Kuba: Trauerzug mit der Asche Fidel Castros führt durch das ganze Land.
Zigtausende Menschen stehen in Kuba mit Fotos, selbstgemalten Dankesplakaten oder den Fahnen des Landes und der Revolutionären Bewegung des 26. Juli am Straßenrand, um sich vom Comandante en Jefe der kubanischen Revolution Fidel Castro Ruz zu verabschieden. Der Trauerzug mit der Asche des verstorbenen Revolutionsführers ist seit Mittwoch auf seinem 950 Kilometer langen Weg von Havanna durch 13 Provinzen der Insel.
Die in eine kubanische Flagge eingehüllte und mit weißen Blumen umrahmte Urne wird von Angehörigen der Fuerzas Armadas Revolucionarias (FAR) auf einem Militärfahrzeug bis zur Endstation Santiago de Cuba überführt, wo der Konvoi am Wochenende erwartet wird. Dort soll am Sonntag auf dem Santa-Ifigenia-Friedhof, auf dem sich auch das Grab des Nationalhelden José Martí befindet, die Beisetzung stattfinden. Auf seiner ersten Station hatte der Zug in der Nacht zum Donnerstag Santa Clara erreicht, wo die Urne in die Gedenkstätte für Comandante Ernesto Che Guevara, Fidels engen Kampfgefährten, gebracht worden war. In den folgenden Tagen hat die Bevölkerung in weiteren Orten und Provinzen des Landes die Möglichkeit, Abschied zu nehmen. Für Sonnabend ist in Santiago, der größten Stadt im Osten Kubas, von wo alle Befreiungskriege und Aufstände gegen koloniale und imperialistische Unterdrücker ausgingen, eine weitere Großkundgebung geplant.
Fidel Castro Ruz war am 25. November im Alter von 90 Jahren verstorben, genau 60 Jahre nachdem er mit 81 weiteren Guerilleros auf der Motoryacht Granma aus dem mexikanischen Exil zur Befreiung Kubas vom Regime des Diktators Fulgencio Batista aufgebrochen war. Neben dem Datum des Todestages haben auch der Tag der Bestattung und die Überführung der Urne Fidels in Kuba hohe symbolische Bedeutung. Anfang Januar 1959 waren die siegreichen Revolutionäre mit ihrem Comandante en Jefe an der Spitze vom Osten durch das ganze Land gezogen und am 8. Januar 1959 von der jubelnden Bevölkerung in Havanna empfangen worden. Der Trauerzug von Havanna nach Santiago nimmt genau die Route dieses als »Karawane der Freiheit« bekanntgewordenen Marsches, allerdings in umgekehrter Richtung. Die Beisetzung am 4. Dezember findet an einem der wichtigsten Tage der weit verbreiteten afrokubanischen Santeria-Religion statt, denn dieser Tag ist Changó gewidmet, der in Kuba zu den am meisten verehrten Heiligen, gehört, der der Sage zufolge unzählige Gegner bezwungen hat und deshalb als unbesiegbar gilt. Wenn sein Name ausgesprochen wird, erheben sich die Gläubigen von ihren Sitzen, um ihn zu begrüßen und ihre Ehrerbietung zu bezeugen.
ähnliche Ehrungen erfährt in diesen Tagen Fidel Castro im ganzen Land vor allem dadurch, dass Millionen Kubaner eine Erklärung unterzeichnen, in der sie sich zur Fortsetzung seines revolutionären Werkes verpflichten. Auf der Kundgebung zur Verabschiedung des Comandante am Dienstag auf dem Platz der Revolution in Havanna riefen Hunderttausende immer wieder: »Yo soy Fidel!« (Ich bin Fidel!).
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf
Junge Welt, 02.12.2016