Zum 90. Geburtstag Fidel Castros ist ein Foto des Comandante in Deutschland und der Schweiz auf mehr als 160 Plakatwänden zu sehen.
Foto: Roberto Chile |
Seit Dienstag sind in 20 deutschen und 21 Schweizer Städten und Gemeinden mehr als 160 Großplakate zu sehen, die dem 90. Geburtstag des früheren kubanischen Präsidenten Fidel Castro an diesem Sonnabend gewidmet sind. Gemeinsam mit Soligruppen aus beiden Ländern ehrt junge Welt auf diese Weise den »Comandante en Jefe«, der schon jetzt eine Legende ist, aber auch weiter Generationen von Revolutionären beeinflussen wird. Finanziert wurde die Aktion in erster Linie durch die Leserinnen und Leser der jW, die rund 20.000 Euro zur Begleichung der Kosten spendeten. In der Schweiz organisierte zudem die Vereinigung Schweiz–Cuba eine Sammlung, die die Plakatierung dort ermöglichte.
Dem Foto, das auf den Plakaten zu sehen ist, hat der kubanische Fotograf Roberto Chile den Namen »Für den Frieden« gegeben. Es ist Teil der Ausstellung »Fidel es Fidel«, die bereits in der jW-Ladengalerie in Berlin und in mehreren anderen deutschen Städten, aber auch in Brasilien, Kolumbien, Mexiko und China zu sehen war. Vorgesehen sind noch in diesem Jahr Präsentationen unter anderem in den USA, Bolivien und mehreren europäischen Staaten. Derzeit ist die Schau in Havanna im Gesundheitsministerium und auf der Festung La Cabaña zu sehen.
Interessant ist auch die Geschichte des Fotos selbst. Roberto Chile nahm es mit seiner Nikon D300 am 7. August 2010 um 13.45 Uhr im Palacio de Convenciones, dem großen Konferenzzentrum in Havanna, auf. Castro gab vier bekannten Journalisten aus Venezuela – Vanessa Davis, Andrés Izarra, Walter Martínez und Mario Silva – ein Interview. Es wurde am folgenden Tag zeitgleich von venezolanischen und kubanischen Fernsehsendern ausgestrahlt und von mehreren Radiostationen übertragen.
Einen weiteren Tag später beschrieb der kubanische Journalist Enrique Ubieta in seinem Blog »La Isla Desconocida« (Die unbekannte Insel) seine Gefühle, die ihn beim Betrachten gerade dieser Aufnahme bewegt hatten: »Das Foto von Roberto Chile zeigt in Nahaufnahme einen alten Kämpfer, der seinen Gesprächspartner fest ansieht. Die Kraft dieses Blicks ist die der Argumente. Fidel Castro spricht von der koreanischen Halbinsel und vom Mittleren Osten, aber es geht um Kolumbien, als er seine Schlussfolgerung formuliert: ›Wir hatten recht, Gerechtigkeit und auch Frieden zu wünschen. Und wir waren Anhänger des Kampfes. Wenn man die Gerechtigkeit nicht auf anderen Wegen erlangen kann, muss es durch die Waffen geschehen. Aber es kommt der Augenblick, an dem weder das Imperium noch die Revolutionäre ihre Ziele durch Waffengewalt erreichen können.‹ Fidel warnt mit den Erfahrungen seiner fast vollendeten 84 Jahre und wieder in seine olivgrüne Uniform gekleidet: Im neuen Jahrhundert ist ein Krieg nicht mehr durchführbar, weder der konventionelle noch der Guerilla- oder der Atomkrieg. Es würde weder Sieger noch Besiegte geben.«
Sein Gesichtsausdruck auf diesem Foto berührt. Es ist, als blicke Fidel in die Zukunft – in eine Welt, die er selbst nicht mehr erleben wird, und die er dennoch retten möchte.
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Marcos Alfonso, Havanna
Übersetzung: André Scheer
Junge Welt, 13.08.2016