle drei Jahre stattfindenden Gipfel: unsere brüderlichen Bande der Zusammenarbeit, Koordinierung und Solidarität, um auf dem Weg der notwendigen lateinamerikanischen und karibischen Integration voranzuschreiten, von der die Vorkämpfer der Unabhängigkeit geträumt haben und die mehr als 200 Jahre hintangestellt wurde. Heute ist sie für unser Überleben notwendig.
Der erfolgreiche Weg der CARICOM, die Teilnahme all ihrer Mitgliedstaaten und Kubas in der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC) und in dem Verband Karibischer Staaten, sowie auch die Mitgliedschaft einiger von uns in der Bolivarischen Allianz für die Völker Unseres Amerika (ALBA-TCP) und in Petrocaribe haben zur regionalen Integration beigetragen und ihre Konsolidierung muss weiterhin vorangetrieben werden.
Sehr geehrte Staats- und Regierungschefs, sehr geehrte Gäste,
jedes Jahr feiern wir an diesem Tag die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Kuba und den ersten vier unabhängigen Staaten der Karibischen Gemeinschaft.
Wie der Compañero Fidel Castro Ruz auf der Gedenkveranstaltung zum 30. Jahrestag dieses wichtigen Ereignisses sagte: "Wahrscheinlich verstanden die Führer jener Länder, die gleichermaßen als Gründungsväter der Unabhängigkeit ihrer Länder und der karibischen Integration angesehen werden, Errol Barrow aus Barbados, Forbes Burnham aus Guyana, Michael Manley aus Jamaika und Eric Williams aus Trinidad und Tobago, als sie den Beschluss fassten, diplomatische Beziehungten zu Kuba aufzunehmen, dass sie einen Weg für das absteckten, was später die Außenpolitik der Karibischen Gemeinschaft sein würde, die bis auf den heutigen Tag von drei fundamentalen Chrakteristika gekennzeichnet ist: der Unabhängigkeit, der Kühnheit und der konzertierten Aktion." Diese Worte haben bis heute ihre Gültigkeit behalten.
42 Jahre nach diesem mutigen Entschluss können wir uns ausgezeichneter Beziehungen zu allen Ländern der Karibik rühmen; in jeder ihrer Hauptstädte unterhalten wir eine Botschaft. Sie haben auch Ihre Vertretungen in Havanna. Diese wurden am 25. Juni mit der Einweihung der Botschaft von St. Kitts und Nevis vervollständigt, bei der unser geschätzter Freund, der Premierminister Denzil Douglas, anwesend war.
Dies ist der geeignete Moment zu wiederholen, dass wir trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten und der Veränderungen, die wir zur Perfektionierung des ökonomischen und sozialen Modells vornehmen, an unserer Verpflichtung festhalten, unsere bescheidenen Errungenschaften mit den Brüdern in der Karibik zu teilen.
Zur Zeit haben wir 1.806 Mitarbeiter in allen CARICOM-Staaten, davon 1.461 im Gesundheitsbereich. 4.991 Jugendliche aus der Karibik sind bereits graduiert und derzeit studieren 1.055 in Kuba.
Zusätzlich arbeiten wir mit der Karibik auf bilateraler Ebene und im Rahmen von ALBA und CELAC mit Unterstützung der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation (OPS) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bei der Vorbeugung und Bewältigung der Ebola Pandemie zusammen und werden dies weiter tun. Das Expertentreffen, das Ende Oktober in Havanna stattfand, vereinte Fachleute der ganzen Hemisphäre, einschließlich Vertreter noch abhängiger karibischer Territorien. In den letzten Wochen haben 61 Beamte, Ärzte, Fachleute im Gesundheitsbreich und anderen Sektoren aus CARICOM-Ländern eine Schulung in Kuba erhalten. Auch kommt man der Bitte von 9 CARICOM-Staaten nach, die um kubanische Hilfe zur Schulung des medizinischen Personals ihrer Länder nachgesucht hatten.
Als kleine sich in der Entwicklung befindende Inselstaaten stehen wir vor der Herausforderung, inmitten einer von einer globalen Wirtschaftskrise erschütterten Welt mit all ihren Ausirkungen auf den Finanz-, Energie-, Umwelt- und Ernährungssektor und tödlichen Krankheiten und Kriegen zu überleben. Ich wiederhole hier die unveränderliche Position Kubas, unter allen Umständen das Recht der kleinen und verletzlichen Länder auf eine besondere und differenzierte Behandlung beim Zugang zu Handel und Investitionen zu unterstützen.
Die Herausforderungten des 21. Jahrhunderts verpflichten uns dazu, uns zu vereinen, um gemeinsam den Naturkatastrophen, den Auswirkungen des Klimawandels, zu begegnen, uns auf die Entwicklungsagenda post-2015 zu konzentrieren und insbesondere, um kollektiv den Beherrschungsmechanismen, die uns das ungerechte internationale Finanzsystem auferlegt, entgegenzutreten.
Wir vereinen unsere Stimmen mit denen der Gemeinschaft der Karibik, um die sofortige Streichung unserer Länder von der einseitigen Liste zu fordern, die die wirtschaftliche Entwicklung und den Handelsaustausch mit anderen Ländern behindert.
Die Zusammenarbeit, um den Folgen des Klimawandels zu begegnen, verdient besondere Aufmerksamkeit. Das Ansteigen des Meeresspiegels bedroht die Existenz vieler unserer Länder. Die immer häufiger auftretenden Hurrikane, intensive Regenfälle und andere Phänomene verursachen große menschliche und materielle Schäden. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als unserer Anstrengungen zu koordinieren, um uns dieser Realität stellen zu können und die enormen Auswirkungen zu mildern, die dies auf die Wasserressourcen, die Küstenzonen, die Meeresfauna, die biologische Vielfalt, die Landwirtschaft und die menschlichen Ansiedlungen hat. Kuba besitzt Studien zur Gefahr, zur Verletzbarkeit und zum Risiko und wendet das Makroprojekt "Gefährdung und Verletzbarkeit der Küsten 2050-2100" an, das Projekte über den Zustand der Mangroven und Dünen an der Küste und eine Auswertung der Strände, der Küstensiedlungen und der Infrastruktur beinhaltet, Erfahrungen, die wir bereit sind, mit unseren CARICOM-Brüdern zu teilen.
Es liegt viel Arbeit vor uns. Wie angekündigt, werden in der nächsten Dreijahresperiode mit der bescheidenen Hilfe Kubas die Regionale Kunstschule in Jamaika und das Zentrum für die Entwicklung von Kindern, Heranwachsenden und Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf in Guyana ihren Betrieb aufnehmen. Weitere karibische Studenten werden ihre Studien an den Universitäten unseres Landes beginnen können, insbesondere im Medizinbereich. Wir werden auch bei der Vorbereitung von Fachkräften aus CARICOM-Ländern helfen, die sich mit der Verringerung von Risiken bei Naturkatastrophen und der Auseinandersetzung mit diesen sowie der schwierigen Phase des anschließenden Wiederaufbaus befassen.
Wir werden auch unsere solidarische Hilfe in der Ausbildung von Humanressourcen und in der Gesundheitsversorgung fortsetzen. In diesem Sinne ist die Möglichkeit hervorzuheben, die wir Ärzten geben, die in Kuba ihr Studium abgeschlossen haben und in ihren Ländern praktizieren, kostenlos eine zweite Facharztausbildung zu absolvieren.
Bei der Entwicklung des Handels und der Investitionen zwischen unseren Ländern besteht weiterhin Nachholbedarf. Schwierigkeiten mit dem Luft- und Seeverkehr in der Subregion und die Verschlechterung unserer Volkswirtschaften aufgrund der internationalen Krise beeinträchtigen das Vorankommen in diesen Bereichen. Wir müssen innovative, durchführbare und für alle geeignete Lösungen finden. In diesem Zusammenhang begrüßen wir die gemeinsamen Bemühungen zur Aktualisierung und Überarbeitung der Vereinbarung über bilateralen Handel und Zusammenarbeit, die den zollfreien Zugang zu 297 Produkten der CARICOM-Länder und 47 Produkten unseres Landes ermöglichen wird.
Ich nutze diese Gelegenheit, um erneut die gerechte Forderung der CARICOM nach Entschädigung durch die Kolonialmächte für die Schrecken der Sklaverei zu unterstützen, sowie den ebenfalls gerechten Anspruch auf Zusammenarbeit gemäß ihrer tatsächlichen Situation und den Bedürfnissen und nicht auf der Grundlage von Pro-Kopf-Statistiken, die sie schematisch als Länder mit mittlerem Einkommen einstufen und den Fluss notwendiger finanzieller Mittel nicht in Betracht ziehen.
Unumgänglich ist für uns die Verpflichtung, den Wiederaufbau und die Entwicklung der Bruderrepublik Haiti zu unterstützen, Wiege der ersten Unabhängigkeits-Revolution in Lateinamerika und der Karibik, derem heldenhaften und leidenden Volk wir alle Dankbarkeit schulden.
Wie ich bei anderen Gelegenheiten bereits sagte, sind wir Kubaner unseren karibischen Brüdern sehr dankbar für ihre aufrechte Position des Respekts und der Solidarität gegenüber unserem Land.
Niemals werden wir die ständige Unterstützung für die Resolution gegen die Blockade gegen Kuba vergessen sowie die zahlreichen Solidaritätsbekundungen in der Generaldebatte der UN-Vollversammlung und auf anderen internationalen Foren, bei denen sie die fälschliche Aufnahme Kubas auf die Liste der den Terrorismus fördernden Staaten zurückwiesen.
Sehr geehrte Staats- und Regierungschefs, sehr geehrte Gäste,
auf diesem 5. Gipfeltreffen CARICOM-Kuba schlage ich Ihnen vor, Ideen und tragfähige Vorschläge austauschen, um weiterhin für die Entwicklung unserer bilateralen Kooperation zusammenzuarbeiten; für die Steigerung und Diversifizierung unserer Wirtschafts- und Handelsbeziehungen; bei der Bewältigung der Herausforderungen, die uns die globalisierte, ungerechte und ungleiche Welt stellt, in der wir leben, geplagt von schwerwiegenden Problemen, die die Existenz der Menschheit bedrohen; und vor allem beim Voranschreiten mit zunehmend festeren Schritten zu einer unabdinglichen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Integration von Lateinamerika und der Karibik. Wir haben unseren Völkern gegenüber diese unaufschiebbare Pflicht.
Ohne weitere Ausführungen erkläre ich hiermit das 5. Gipfeltreffen CARICOM-Kuba für eröffnet.
Vielen Dank!
Raúl Castro Ruz
09.12.2014, Havanna
Quelle: Granma Internacional