Die Innovative Inmmunotherapy Aliance ist das erste US-kubanische Joint Venture.
Der Gouverneur des US-Bundesstaats New York, Andrew Cuomo, zeigte sich vergangene Woche rundum zufrieden: Es sei »ein historischer Schritt«, der es erlaube, »in der Krebsforschung und bei Krebsmedikamenten voranzukommen, die das Leben von Tausenden Patienten in den Vereinigten Staaten verlängern und verbessern können«, sagte der Demokrat über die Gründung der Innovative Inmmunotherapy Aliance. Es ist das erste Joint Venture zwischen den USA und Kuba nach der Revolution von 1959 und wird gebildet vom Roswell Park Cancer Institute in Buffalo und dem Zentrum für Molekulare Immunologie in Havanna.
Cuomo reiste im April 2015 an der Spitze einer Handelsdelegation nach Kuba reiste und erleichterte so die ersten Kontakte zwischen den beiden wissenschaftlichen Zentren, die nun ihre Kräfte in der Krebsbekämpfung bündeln. Damals unterzeichneten das Zentrum für Molekulare Immunologie und das Roswell Park Krebsinstitut eine Vereinbarung, um einen auf der Insel entwickelten therapeutischen Impfstoff gegen Lungenkrebs in die USA zu exportieren. Das Abkommen ermöglichte klinische Studien des Impfstoffes in den USA, die zufriedenstellend verliefen und nun zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens führten. Das neue Biotechnologieunternehmen wird unter anderem das Medikament CIMAVax-EGF, eine bekannte Therapie gegen Lungenkrebs, sowie drei weitere in Kuba entwickelte Immuntherapien für verschiedene Tumore anbieten.
Gegründet wird das kubanisch-amerikanische Unternehmen zu einer Zeit, in der die Beziehungen zwischen beiden Ländern wieder frostiger werden. Unter US-Präsident Donald Trump sind die USA zu einer Rhetorik wie zu Zeiten des Kalten Krieges zurückgekehrt. Reise- und Handelserleichterungen, die Trumps Vorgänger Barack Obama erlassen hatte, wurden zum Teil zurückgenommen. Die nach wie vor bestehende Blockade gegen Kuba soll in einigen Bereichen wieder strenger durchgesetzt werden. Geschäfte mit vom kubanischen Militär kontrollierten Unternehmen wurden verboten. Und auch bei vielen US-Unternehmern scheint die Euphorie verflogen.
Das neue Joint-Venture ist da ein Lichtblick. Das Unternehmen soll in Mariel angesiedelt werden. Um die Wirtschaft in Schwung zu bringen und neue Technologien ins Land zu holen, hat Kuba 45 Kilometer westlich von Havanna rund um den Hafen Mariel Ende 2013 eine Sonderwirtschaftszone eingerichtet. Mit besonders günstigen Zoll- und Steuerregelungen sollen ausländische Kapitalgeber ins Land gelockt werden. Ein Modell, dass sich am Vorbild Vietnam orientiert. 2014 trat zudem ein neues Investitionsgesetz in Kraft, das ausländischen Unternehmen ermöglicht, in fast alle Bereiche der kubanischen Wirtschaft zu investieren.
Von seinem Ziel, jährlich 2,5 Milliarden US-Dollar an ausländischem Kapital anzuziehen, ist der Inselstaat derzeit aber noch weit entfernt. In Mariel erhielten bisher 34 Projekte eine Genehmigung, darunter Unternehmen aus Frankreich, Belgien, Spanien, Südkorea oder Mexiko; deutsche Firmen sind bisher nicht darunter. Erst vor wenigen Tagen bekam das kubanisch-italienische Joint Venture Vidrios Mariel S.A. eine Erlaubnis zur Errichtung einer Glasfabrik in Mariel. Die neue Anlage soll nach ihrer Fertigstellung bis zu 70 Prozent des landesweiten Bedarfs an Glasflaschen für Kubas Lebensmittel- und Getränkeindustrie produzieren.
In der neuen Verfassung, die derzeit landesweit in 135 000 Nachbarschafts- und Betriebsversammlungen debattiert wird und über die Ende Februar in einem Referendum abgestimmt werden soll, wird erstmals die Bedeutung ausländischer Investitionen für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes verankert, auch wenn Planwirtschaft und Staatseigentum weiterhin zentral für das kubanische Wirtschaftssystem bleiben.
Erst im Juni hat sich der neue kubanische Präsident Miguel Díaz-Canel bei einem Arbeitstreffen seiner Regierung für die Förderung von Auslandsinvestitionen ausgesprochen. Der Kapitalzufluss sei »fundamental« für Wachstum und Entwicklung des Landes, sagte er. Die Förderung ausländischer Investitionen nannte er eine »Priorität« und kritisierte, dass sich Verhandlungen mit ausländischen Kapitalgebern oft übermäßig lang hinzögen und so konkrete Projektabschlüsse verhinderten.
Andreas Knobloch, Havanna
Neues Deutschland, 01.10.2018