US-Anwältin wegen Gesetzesverstoßes aus Kuba ausgewiesen. Medien feiern »Menschenrechtlerin«.
Wenige Wochen vor Amtsantritt des künftigen US-Präsidenten Donald Trump am 20. Januar formieren sich ultrarechte Exilkubaner und Politiker in den USA, um die unter Barack Obama begonnene Entspannungspolitik gegenüber Kuba wieder zurückzudrehen. Auf Einladung der neoliberalen Denkfabrik »Heritage Foundation« kündigte der kubanische Systemgegner Antonio Rodiles Mitte Dezember bei einem Vortrag in Washington »gewalttätige Auseinandersetzungen« in Kuba an. Rodiles forderte Trump auf, in dieser Situation den »Kampf für die Menschenrechte« wiederaufzunehmen. Zwei Tage nach dieser Veranstaltung flog die unter anderem für ein Programm des US-Außenministeriums in Afghanistan tätige Rechtsanwältin Kimberley Motley nach Havanna, um dort Systemgegner zu unterstützen. Die kubanischen Behörden durchkreuzten den Plan jedoch und schickten die Anwältin umgehend zurück in die USA. Die US-Medien machten sie daraufhin zur gefeierten »Menschenrechtlerin«.
Kimberley Motley ist eine schillernde Persönlichkeit. 1976 in Milwaukee als Tochter eines afroamerikanischen Soldaten und einer Nordkoreanerin geboren und 2004 zur »Miss Wisconsin« gewählt, begann sie im Jahr 2003 als Anwältin zu arbeiten. In dieser Funktion stieg sie 2008 in ein Programm des US-Außenministeriums für Aktionen zur »Verteidigung von Frauenrechten« in Afghanistan ein. Auf internationalen »Menschenrechtsforen« unter anderem in Guatemala (März 2016), Oslo (Mai 2016) und San Francisco (September 2016) wurde für sie später auch der Kontakt zu kubanischen Systemgegnern hergestellt.
Obwohl sie in Kuba weder eine Zulaßung noch eine Arbeitserlaubnis besitzt, erklärte die Anwältin sich zur Verteidigerin des kubanischen Systemgegners Danilo Maldonado. Der weitgehend unbekannte und erfolglose 33jährige, der sich selbst als Grafittikünstler bezeichnet, versucht vor allem durch gezielte Provokationen und Gesetzesverstöße auf sich aufmerksam zu machen. So wollte er am 25. Dezember 2014, eine Woche nachdem Raúl Castro und Barack Obama die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Kuba und den USA angekündigt hatten, zwei Ferkel durch Havannas »Parque Central« treiben, denen er die Nahmen »Fidel« und »Raúl« aufgesprüht hatte. Seine einkalkulierte Festnahme wurde sofort von Gegnern der Annäherung für eine weltweite Medienkampagne gegen den neuen Kurs Obamas ausgeschlachtet. SPD-Politikerin Ulla Schmidt machte ihn zu ihrem »Patenkind« und erklärte als Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages: »Danilo Maldonado verdient unsere Unterstützung in seinem mutigen Kampf für Meinungsfreiheit und künstlerische Freiheit auf Kuba.«
Nach dem Tode Fidel Castros sah der mittlerweile wieder in Vergessenheit geratene Maldonado, der sich auch »El Sexto« nennt, eine neue Chance für mediale Aufmerksamkeit und besprühte die Fassade des Hotels »Habana Libre« im Zentrum der kubanischen Hauptstadt. Wie auch außerhalb Kubas vielerorts üblich, führte die Sachbeschädigung zur vorübergehenden Festnahme des Täters. Kimberley Motley sah darin jedoch die Chance für einen spektakulären Auftritt. Die in der US-Contra-Szene gut vernetzte Anwältin beantragte ein Touristenvisum und buchte einen Flug für den 16. Dezember. Da die USA ihren Bürgern noch immer touristische Reisen nach Kuba verbieten, tarnte sie ihren Trip gegenüber den Behörden als »kulturelle Reise« und erklärte, am Internationalen Film- und dem parallel laufenden Jazzfestival in Havanna teilnehmen zu wollen. Dort angekommen, lud sie jedoch zu einer Pressekonferenz für ihren Schützling »El Sexto«. Da die als »Touristin« eingereiste Juristin damit bewusst gegen kubanisches Recht verstieß, setzten die Behörden sie nach kurzen Vernehmungen ins nächste Flugzeug nach Hause.
In Miami waren die Proteste gegen die zu erwartende Abschiebung Motleys bereits vorbereitet worden. Von der Kongressabgeordneten Ileana Ros-Lethinen, Floridas Senator Marco Rubio und weiteren Hardlinern der Republikanischen Partei. Sie knüpften bei dieser Gelegenheit direkt an die Forderungen nach einem Kurswechsel in der Kuba-Politik an – wie sie am 14. Dezember auf der Veranstaltung der »Heritage Foundation« erhoben worden waren und im Rahmen derer der Systemgegner Antonio Rodiles versprochen hatte: »Früher oder später wird sich die Situation in Kuba gewalttätig entwickeln.«
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
Junge Welt, 29.12.2016