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»USA unterhalten keine normalen Beziehungen«

Washington hat das Ziel nicht aufgegeben, die kubanische Revolution zu beseitigen. Gespräch mit Enrique Ubieta.




Im Verhältnis zwischen Kuba und den USA hat sich in den vergangenen Monaten viel getan, nun hat sich US-Präsident Barack Obama zu Besuch angesagt. Wie werden die nächsten Schritte aussehen? Kommen jetzt die Yankees mit ihren Dollars statt mit den Gewehren?

Enrique Ubieta Es ist offensichtlich, dass die Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern in erster Linie ein Ergebnis des von den Kubanern geleisteten Widerstandes ist. Die USA mussten erkennen, dass ihre feindselige Politik gescheitert ist und sie in Lateinamerika in politische Isolation geführt hat. Von einer wirklichen Normalisierung sind wir aber noch weit entfernt. Zudem unterhalten die USA ja mit keinem Land der Welt normale Beziehungen, nicht einmal mit ihren engsten Verbündeten. Vergessen wir nicht, dass sie sogar Gespräche von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört haben.


Welche Hindernisse stehen einer Normalisierung im Weg?

Es gibt einige Aspekte, die grundlegend sind, damit wir unsere Beziehungen als normal bezeichnen können – zumindest als so normal, wie die Beziehungen zwischen einer imperialistischen Macht und einem kleinen Land sei können. Als erstes gehört dazu die Beendigung der Wirtschaftsblockade. Es ist natürlich unvorstellbar, dass zwei Länder diplomatische Beziehungen pflegen und zugleich eines das andere blockiert. Zu den weiteren offenen Fragen gehören die US-Marinebasis Guantánamo und das Thema der Entschädigung für so viele Jahre Blockade.

Die prinzipielle Auseinandersetzung bleibt aber, dass die USA nach wie vor nicht das Ziel aufgegeben haben, die Revolution zu beseitigen. Künftig wird die Kultur das Hauptfeld des Kampfes sein. Allerdings darf man natürlich nicht so naiv sein und glauben, sie würden künftig nur noch auf die Kultur setzen. Sie werden auch Finanzmittel und politische Propaganda einsetzen, um Einfluss auf die kubanische Gesellschaft zu gewinnen. Wenn es notwendig ist, treten sie mit freundlichem Gesicht auf, aber gleichzeitig fördern sie konterrevolutionäre Gruppen, die darauf vorbereitet sind, öffentlichkeitswirksame Aktionen durchzuführen. Aus wirtschaflicher Sicht gilt auch heute das, was José Martí schon im 19. Jahrhundert gesagt hat: Wir dürfen uns nicht an einen Markt oder an ein bestimmtes Produktionszentrum wie die USA fesseln, auch wenn unsere Waren dann besser abgesetzt werden und wir Produkte günstiger erwerben können. Die Unabhängigkeit eines Landes hängt von der Vielfalt seiner Absatzmärkte und Lieferanten ab. Auch wenn wir wissen, dass der Imperialismus viele nationale Tentakel hat, setzen wir darauf, die bestmöglichen Beziehungen mit jedem Land Europas und der Welt zu pflegen.

Im Stadtbild von Havanna, zum Beispiel auf der Buchmesse im Februar, ist der Einfluss der »westlichen« Kultur bereits spürbar. Viele Jugendliche laufen zum Beispiel mit Postern von Justin Bieber oder europäischen Fußballstars durch die Gegend, man sieht das Sternenbanner auf Taxis oder Jacken ...

In Kuba gibt es historisch zwei Traditionen: Eine sehr starke antiimperialistische Tradition, und eine kleine Traditionslinie der Befürwortung einer Annexion durch die USA, die man aber nicht ignorieren darf. Aber jemand, der auf seinem T-Shirt das Sternenbanner oder einen der Hollywood-Stars trägt, hat vielleicht in Angola gekämpft oder beteiligt sich aktiv an der Revolution. Trotzdem trägt er so unbewusst zur Reproduktion der Werte der Konsumkultur bei. Auffällig ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass die Zahl der T-Shirts mit dem Bild von Che Guevara nicht abgenommen hat.

Nach den Erfahrungen in Osteuropa befürchten viele Menschen jedoch, dass die USA nun auf »Wandel durch Annäherung« setzen.

Kuba ist nicht Osteuropa. Ich bin hier aufgewachsen, und selbst in den Momenten der schärfsten Konfrontation mit den Vereinigten Staaten liefen im Fernsehen die Filme von Walt Disney. Wir waren nie von dieser Industrie abgeschnitten, denn sie ist schon durch die Nähe zu den USA auch ein Teil unserer nationalen Tradition.

Die USA setzen natürlich darauf, ein »unpolitisches« Verhalten zu fördern. Wir wissen aber, dass auch das Unpolitische politisch ist. Die alternative Gesellschaft, die wir aufbauen wollen, braucht bewusste Akteure. Demgegenüber entwickelt sich die globale Gesellschaft, die man uns aufzwingen will, vor allem dadurch, dass die Menschen aufhören, selber zu denken und sich an ihr zu beteiligen. Das ist eine Gefahr.

Der kubanische Publizist ist Mitarbeiter des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas und leitet die Zeitschriten La Calle del Medio und Cuba Socialista


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André Scher
Junge Welt, 21.03.2016