Abkommen in Havanna unterzeichnet. Touristen aus den »Staaten« müssen sich weiter gedulden.
Nach mehr als 50 Jahren sollen zwischen Kuba und den USA vom Herbst dieses Jahres an wieder regelmäßige Linienflüge durchgeführt werden. Das sieht ein von Vertretern beider Länder am Dienstag (Ortszeit) im Hotel National der kubanischen Hauptstadt unterzeichnetes Luftverkehrsabkommen vor. Danach dürfen US-Gesellschaften ab Sommer pro Tag 110 Flüge nach Kuba anbieten. Vorgesehen sind täglich 20 Verbindungen nach Havanna und jeweils zehn Flüge zu den neun weiteren internationalen Flughäfen der Insel. Als eine der ersten US-Fluggesellschaften beantragte Delta-Air-Lines bereits am Dienstag eine Lizenz. Am gleichen Tag meldeten auch die Gesellschaften JetBlue, United Airlines und American Airlines ihre Absicht zur Aufnahme von regelmäßigen Kuba-Flügen an.
Mit der vor mehr als einem halben Jahrhundert von den USA gegen Kuba verhängten Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade hatte Washington den Flugverkehr dorthin zunächst völlig eingestellt. Ab 1977 wurden dann Charterverbindungen zwischen beiden Ländern, jedoch in geringerer Zahl und unter strikten Auflagen zugelassen. Die Anbieter nutzen das ihnen durch die Sanktionen von der US-Regierung verschaffte Monopol bisher gnadenlos aus. So werden die Passagiere für den knapp halbstündigen Flug von Miami nach Havanna und zurück mit Mondpreisen zwischen 400 und 500 US-Dollar (448 Euro) zur Kasse gebeten. Da die Charterflüge nach dem Abkommen auch weiterhin neben dem Linienverkehr angeboten werden können, dürften die Tarife demnächst kräftig fallen.
Die kubanische Gesellschaft Cubana de Aviación profitiert vorerst noch nicht von der Vereinbarung, soll nach Abschaffung entsprechender Restriktionen, die ein Vertreter Washingtons bereits angekündigt hat, in ferner Zukunft aber ebenfalls Ziele in den Vereinigten Staaten anfliegen dürfen. Mit explodierenden Besucherzahlen ist jedoch nicht zu rechnen, denn US-Bürger können sich noch nicht auf touristische Reisen nach Kuba freuen. Die stehen in ihrem Lande weiterhin unter Strafe. Washingtons Bockaderegelungen schreiben vor, dass Besucher aus dem »Land of the free« für Reisen auf die sozialistische Insel eine Sondergenehmigung beantragen müssen.
Veröffentlichung |
Volker Hermsdorf, Havanna
Junge Welt, 18.02.2016