Zum Besuch des US-Präsidenten verweist Kuba auf seine Souveränität und revolutionären Prinzipien.
In Havanna wurde geschraubt, gehämmert, gemalt. Vor dem Kapitol wurden Palmen in den Asphalt gesetzt. Die kubanische Hauptstadt putzte sich heraus für den historischen Besuch von Barack Obama.
Man werde den US-Präsidenten Barack Obama »mit der Gastfreundlichkeit empfangen, die uns auszeichnet«, hatte Kubas Außenminister Bruno Rodríguez am Donnerstag vor der Presse in Havanna angekündigt. Konzessionen bei den revolutionären Prinzipien aber werde es nicht geben. Kuba werde mitwirken bei der Herstellung einer neue Beziehung mit der US-Regierung in voller Ausübung seiner Souveränität und bleibe seinen Idealen von sozialer Gerechtigkeit und Solidarität verpflichtet. »In unserer Beziehung zu den Vereinigten Staaten sind in keiner Weise interne Veränderungen in Kuba auf dem Verhandlungstisch - die sind und bleiben die alleinige Souveränität unseres Volkes«, so Rodríguez selbstbewusst.
Ausführlich ging er auf die von Obama in der Woche verfügten weiteren Lockerungen einiger Blockadebestimmungen ein. Demnach können US-amerikanische Bürger künftig auch individuell und nicht nur wie bisher in Gruppen zu »persönlichen Begegnungen« nach Kuba reisen. Zudem dürfen US-Banken ab sofort Finanzgeschäfte von kubanischen Institutionen und Bürgern in US-Dollar abwickeln. Kubas Außenminister meinte, diese Maßnahmen gingen »in die richtige Richtung«, seien aber »ungenügend«. Zentrale Elemente der Blockade blieben intakt. Zudem kündigte Rodríguez eine baldige Abschaffung der zehnprozentigen Steuer auf den Umtausch von US-Dollar an. Wenn die US-Regierung dem kubanischen Volk aber wirklich nutzen wolle, müsse sie die Blockade abschaffen, sagte Rodríguez.
»Es kann keine normalen Beziehungen zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten geben, solange die Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade aufrechterhalten wird und die Militärbasis in Guantanamo nicht zurückgegeben wird«, hatte die kubanische Regierung bereits zur Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern erklärt und wiederholt dies seither bei jeder Gelegenheit.
Kuba sei bereit, jedes Thema mit der US-Regierung zu verhandeln; das politische System und interne Angelegenheiten stünden aber nicht zur Disposition, heißt es in einem Leitartikel der Tageszeitung Granma anlässlich des Obama-Besuches. Wenn der US-Präsident nun Havanna besuche, sei das auch deshalb von Bedeutung, weil er damit die Regierung von Raúl Castro als legitime kubanische Führung und gleichberechtigte, souveräne Gesprächspartnerin anerkenne.
Nach einem Treffen mit Havannas Kardinal Jaime Ortega in der Kathedrale der Altstadt am Sonntagabend (Ortszeit) - damit soll die Rolle der Katholischen Kirche bei der Annäherung der beiden früheren Erzfeinde gewürdigt werden - trifft Obama am Montag mit Raúl Castro zusammen. Am Dienstag wird der US-Präsident im Gran Teatro Alicia Alonso in Alt-Havanna seine Rede an das kubanische Volk halten, die live im kubanischen Fernsehen übertragen wird. Später möchte er das Baseballspiel zwischen dem US-Profiklub Tampa Bay Rays und einer Auswahl Kubas besuchen. Ein Treffen mit Fidel wird es wohl nicht geben - das könnte für Teile der US-Öffentlichkeit wohl doch zuviel des Guten werden.
Am Freitag besuchte überraschend Venezuelas Präsident Nicolás Maduro in Havanna Raúl Castro. Offiziell ging es um einen Plan der Kooperation, aber wohl auch um den Obama-Besuch. Erst vor wenigen Tagen hatte Obama ein Dekret um ein Jahr verlängert, das Venezuela zur »außergewöhnlichen Bedrohung der nationalen Sicherheit und Außenpolitik der USA« erklärt.
In der Bevölkerung ist vor der Obama-Visite kaum Euphorie zu spüren. Thema sind vor allem die vielen Straßensperrungen. Man flüchtet sich auch in lakonischen Humor: »Vielleicht bringt Obama mir ja neue Turnschuhe mit?!« Der Theaterschauspieler Eusebio Hernández (Name geändert) meint: »Alle sind froh über den Besuch, aber für den ›normalen Kubaner‹ hat sich seit der Ankündigung neuer Beziehungen nichts geändert.«
Der »Habanero« Julio Martínez meint: »Die Lebensmittelpreise steigen. Die Lebenshaltungskosten gehen in die Höhe. Neben meinem Wohnhaus soll nun ein Luxushotel errichtet werden. Uns Kubanern bleiben dann nur Dienstleistungsjobs im Tourismusgewerbe - und alles wird noch teuerer. Daran wird auch Obama nichts ändern.«
Für Nicht-Kubaner lautet das Motto der Stunde: »Auf nach Kuba, bevor die Amerikaner kommen!« Allein in den ersten zweieinhalb Monaten des Jahres wurden mehr als eine Million Besucher verbucht - Rekord.
Andreas Knobloch, Havanna
Neues Deutschland, 21.03.2016