Kubas afrikanische Wurzeln

Erbe der aus Afrika verschleppten Sklaven: Roberto Chile fängt das Wesen des Volkes ein.

»Echando humo« (Rauch machen)

»Echando humo« (Rauch machen) steht am Beginn eines Dialogs mit den Geistern
Foto: Roberto Chile

Schnecken sprechen

Schnecken sprechen als Münder der Orishas (Götter)
Foto: Roberto Chile

Eine der bedeutendsten Säulen der kubanischen Kultur geht auf die aus Afrika stammenden und von Sklaven eingeführten Mythen zurück. »Der unglückliche Sklave wurde nackt nach Kuba verschleppt. Dort, wo er geboren wurde, musste er alles zurücklassen und konnte nichts materielles mitnehmen. Das einzige, was er mitbrachte, war in seinem Inneren«, schrieb der bekannteste Ethnologe der Insel, Fernando Ortíz. In ihrem nur in der Vorstellung existierenden Gepäck konnten die Afrikaner nur ihre Erinnerungen, Rituale, Tänze, Gesänge und Musik, ihre Sprachen und Religionen mit auf die Inseln im karibischen Meer nehmen, wo sie für immer ansässig wurden. Neben ihrer religiösen Bedeutung finden die Mythen nicht nur für die Gläubigen, sondern auch für große Teile des Volkes praktische Anwendung: Durch sie lassen sich viele Dinge des täglichen Lebens erklären. Kuba-Besuchern werden die afrikanischen Wurzeln des Landes oft folkloristisch nahegebracht und vereinfachend als »Santería« bezeichnet. Der Schriftsteller Miguel Barnet beschreibt die »Regla de Ocha« oder Santería und die »Regla de Palo Monte« umfassender als »Transkulturation von Elementen, die ihre Pflanzstätte in Kuba fanden und die uns mit einem kraftvollen Lebenssaft genährt haben, welcher der kubanischen Kultur eine ganz besondere Würze verleiht – und sie zu immer neuer Blüte bringt.«

Harmonie christlicher Kreuze und afrikanischer Riten

Harmonie christlicher Kreuze und afrikanischer Riten
Foto: Roberto Chile

Tanz des Feuers

Der Tanz des Feuers, dessen Orisha Changó (Santa Bárbara) ist
Foto: Roberto Chile

Ausdruck des Synkretismus

Ausdruck des Synkretismus, der Verschmelzung von Yoruba-Religion und Katholizismus
Foto: Roberto Chile

Sich von innen betrachtend

Sich von innen betrachtend
Foto: Roberto Chile

Lieder und Rituale kamen mit den Verschleppten nach Kuba

Lieder und Rituale kamen mit den Verschleppten nach Kuba
Foto: Roberto Chile

Santeros mit Zigarre

Santeros mit Zigarre, deren Rauch die Geister anziehen soll
Foto: Roberto Chile

Der Lesern der jungen Welt von der Rosa-Luxemburg-Konferenz und dem Fotokatalog »Fidel es Fidel« bekannte Dokumentarfilmer und Fotograf Roberto Chile hat die magischen und mystischen Wurzeln seines Landes in einer Ausstellung mit dem Titel »Raíces, magia y mística« dargestellt, die erstmals zum Internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember 2015 in Havannas Altstadt präsentiert wurde. Mit seinen Fotos bringt Chile den Betrachtern mit Engagement, Respekt und spürbarer Nähe die Rituale, Zeremonien, Symbole und die Spiritualität der wunderbaren Welt nahe, die der Synkretismus zwischen afrikanischen und christlichen Wurzeln erschuf. Magda Resik, Direktorin von Habana Radio, lobte Chiles jüngstes Werk als »Arbeit eines Chronisten des kubanischen Lebens, der damit unser Wesen eingefangen hat«. In Fortsetzung der Zusammenarbeit zwischen dem Fotografen und der jungen Welt zeigen wir hier exklusiv im deutschsprachigen Raum einen Teil davon.


Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
Junge Welt, 19.03.2016