»Kuba wird niemals auf seine Souveränität noch auf den von seinem Volk frei gewählten Weg verzichten«
Rede von Außenminister Bruno Rodríguez Parrilla vor der UN-Vollversammlung in New York zur Anti-Blockade-Resolution.
Herr Präsident,
verehrte Ständige Vertreter,
verehrte Delegierte,
die Generalversammlung der Vereinten Nationen behandelt heute zum 23. Mal dieses für die Weltgemeinschaft so wichtige Thema, weil es das Völkerrecht berührt, das die großen und kleinen, reichen und armen Staaten schützt und die Garantie der Unabhängigkeit sowie der Ausübung der nationalen Souveränität aller ist, die die Grundlage der souveränen Gleichheit bildet.
Es hat auch einen direkten Bezug zum Genuss der Menschenrechte durch alle Menschen und alle Völker.
Diese Angelegenheit betrifft die Freiheit des Handels und der Schifffahrt, die die Interessen der Staaten, Unternehmen und Bürger schützt.
Wir versammeln uns jedoch in einer ganz besonderen internationalen Gesamtlage, die durch schwere Bedrohungen des internationalen Friedens und der Sicherheit gekennzeichnet ist; durch furchtbare Kriege und Terrorakte von außergewöhnlicher Grausamkeit; durch die Gefahr, die die Existenz enormer Atomarsenale bedeutet; durch die außergewöhnlichen Rüstungsausgaben, die nutzlos sind, um irgendeines der großen Probleme der Weltbevölkerung zu lösen, die sich rapid der Zahl von 8 Milliarden nähert.
Es ist ein entscheidender Moment in den Auswirkungen des Klimawandels, der neben anderen katastrophalen Konsequenzen bisher nicht gekannte Hungersnöte ungekannten Ausmaßes, generelle extreme Armut in ganzen Regionen und massenhafte Migrationswellen hervorrufen kann.
Wir leben in einer Zeit, die durch die globale Krise des Systems und die Überlagerung seiner Wirtschafts-, Nahrungs-, Energie- und Wasserkomponenten gekennzeichnet ist.
Zusammen mit der Armut, die mehr Leben fordert als der Krieg, steigt das Risiko schwerer Krankheiten wie Ebola, die, wenn sie nicht mit der sofortigen und effizienten Kooperation aller in den betroffenen Bruderländern Westafrikas gestoppt und gelöst wird, sich in eine der schlimmsten Pandemien der Geschichte verwandeln könnte.
Präsident Raúl Castro Ruz erklärte kürzlich: "Dieses noble und dringende Ziel erfordert die unerlässliche Anstrengung und die Verpflichtung aller Länder der Welt, je nach den Möglichkeiten eines jeden. Wir sind der Meinung, dass jegliche Politisierung dieses schweren Problems vermieden werden sollte, die uns vom grundlegenden Ziel ablenken könnte, das die Hilfe in der Konfrontation dieser Epidemie in Afrika und in der Prävention in anderen Regionen ist."
Es handelt sich um eine nie gekannte Gruppe von neuen und alten Problemen, die dahin tendieren, das menschliche Leben unerträglich zu machen. Keines von ihnen kann gelöst werden, wenn sich unser Verhalten nicht ändert, unsere Art, die Realität zu behandeln und umzugestalten, damit um des Überlebens der Menschheit willen wahrhaft zusammengearbeitet wird.
Vor wenigen Tagen schrieb Compañero Fidel Castro: "Jeder bewusste Mensch weiß, dass die politischen Entscheidungen, die Risiken für das hoch qualifizierte Personal mit sich bringen, ein hohes Maß an Verantwortung von Seiten derer bedeuten, die sie dazu aufrufen, eine gefährliche Aufgabe zu erfüllen. Es ist sogar noch härter als die, Soldaten in den Kampf zu schicken und überdies für eine gerechte politische Sache zu sterben, die diese ebenfalls immer wie eine Pflicht erfüllten."
"Das medizinische Personal, das an irgendeinen Ort zieht, um Leben zu retten, und dabei das Risiko eingeht, das eigene Leben zu verlieren, ist das größte Beispiel der Solidarität, das menschliche Wesen bieten können, ..."
Herr Präsident,
es ist eine Tatsache, dass sich in der letzten Periode die Wirtschafts- Handels- und Finnazblockade der Vereinigten Staaten gegen Kuba verhärtet hat und sich auch ihre extraterritoriale Anwendung in allen Regionen intensiviert hat, besonders durch die Auferlegung enormer und befremdlicher Geldstrafen von 11 Milliarden Dollar gegen 38 Banken, wie der französischen BNP Paribas, die Transaktionen mit Kuba und anderen Ländern durchführt.
Die Anhäufung von wirtschaftlichen Schäden, die für eine kleine Ökonomie gewaltig sind, beläuft sich auf 1 Billion 112 Milliarden 534 Millionen Dollar auf den Goldwert berechnet, der von den Schöpfern des unheilvollen herrschenden Währungssystems manipuliert wurde, das bereits die Auswirkungen einer unüberwindlichen Krise erleidet, die die ärmsten Länder heimsucht.
Die menschlichen Schäden der Blockade wachsen an. Bereits 77 % der Kubaner sind unter diesen Bedingungen geboren worden. Das Leiden unserer Familien kann man nicht in Zahlen fassen. Es gibt viele internationale Abkommen, die die Blockade verbieten, das Genfer Abkommen von 1948 gegen den Völkermord eingeschlossen. Sie beeinträchtigt die Ausübung der Menschenrechte eines ganzen Volkes. Sie erschwert ernsthaft die wirtschaftliche Entwicklung des Landes.
Auch wenn unsere Sozial- und Gesundheitssysteme es schaffen, den Verlust von Menschenleben zu verhindern, kann doch kein rechtschaffener Mensch auf der Welt, auch nicht in den Vereinigten Staaten, diese verheerenden Folgen befürworten.
Trotz allem erlauben uns unsere Kultur, die Erziehung, die Garantie von Rechten und Chancengleichheit, eine gebildete und solidarische Gesellschaft zu sein.
Herr Präsident,
auf beiden Seiten der Meerenge von Florida hatten die Völker der Vereinigten Staaten und Kubas immer enge Bindungen.
Trotz der systematischen, ein halbes Jahrhundert währenden Lügenkampagnen gegen unser Land unterstützte das Volk der Vereinigten Staaten die Rückgabe des 1999 entführten kubanischen Kindes an seine Familie.
Kuba hat schon in den ersten Stunden angesichts der schrecklichen Terrorakte am 11. September 2011 alle innerhalb seiner Möglichkeiten liegende Hilfe angeboten, als Tausende von Flugzeugen keine Landemöglichkeiten hatten, und um nach den Anthrax-Angriffen gegen die Vereinigten Staaten den Mangel an Antiobiotika zu beheben.
Ehrlich besorgt wegen der Schäden, die im Jahr 2005 durch den Hurrikan Katrina hervorgerufen wurden, boten wir den Menschen in New Orleans medizinische Zusammenarbeit an, und daraus entstand, benannt nach einem heldenhaften jungen Nordamerikaner, der im 19. Jahrundert für die Unabhängigkeit Kubas kämpfte, das Kontingent Henry Reeve, das jetzt in Sierra Leone und Liberia im Einsatz ist. Sein angesehener Name kennzeichnet die Einheit, die im Jahr 2005 Pakistan nach dem Erdbeben zu Hilfe kam. Sie setzte ihre fruchtbare Zusammenarbeit mit den US-Militärärzten fort, die in El Salvador nach dem Erdbeben von 2001 und in Guatemala in den Jahren 2002 und 2003 während der Behandlung der Onchozerkose begonnen worden war.
Im Jahr 2010, nach dem Erdbeben in Haiti, arbeiteten die Vereinigten Staaten und Kuba gleichermaßen zum Wohle dieser leidenden Nation zusammen.
Die kubanische Regierung teilte beständig den Vereinigten Staaten ihre Informationen über gegen diese gerichtete terroristische Anschläge oder Attentate mit.
Trotz der alten Spannungen und der Versuche seitens gewalttätiger Extremisten und terroristischer Gruppen, einen Krieg zu provozieren, ist es nie dazu gekommen, es gibt keine toten jungen Nordamerikaner in Kuba. Auch wenn Kuba immer verleumdet wurde, stellte es nie eine Bedrohung für die Sicherheit der Vereinigten Staaten dar.
Es gibt keine Feindschaft zwischen unsern Völkern. Kuba nimmt die wenigen US-Amerikaner, denen ihre Regierung erlaubt, es zu besuchen oder die, die dafür ein Risiko eingehen, genauso gastfreundlich auf wie diejenigen, die zu uns kommen, um humanitäre Hilfe zu leisten, wie die "Pastoren für den Frieden" oder die, die in unserem Land Medizin studieren.
Man kennt die Meinungsumfragen, die eine wachsende und mehrheitliche Unterstützung absolut aller Teile der nordamerikanischen Gesellschaft für die Aufhebung der Blockade und die Normalisierung der bilateralen Beziehungen zeigen. Es fällt besonders auf, dass dies noch stärker in Florida zum Ausdruck kommt, wie auch die Tendenz der Wählerstimmen bei den letzten Präsidentschaftswahlen zeigt.
Politische Persönlichkeiten der verschiedensten Richtungen und bedeutende Akademiker anerkennen, dass diese Politik in ihren Absichten gescheitert ist und nicht den nationalen Interessen des Landes entspricht. Man braucht nur die Editorilas der New York Times der letzten Wochen zu lesen.
Religiöse Führer legen rechtliche und und eindeutige ethische und humanitäre Gründe dafür dar, eine Veränderung zu fordern.
Die US-Amerikaner fordern die Freiheit, zum einzigen Ort der Welt zu reisen, der ihnen verboten ist und das Recht zu haben, direkte und persönliche Informationen über die kubanische Wirklichkeit zu erhalten.
Unternehmerorganisationen und Geschäftsleute sind der Auffassung, dass die Blockade ihre wirtschaftlichen Interessen schädigt. Die Mehrheit der öffentlichen Meinung ist dagegen, den aktuellen Kurs beizubehalten und äußert sich immer kritischer dazu.
Die kubanische Auswanderung hat unter diskriminierenden Maßnahmen und zahlreichen Hindernissen bei der Familienzusammenführung, bei den Reisen in beide Richtungen, den exzessiven Kosten, die man ihr aufbürdet, der politischen Manipulation, die nicht vor terroristischer Gewalt Halt macht, gelitten und wünscht mehrheitlich Frieden und Wohlergehen für ihre Familien und ihr Volk und normale Beziehungen zu ihrem Herkunftsland.
Warum wird zur illegalen Benutzung der Informationstechnologien ermutigt, anstatt beiden Seiten vorteilhafte Geschäfte im Bereich der Telekommunikation zu erlauben? Warum wird die Verbindung Kubas mit den in seiner Nähe liegenden Unterseekabeln verhindert und damit unsere Verbindungsmöglichkeit eingeschränkt und erschwert?
Die Blockade schadet Kuba, aber sie schadet auch den Vereinigten Staaten.
Die absurde und lächerliche Aufnahme von Kuba in die Liste der Staaten, die den internationalen Terrorismus fördern, die dazu dient, zusätzliche finanzielle Sanktionen zu rechtfertigen, diskreditiert die USA.
Die 16 Jahre ungerechter und betrügerischer Freiheitsstrafe, die drei kubanischen antiterroristischen Kämpfern auferlegt wurden, haben diese nicht geschwächt. Im Gegenteil, sie haben sie zu Helden und zum Vorbild für zukünftige Generationen von Kubanern und zum Motiv des Stolzes für diejenigen werden lassen, die mit ihren Opfern den Weg für das neue Kuba ebneten.
Die Entscheidung, die Blockade zu beseitigen, würde weltweit begrüßt werden und wäre ein einzigartiger Beitrag zugunsten des Friedens und der friedlichen Beilegung von Konflikten und Differenzen.
Nach den begrenzten, aber positiven Maßnahmen von 2009 und 2011 in Bezug auf Familienbesuche, Überweisungen von im US-Gebiet wohnenden Kubanern und Reisen von US-Bürgern bestimmter Kategorien zu verschiedenen Austauschzwecken, hat sich der Dialog auf technischer Ebene auf andere Themen ausgeweitet und es hat sich die Zusammenarbeit erhöht in Bereichen wie der Bekämpfung des Drogenhandels, der grenzüberschreitenden Kriminalität, des Menschenhandels, bei der Vermeidung von Ölverschmutzungen, bei der Suche nach und der Rettung von Personen, im Bereich der Sicherheit des Luftraums und der Luftfahrt oder bei bestimmten Vorkommnissen.
Die Reaktion der US-amerikanischen und internationalen Gemeinschaft auf diese bescheidenen Fortschritte war unterstützend und ermutigend.
Präsident Barack Obama hat alle verfassungsmäßigen Vorrechte, ohne dass er sich an den Kongress wenden müsste, die bestimmenden Aspekte der Blockade zu ändern und eine neue und entscheidende Dynamik in die bilateralen Beziehungen einzuführen.
Herr Präsident, wir laden die Regierung der Vereinigten Staaten ein zu einer gegenseitig respektvollen Beziehung auf der Grundlage der Gegenseitigkeit, basierend auf souveräner Gleichheit, den Grundsätzen des Völkerrechts und der Charta der Vereinten Nationen.
Wir können versuchen, Lösungen für die Differenzen zu finden, durch einen respektvollen Dialog und die Zusammenarbeit in Fragen von gemeinsamem Interesse. Wir können auf zivilisierte Art und Weise innerhalb unserer Unterschiede leben und Beziehungen unterhalten.
Kuba wird niemals seine Souveränität oder den von seinem Volk frei gewählten Weg zum Aufbau eines gerechteren und effizienten, gedeihenden und nachhaltigen Sozialismus aufgeben. Es wird auch nicht von der Suche nach einer anderen internationalen Ordnung ablassen und auch nicht aufhören, für "das Weltgleichgewicht" zu kämpfen.
Herr Präsident,
angesehene Ständige Vertreter,
Delegierte,
Ich muss Sie darum bitten, in dieser schwierigen internationalen Situation für den Resolutionsentwurf A/69/L.4 unter dem Titel "Notwendigkeit der Beendigung der von den Vereinigten Staaten von Amerika gegen Kuba verhängten Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade&qiot; zu stimmen, um so die Idee zu unterstützen, dass die ernsten Probleme dieser Zeit der Menschheit unerlässlich die Forderung stellen, die Art und Weise unserer Beziehungen zu ändern, damit wir sie lösen können, um den Frieden zu bewahren, um das menschliche Leben zu erhalten.
Vielen Dank!
Außenminister Bruno Rodríguez Parrilla
28.10.2014, New York
Quelle: Granma Internacional