USA lockern Blockade

Obama hat kurz vor seinem Besuch in Kuba einige wirtschaftliche Sanktionen aufgehoben.

Die US-Regierung hat vier Tage vor dem Besuch von Präsident Barack Obama im sozialistischen Kuba einige der seit über 50 Jahren gegen die Insel verhängten Sanktionen gelockert. Die vom Finanz- und Handelsministerium am Dienstag in Washington bekanntgegebenen Änderungen sind bereits am gestrigen Mittwoch in Kraft getreten. Danach darf das US-Bankensystem ab sofort Transaktionen von kubanischen Institutionen und Bürgern abwickeln. Das Land kann damit in seinen internationalen Handelsbeziehungen künftig auch US-Dollar nutzen.

Eine andere Erleichterung sieht vor, dass US-Bürger seit gestern auch individuelle Reisen nach Kuba unternehmen dürfen, sofern die Gründe dafür Bildungs- oder Kulturaustausch sind. Bisher waren nur organisierte Gruppenreisen unter strikten Auflagen erlaubt. Urlaubs- oder Erholungsreisen auf die Karibikinsel bleiben allerdings verboten und stehen in den USA weiterhin unter Strafandrohung, erklärte eine Sprecherin der Exportkontrollbehörde des US-Finanzministeriums.

Zum ersten Mal seit 1963 fand gestern wieder ein Postflug zwischen Kuba und den USA statt. Wegen der US-Blockade mussten Briefe und Pakete in den vergangenen 50 Jahren über Drittländer verschickt werden, was für Sender und Empfänger teurer, zeitaufwendiger und unsicherer war. Eine Einigung über die Wiederaufnahme des direkten Postverkehrs war bereits im Dezember letzten Jahres erzielt worden.

Wie die Nachrichtenagentur Associated Press am Mittwoch berichtete, bereitet Washington derzeit die Lockerung weiterer Einschränkungen vor, die von der Obama-Administration ohne Zustimmung des Kongresses geändert werden können. Dazu soll unter anderem das sechsmonatige Einlaufverbot in US-Häfen für Schiffe gehören, die in Kuba festgemacht haben. Kubaner, die sich vorübergehend in den USA aufhalten, dürfen dort künftig legal arbeiten und Geld verdienen. Außerdem würde schon bald mit einer Genehmigung Washingtons für US-Hotelketten gerechnet, die in Kuba in touristische Einrichtungen investieren wollen. Unternehmen wie Starwood und Marriot hätten entsprechende Anträge bereits gestellt.

Obwohl die Mehrheit der US-Bevölkerung den Entspannungsgesten positiv gegenüber steht, spuckten antikommunistische Contras in den USA wieder einmal Gift und Galle. So beklagte die republikanische Kongressabgeordnete Ileana Ros-Lethinen aus Florida laut der Tageszeitung Nuevo Herald, dass jetzt »noch mehr Geld in die Taschen des Regimes« flösse, obwohl »die Unterdrückung in Kuba zunimmt«. Ihr Kollege, der Abgeordnete Reid Ribble aus Wisconsin, empört sich über diejenigen in den USA, die »mit dem Teufel tanzen, um ein paar Dollar zu verdienen«.

Während westliche Agenturen, wie etwa die deutsche dpa, die in Kraft getretenen Veränderungen bereits euphorisch als »neue große Geste der Annäherung« feierten, reagierten die Medien in Kuba darauf zwar grundsätzlich positiv, zugleich aber auch zurückhaltend. Die Abendnachrichten des Fernsehsenders Cubavisión würdigten am Dienstag, dass die Maßnahmen zwar »ein weiterer Schritt auf dem Weg« seien, die »Beziehungen zu verändern«, ihre tatsächliche Bedeutung aber noch abgewogen werden müsse. Der Beitrag erinnerte daran, dass Washington zuvor bereits drei Maßnahmenpakete zur Lockerung von Sanktionen verabschiedet habe, deren Auswirkungen jedoch begrenzt seien. Die Tageszeitung Granma stellte dazu fest, dass das »Haupthindernis auf dem Weg zur Normalisierung der Beziehungen« die seit über 50 Jahren von den USA gegenüber Kuba aufrecht erhaltenen Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade sei.

US-Präsident Barack Obama wird am Sonntag, als erstes Staatsoberhaupt der USA seit 1928, in Begleitung seiner Ehefrau Michelle und eines Trosses von 20 Kongressabgeordneten, weiteren Politikern und Wirtschaftsvertretern zu einem dreitägigen Kuba-Besuch in Havanna erwartet. Neben offiziellen Gesprächen, unter anderem mit Präsident Raúl Castro, steht auch das Baseballspiel einer kubanischen Auswahl gegen das US-amerikanische Team »Tampa Bay Rays« im frisch renovierten Stadion Latinoamericano auf seinem Programm. Spekuliert wird derzeit noch darüber, ob Obama auch von Revolutionsführer Fidel Castro empfangen werden wird.


Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Volker Hermsdorf
Junge Welt, 17.03.2016