Fidel Castro warnt vor der atomaren Gefahr für die Menschheit. Festakt in Havanna zum 90. Geburtstag des Revolutionsführers.
Neuer Trainingsanzug, doch der Marke »Revolution« ein Leben lang treu geblieben: Fidel Castro Ruz auf dem Ehrenplatz zwischen den Präsidenten Rául Castro (l.) und Nicolás Maduro |
»Cuba va!«: Der musikalische Auftakt war passend gewählt. Dass es mit Kuba weiter vorangeht, ist ein Anliegen, das alle 5.000 Gäste im vollbesetzten Karl-Marx-Theater in der Hauptstadt Havanna teilten. Der, der mit den Grundstein für das neue Kuba legte, saß in der ersten Reihe. »Fidel, Fidel!«: Ovationen und Hochrufe auf den Jubilar leiteten die Gala ein, mit der Altpräsident Fidel Castro Ruz am Sonnabend anlässlich seines 90. Geburtstages gefeiert wurde. Glückwünsche für den Revolutionsführer kamen aus aller Welt, darunter herzliche der Präsidenten Russlands und Chinas. In der Parteizeitung Granma hatte Castro am Vortag an die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki im August 1945 erinnert, die er als »kriminell« bezeichnete. Für diese »Massaker an Hunderttausenden« hätte sich die US-Regierung bis heute nicht entschuldigt. Angesichts der Vernichtungskraft solcher Waffen müsse immer wieder auf die »Notwendigkeit, den Frieden zu erhalten«, hingewiesen werden. Keine Macht dürfe sich das Recht anmaßen, Millionen Menschen zu töten.
Geladen zum Festakt waren Kämpfer aus den Tagen der Guerilla. Als »Helden der Republik« ausgezeichnete waren ebenso unter den Gästen wie Angehörige der Opfer von gegen Kuba gerichteten Terroranschlägen. Vertreter der Massenorganisationen und des diplomatischen Korps fanden im Saal Platz. Auf der Bühne tanzte und musizierte das Kinderensemble »La Colmenita«, stellte Szenen aus der jüngeren Geschichte des Landes dar. Eine Einlage gab Omara Portuondo, Sängerin des legendären Musikprojekts Buena Vista Social Club. Havannas Stadthistoriker Eusebio Leal würdigte Fidel Castros Belesenheit in Kunst, Literatur und Geschichte. Neben der Legende hatten sein fünf Jahre jüngerer Bruder Raúl, der seit 2008 an der Spitze des Staates steht, und Venezuelas Präsident Nicolás Maduro Platz genommen. Das südamerikanische Bruderland ist Kubas wichtigster Verbündeter in der Region.
In der Öffentlichkeit zu sehen war der Jubilar zuletzt im April als Gastredner beim Parteitag der Kommunistischen Partei. Der Kongress hatte den Stand der eingeleiteten wirtschaftlichen Reformen bilanziert, die im Rahmen des sozialistischen Systems fortgesetzt werden sollen. Auch eine Verjüngung der Führung wird angestrebt. Trotz der schrittweisen Normalisierung des Verhältnisses zwischen den Vereinigten Staaten und Kuba bleibt die Lösung ökonomischer Probleme eine Überlebensfrage. Seit 57 Jahren muss Kuba einer US-Blockade trotzen. Auch unter US-Präsident Barack Obama wurde diese nur punktuell gelockert.
Der große Tag fiel in eine für Kuba schwierige Zeit. Einerseits ist das Land als Geschäftspartner gefragt wie lange nicht und ein Touristenmagnet. Andererseits sind die Linksregierungen in Lateinamerika durch ein politisches Rollback bedroht. Boliviens Präsident Evo Morales hob auf Twitter zu Fidel Castros 90. bewundernd dessen Vorbildrolle hervor: Die kubanische Revolution sei »die Mutter der Revolution in Lateinamerika«. Mit seiner »Kraft und Beharrlichkeit« habe Fidel gezeigt, wie Fremdbestimmung besiegt werden könne.
Das Erreichen eines hohen Alters war für Fidel Castro lange alles andere als wahrscheinlich. Der Mann, der sein Land 1959 mit dem Sturz des Batista-Regimes zu wirklicher Unabhängigkeit führte und als Nachbar des US-Imperiums die Fahne des Sozialismus unbeirrbar hochhielt, hat sich nicht nur Freunde, sondern auch echte Todfeinde gemacht. Contras und CIA trachteten ihm wiederholt nach dem Leben. Doch Kubas Revolution wusste und weiß sich zu verteidigen.
Veröffentlichung |
Peter Steiniger
Junge Welt, 15.08.2016