ALBA-Staaten solidarisieren sich mit Venezuela. Erinnerung an Putsch vor 15 Jahren. Kritik an Gewalt.
Die Mitgliedsstaaten der Bolivarischen Allianz für die Völker Unseres Amerikas (ALBA) haben sich einmütig hinter die Regierung Venezuelas gestellt. 13 Außenminister der Mitglieds- und Beobachterstaaten des antiimperialistischen Bündnisses – unter ihnen die Vertreter aus Ecuador, Bolivien, Nicaragua, Haiti und Kuba – verabschiedeten bei ihrem Gipfeltreffen am Montag (Ortszeit) in Havanna eine Erklärung, in der sie die Einmischung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in die inneren Angelegenheiten Venezuelas verurteilen. Wörtlich heißt es in dem Dokument, das die Tageszeitung Granma am Dienstag veröffentlichte: »Wir unterstützen die Bolivarische Revolution, die die Rechte und die Würde von Millionen Menschen innerhalb und außerhalb ihrer Grenzen verteidigt hat. Wir danken ihr für die großzügige Solidarität und für ihre Anstrengungen um die Einheit und Integration unserer Region, während wir zugleich ihre Ideale der Demokratie, der sozialen Gerechtigkeit und der Unterstützung für die Unterdrückten überall auf der Welt teilen.«
Unmittelbar nach der Konferenz versammelten sich Hunderte Menschen im Palacio de las Convenciones, dem großen Konferenzzentrum in der kubanischen Hauptstadt, zu einer Solidaritätsveranstaltung. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro nutzte die Kundgebung für Kritik an einer »feigen Linken«, der »die Knie schlottern, wenn sie einen Anruf auf englisch von irgendeinem Botschafter« erhalte, und die sich – ohne über die jeweiligen Ereignisse informiert zu sein – dazu hergebe, Venezuela wegen einer angeblichen Verletzung der demokratischen Ordnung zu verurteilen. »Ja, es gab in Venezuela einen Staatsstreich – vor 15 Jahren gegen den Comandante Hugo Chávez. Diesen führten die Oligarchie und die rechten Regierungen der damaligen Zeit durch.« Am 11. April 2002 war der damalige Präsident Chávez gestürzt worden, konnte jedoch nach einem Volksaufstand zwei Tage später in sein Amt zurückkehren. An der Puente Llaguno, einem Schauplatz der damaligen Ereignisse, wurde am Dienstag der Opfer des Umsturzversuchs gedacht. Maduro warnte: »Heute stehen wir ebenfalls einem Putschversuch der rechten, den Interessen der Vereinigten Staaten untergeordneten Oligarchie gegenüber und schlagen ihn nieder.«
In Caracas kam es am Montag erneut zu Straßenschlachten zwischen militanten Oppositionellen und Sicherheitskräften. Vermummte Regierungsgegner attackierten Polizisten mit Steinen und Brandsätzen, diese reagierten mit Tränengas. Innenminister Néstor Reverol berichtete anschließend von 18 Festnahmen. Inhaftiert wurde auch ein Verkehrspolizist, der in der vergangenen Woche am Rande einer Oppositionskundgebung einen Jugendlichen erschossen haben soll.
Die Kritik an übermäßiger Härte durch Polizei und Nationalgarde wächst jedoch auch im Regierungslager. Venezuelas Ombudsmann Tarek William Saab kritisierte, dass die Sicherheitskräfte aus Hubschraubern Tränengasgranaten abgeworfen hätten, um Gruppen Oppositioneller zu zerstreuen. Zugleich forderte er die Regierungsgegner auf, ihr Demonstrationsrecht gewaltfrei im Rahmen der geltenden Gesetze wahrzunehmen. Im privaten Fernsehsender Globovisión kritisierte auch Carlos Aquino, Mitglied des Politbüros der Kommunistischen Partei Venezuelas, am Dienstag morgen »Exzesse« der Sicherheitskräfte. Man dürfe friedlichen Protest und Ausschreitungen nicht in einen Topf werfen. Die Beamten müssten aber »kriminelle Akte gegen die öffentliche Ordnung« konsequent unterbinden.
Veröffentlichung |
André Scheer
Junge Welt, 12.04.2017