Die Eröffnung neuer US-Geschäfte in Havanna und die Lieferung von Lebensmitteln nach Kuba nähren Spekulationen über die künftige Kuba-Politik Donald Trumps. Vor seiner Wahl hatte dieser gedroht, die unter Obama abgeschlossenen Vereinbarungen mit der sozialistischen Insel zurückzunehmen. Eines seiner bevorzugten Angriffsziele war neben Kuba auch China. Mit großem Interesse verfolgen Politiker in Havanna deshalb am heutigen Donnerstag das erste Treffen von Trump mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping im nur 450 Kilometer entfernten Palm Beach (Florida). Nachdem Trump noch vor Wochen einen harten Konfrontationskurs gegen Beijing angekündigt hatte, zeigt er sich jetzt von seiner pragmatischen Seite. Auch gegenüber Kuba ist die Haltung der neuen US-Administration widersprüchlich.
Wie am Dienstag bekannt wurde, hat das dem US-Finanzministerium unterstellte Amt zur Kontrolle von Auslandsvermögen (Office of Foreign Assets Control, OFAC) am 20. März, also genau zwei Monate nach Trumps Amtsantritt, der in Sterling (Virginia) und Fort Lauderdale (Florida) ansässigen Produktionsfirma »Cuba International Network« (CIN) die Genehmigung zur Gründung einer Niederlassung in Kuba erteilt. Die OFAC-Entscheidung konterkariert die Ankündigung des Sprechers des Weißen Hauses, Sean Spicer, vom Februar, derzufolge die Regierung Donald Trumps den unter Barack Obama eingeleiteten Annäherungskurs »komplett überprüfen« wolle. Die Lizenz für die US-Firma CIN ist indes nicht das einzige Indiz für einen doch eher pragmatischen Kurs gegenüber Havanna. Die New Yorker US-Handelsorganisation »U.S.-Cuba Trade and Economic Council« meldete am Dienstag, dass im Februar über den texanischen Hafen Galveston eine Ladung Reis im Wert von 252.000 US-Dollar (236.000 Euro) nach Kuba verschifft worden ist. Dies sei die erste Reislieferung seit acht Jahren gewesen. Unter Berufung auf den Vorsitzenden des Verbandes der Reisproduzenten, Blake Gerard, weist der Wirtschaftsverband darauf hin, dass die US-Landwirte langfristig bis zu 75 Prozent der kubanischen Reisimporte liefern könnten. Voraussetzung dafür sei allerdings die Aufhebung der seit 55 Jahren bestehenden Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade.
Auch der Direktor der TV-Produktionsfirma »Cuba International Network« (CIN), Herald Barry H. Pasternak, hofft auf eine Fortsetzung des unter Obama eingeschlagenen Kurses. Sein Unternehmen habe die Genehmigung für Aktivitäten in Kuba bereits während dessen Präsidentschaft im Dezember 2015 bei der OFAC beantragt, sagte er, die Erlaubnis dann aber 60 Tage nach Trumps Amtsantritt erhalten. Die Lizenz ermöglicht der CIN nicht nur die Eröffnung einer Niederlassung in Kuba, sondern auch die Beschäftigung kubanischen Personals sowie eine legale Kooperation mit der staatlichen Firma zur Vermarktung von Radio- und Fernsehproduktionen »RTV Comercial«. CIN plane in Kuba eigene Produktionen für Kunden in aller Welt sowie den Verleih moderner Ausrüstung zur Herstellung von Filmen, Videos und für andere Events, erklärte Pasternak. Hier bestünden Defizite, deren Beseitigung seiner Firma, aber auch Kuba nützten. Als Beispiele nannte er das Konzert der Rolling Stones in Havanna und die Dreharbeiten für den Film »Fast & Furious 8«, einer der ersten Hollywood-Produktionen, die nach 50 Jahren wieder in Kuba realisiert wurde. Für beide Projekte habe die gesamte technische Ausrüstung kostenaufwendig auf die Insel transportiert werden müssen. Pasternak sieht in dem Bedarf danach eine Chance für Kooperationen mit kubanischen Partnern. CIN plane außerdem die Organisation von Oldtimer-Rennen und Jazzkonzerten sowie deren Übertragung in die USA.
Die Reaktionen in den USA sind erwartungsgemäß konträr. Gegner der US-Blockade bewerten die OFAC-Entscheidung zugunsten CIN und die Wiederaufnahme der Reislieferungen positiv, Contras in den USA und auf der Insel werfen ihrem Idol Trump dagegen »Verrat« vor.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
Junge Welt, 07.04.2017