Fidel lebt

Abschied von einem Befreier, der schon vor seinem Tod zur Legende wurde.

Fidel Castro Ruz, der am 25. November verstorbene Comandante en Jefe der Kubanischen Revolution, wird in Lateinamerika bereits in einem Atemzug mit den großen Befreiern Simón Bolívar (1783–1830) und José Martí (1853–1895) genannt. Wie diese steht der schon zu Lebzeiten zur Legende gewordene Revolutionsführer nicht für die Vergangenheit, sondern für die Zukunft des Kontinents, für den Kampf um ein vereintes, unabhängiges und freies Amerika, das nicht mehr von dem »Koloss im Norden«, wie Martí die USA nannte, beherrscht wird.

Nachdem das Rebellenheer unter Führung von Fidel und Raúl Castro, Ernesto Che Guevara, Camilo Cienfuegos und anderen Comandantes nach zweijährigem Guerillakrieg 1959 den Diktator Fulgencio Batista verjagt hatte, wurde ein Stück dieser Vision Realität. Aus Kuba, bis dahin Bordell und Vergnügungspark wohlhabender US-Amerikaner, in dem die Mehrheit der Bevölkerung in bitterer Armut lebte, oft an Hunger litt und weder Krankenhäuser noch Schulen kannte, wurde unter Fidel Castro ein Musterland für die vom Westen so genannte »Dritte Welt«. Kuba wurde Vorbild für viele Menschen auf dem durch Kolonialherrschaft, US-Invasionen, Militärdiktaturen, Polizeiterror und Armut geschundenen Kontinent. Doch Fidel Castro veränderte nicht nur das eigene Land und Lateinamerika. Kuba half den Völkern Afrikas und Asiens im Kampf für ihre Unabhängigkeit und schickte später Ärzte und Pädagogen in alle Teile der Welt.

Am Sonntag soll die Urne mit der Asche des Comandante en Jefe auf dem Santa-Ifigenia-Friedhof in Santiago de Cuba, auf dem sich auch das Grab José Martís befindet, beigesetzt werden. »Fidel lebt weiter in den Gesichtern der Kinder, die zur Schule gehen, in denen der Kranken, deren Leben gerettet wird, in denen der Arbeiter, die die Früchte ihrer Arbeit ernten«, prophezeite Ecuadors Präsident Rafael Correa am Dienstag auf einer Großkundgebung in Havanna. »Sein Kampf geht weiter in den Anstrengungen jedes jungen Idealisten, der sich daranmacht, die Welt zu verändern.« In Kuba haben Millionen in der vergangenen Woche geschworen, Fidels Werk fortzusetzen, und auf Havannas Platz der Revolution riefen Hunderttausende am Dienstag immer wieder: »Yo soy Fidel!« – »Ich bin Fidel!«

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
Junge Welt, 03.12.2016