Zeitzeuge der Revolution

Die LINKE in Potsdam hatte Manuel Torres zu Gast - einen Mann, der in der kubanischen Revolution gekämpft hatte.

Mit 16 Jahren schloss sich Manuel Torres in Kuba den Guerilleros an. Nach dem Sieg der Revolution studierte er in der DDR, die seine zweite Heimat wurde. Jetzt kam er nach Potsdam.


Ab 50 ragt man aus der Geschichte, heißt es. Der LINKE-Kreisverband hatte in der Potsdam Alleestraße jetzt Manuel Torres zu Gast - einen Mann, der in der kubanischen Revolution gekämpft hatte. Ganze 16 Jahre sei er alt gewesen, als er sich den Guerilleros anschloss, sagte Torres. Finanziell schlecht sei es seiner Familie vor der Revolution nicht gegangen mit einem Vater, der leitender Angestellter in der Zuckerindustrie gewesen ist. »Wir hatten drei Diener.«

Für heutige kubanische Jugendliche gibt es »Parolen und die Geschichten der alten Menschen«, macht sich der Kubaner Torres keine Illusionen. Das sei inzwischen zu wenig und »man muss ihnen heute mehr bieten.« Richtig, der Diktator Batista war 1959 allgemein verhasst. Er habe 20 000 Menschen umbringen lassen. Eine Million Kubaner seien damals Analphabeten gewesen, mussten Dokumente mit einem Daumenabdruck unterzeichnen oder ein Kreuz machen.

Nach dem Sieg der Revolution haben die Gebildeten, die zumeist auch die Begüterten waren, rasch das Land verlassen. »Es gab kaum jemanden mit Abitur.« Und was später mit Vietnam als »Babylift« bekannt wurde, dafür gab es auch eine kubanische Entsprechung. Rund 15 000 kubanische Kinder seien von ihren Eltern in die USA geschickt worden, weil man vor der Herrschaft der Kommunisten riesige Angst gehabt habe. »Die dachten, sie müssten ihre Kinder in die sozialistischen Staaten schicken und bekämen sie als Fleischkonserven zurück.«

Dabei sei die solidarische Hilfe der sozialistischen Länder eine große Chance für Kuba gewesen. Für Torres persönlich bedeutete diese Chance, dass er zu einem Logistikstudium nach Europa geschickt wurde. Er habe die Wahl gehabt »zwischen Prag und der DDR«, sagt er, und habe sich für die DDR entschieden. »Das war die beste Entscheidung meines Lebens«, erklärte der inzwischen grauhaarige Mann, der es bis zum Professor gebracht hat. Die DDR sei seine zweite Heimat geworden.

Nein, Tamara Bunke habe er nie kennen gelernt, sagte Torres. »Heute kennt jeder in Kuba diesen Namen, nach ihr heißen Schulen und Krankenhäuser.« Damals aber sei die Frau aus der DDR, die ihre Jugend in Eisenhüttenstadt verbracht hatte und an der Seite des Revolutionärs Che Guevara in Bolivien ums Leben kam, der kubanischen Öffentlichkeit kein Begriff gewesen.

In Kuba sind »sehr viele Fehler gemacht« worden, bedauerte Torres. Der Staat habe viel zu viel kontrolliert und auch dort »verwaltet«, wo es unnötig und eigentlich sogar schädlich gewesen sei. Das Verkaufen von Drinks etwa sollte der »Verwaltung« entzogen sein. Auch über das Debakel linker Regierungen in Lateinamerika sprach Torres: »Viele unserer Ärzte sind in Brasilien. Ob sie zurückkommen, ist eine große Frage.«

Neues Deutschalnd

Wilfried Neiße
Neues Deutschland, 26.07.2016