Kontinuität und Wandel

Parteitag der PCC: Kubas Kommunisten bekräftigen Reformkurs. Raúl Castro: Keine »Restauration des Kapitalismus«.

Der VII. Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas (Partido Comunista de Cuba, PCC) hat Raúl Castro zum Abschluss des viertägigen Kongresses am Dienstag für weitere fünf Jahre als Parteivorsitzenden bestätigt. Zu seinem Stellvertreter wurde – entgegen vorherigen Spekulationen – wieder der 85jährige José Ramón Machado Ventura gewählt. Ein Drittel der übrigen 15 Mitglieder des Politbüros bekleidet diese Position dagegen zum ersten Mal. Auch in dem aus 142 Personen bestehenden Zentralkomitee gibt es Veränderungen. Mit 54,5 Jahren liegt das Durchschnittsalter der ZK-Mitglieder unter dem der vorangegangenen Periode. Der Anteil der Frauen ist auf 44 Prozent und der von Farbigen auf 36 Prozent gestiegen.

In seiner Schlussrede auf dem Parteitag betonte Raúl Castro, der Aufbau eines »wohlhabenden, nachhaltigen und unumkehrbaren Sozialismus« setze einerseits »den Erhalt und den Ausbau der revolutionären Prinzipien von Gerechtigkeit und Gleichheit« voraus, andererseits müsse die vor fünf Jahren begonnene Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft konsequent fortgesetzt werden. Zugleich versicherte er erneut, dass es »keine Restauration des Kapitalismus und keine Schocktherapie« geben und niemand auf der Strecke bleiben werde.

Dann ging der Parteichef auf den von ihm mehrfach angeregten Generationswechsel in den Gremien ein und sagte, dass dies der Letzte Parteitag unter Führung der Revolutionäre, die in der Sierra Maestra gekämpft hatten, gewesen sei. Deren Comandante en Jefe Fidel Castro, war zu Beginn der Abschlussveranstaltung am Dienstag vormittag von den rund 1.000 Delegierten und 280 Gästen stehend mit lang anhaltendem Applaus begrüßt worden. In einer kurzen Ansprache warnte er vor der Anhäufung moderner Waffen, dem Hunger und anderen Gefahren, die die Existenz der Menschheit bedrohten. Er begründete auch, warum er Kommunist geworden sei. Und bekräftigte den marxistisch-leninistischen Charakter der kubanischen Partei: »Das Wort Kommunist gehört zu den am meisten verzerrten und verleumdeten in der Geschichte, unter anderem durch diejenigen, die das Privileg hatten, die Armen auszubeuten.«

Auf aktuelle, existenzbedrohende Gefahren wies auch sein Bruder und Nachfolger Raúl Castro hin. Ein Beispiel dafür sei der von der Oligarchie und den reaktionären privaten Medienkonzernen mit Unterstützung des Imperialismus organisierte parlamentarische Staatsstreich in Brasilien. Castro warnte vor der Gegenoffensive transnationaler Konzerne und des Imperialismus gegen die lateinamerikanische Integration. Partei und Volk Kubas stünden solidarisch an der Seite der legitimen Regierung von Präsidentin Dilma Roussef in Brasilien und Präsident Nicolás Maduro in Venezuela.

In seiner Eröffnungsrede am Sonnabend hatte er in ähnlichem Zusammenhang die Forderung Fidel Castros zitiert, dass Staat und Volk auf die Verteidigung der Revolution und des Landes vorbereitet sein müssten, »solange der Imperialismus existiert«. Der Armeegeneral erinnerte an die geltende Militärdoktrin des allgemeinen Volkskriegs und kündigte für November landesweite strategische Übungen unter dem Namen »Bastion 2016« an. Als deren Höhepunkt seien »zwei nationale Verteidigungstage mit massiver öffentlicher Beteiligung« geplant.

Auf dem viertägigen Parteitag haben die Delegierten neben dem Rechenschaftsbericht vier umfangreiche Dokumente verabschiedet, die nun von den 670.000 Mitgliedern sowie Vertretern der Gewerkschaften, des Jugend- und Frauenverbandes und weiterer sozialer Organisationen diskutiert werden sollen. Dabei geht es um Konzepte für die Weiterentwicklung des sozialistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells, einen Entwicklungsplan der Nation bis zum Jahr 2030, die weitere Umsetzung der vor fünf Jahren beschlossenen 313 Leitlinien zur Umstrukturierung nahezu aller Bereiche des Landes sowie um die künftigen Herausforderungen und aufgaben der politischen Organisationen. Die Ergebnisse der Beratungen sollten bis Ende des Jahres zur abschließenden Beschlussfassung an das Zentralkomitee zurückfließen, erklärte Raúl Castro.


Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
Junge Welt, 21.04.2016