Annäherung statt Knast

Internationale Kampagne fordert Freilassung der kubanischen Kundschafterin Ana Belén Montes aus US-Haft.

Wenn US-Präsident Barack Obama heute Kuba besucht, werden die Gedanken vieler Menschen bei der politischen Gefangenen Ana Belén Montes sein, deren persönliches Schicksal eng mit dem Annäherungsprozess zwischen beiden Ländern verbunden ist. Dem Weißen Haus war Ende Februar eine von Tausenden unterzeichnete Petition übergeben worden, die Obama aufforderte, die politische Gefangene zu begnadigen.

Ana Belén Montes Belén war 2002 wegen »Spionage für Kuba« zu einer 25jährigen Haftstrafe verurteilt worden. Die damals für den US-Militärgeheimdienst DIA tätige Analystin hatte sich entschieden, ihr Wissen an das sozialistische Land weiterzugeben, um Kuba vor den Destabilisierungsmanövern der USA zu schützen. 16 Jahre lang wirkte die Puertoricanerin mit US-Pass als Whistleblowerin, bevor sie 2001 vom FBI verhaftet wurde und nur knapp der Todesstrafe entging. Anlässlich ihres 59. Geburtstags am 28. Februar entsandte ihr das kubanische Solidaritätskomitee den Gruß: »Dein Geburtstagsgeschenk sind die elf Millionen kubanischen Leben, die du durch deinen selbstlosen Einsatz geschützt hast.«

Ungezählte Geburtstagsgrüße aus aller Welt trafen für sie im texanischen »Federal Medical Center« Carswell ein. Wie viele davon Belén ausgehändigt wurden, ist nicht bekannt. Dass sie jedoch die wachsende Solidarität mitbekommt, wurde jetzt durch eine Angehörige aus Puerto Rico bestätigt. Ihre Cousine Miriam Montes hat Briefkontakt zu ihr und macht hin und wieder die weite Reise, um sie in dem Bundesgefängnis für Frauen nahe Fort Worth zu besuchen. In ihrem an die Solidaritätsbewegung gerichteten Schreiben vom 11. März, das junge Welt vorliegt, teilt Montes mit, ihre Cousine sei durch die »solidarischen Bemühungen in der ganzen Welt zu Tränen gerührt« gewesen und habe sich »geehrt« gefühlt.

Diese Unterstützung sei für sie unerwartet gekommen und habe sie »mit Hoffnung und Trost erfüllt«. Vor allem weil ihr die Solidaritätsbekundungen gezeigt hätten, »dass es Menschen gibt, die an die Brüderlichkeit zwischen den Völkern glauben, die Mitgefühl zeigen und Unterstützung für das, was die kubanische Regierung für ihr Volk und andere erreicht hat«. Indem Menschen sich Zeit dafür nahmen, »mir ihre Hand zu reichen, ein Lied oder ein Bild zu schicken«, habe sie »Liebe erfahren, die unermesslich« sei.

Veranstaltungen und Kundgebungen, Radiosendungen und Presseberichte gab es außer in Kuba und dem übrigen Ländern Lateinamerikas auch in den USA und Kanada. In Rio de Janeiro forderten die brasilianische Landarbeiterbewegung Movimiento Sin Tierras (MST) und andere Organisationen »Freiheit für die Internationalistin« und riefen: »Halte stand, Ana Belén!« Zum internationalen Frauentag am 8. März erreichte die First Lady der USA, Michelle Obama, eine Flut von Botschaften, in denen die Freilassung Beléns gefordert wurde.

In Beléns Heimat Puerto Rico wurde eine Arbeitsgruppe aus verschiedenen Menschenrechts- und Kuba-Solidaritätsgruppen sowie Initiativen der Unabhängigkeitsbewegung gebildet, die derzeit an einer Kampagne für die Freilassung von Ana Belén arbeitet. Diese wird eng in diese Überlegungen mit einbezogen. Sie wünsche sich eine Kampagne, die sich positiv auf die jüngsten Veränderungen in den Beziehungen zwischen den USA und Kuba bezieht. Davon sei ihr eigenes Handeln, das sie ins Gefängnis brachte, immer bestimmt gewesen. Es sei ihr eine Freude, »zu sehen, dass mein Traum heute Wirklichkeit wird«, zitiert ihre Cousine sie. Die Kampagne müsse von »der Brüderlichkeit unter den Völkern, von Solidarität mit dem kubanischen Volk, von Respekt und Toleranz« getragen sein und auf einen »Wechsel der Politik auf dem Gebiet der internationalen Beziehungen« abzielen. So hatte sie 2002 in ihrer Prozesserklärung vor dem US-Bundesgericht die obersten Maximen ihres Handelns beschrieben.

Ihre Haftbedingungen betreffend, ließ Belén über ihre Cousine mitteilen, sie sei vor allem »in den ersten 14 Monaten ihrer Haft vollständig isoliert gewesen«. Diese Bedingungen seien jedoch nach und nach verbessert worden. Sie könne heute Post und Besuche aus einem kleinen Kreis von Personen empfangen, von Verlagen direkt zugesandte Bücher und Zeitschriften lesen und TV-Dokumentarfilme und den Sender CNN sehen. Zur Zeit würde wegen der Verbesserung ihrer Haftbedingungen mit ihren Anwälten verhandelt.


Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Jürgen Heiser
Junge Welt, 21.03.2016