Steinmeier, Mauer auf!

Linke fordert bessere Beziehungen zu Kuba. Gastkommentar.

Die deutsche Kuba-Politik wirkt derzeit schon etwas schizophren. Da sehen wir im vorigen Sommer Bilder von Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Havanna, das Jackett lässig über die Schulter geworfen. Wenige Monate später flaniert Steinmeiers SPD-Genosse Sigmar Gabriel durch die Gassen der kubanischen Hauptstadt, eine 60köpfige Unternehmerdelegation im Schlepptau. Erst angesichts der Normalisierung der Beziehungen zu den USA trauten sich die beiden Sozialdemokraten nach Havanna. Zugleich beharrt Steinmeiers Außenamt in den Verhandlungen um ein Abkommen zwischen dem sozialistischen Karibikstaat und der EU – gemeinsam mit den neuen Rechten Osteuropas – auf Vorgaben für Kubas Innenpolitik. Man will mit dem Land Geschäfte machen, Havanna aber weiterhin die eigenen Ansichten aufzwingen.

Gegen diese, gelinde gesagt, unehrliche Politik legt die Fraktion Die Linke heute im Plenum des Bundestags einen Antrag vor. Das Papier macht Vorschläge für eine wirklich neue Kuba-Politik. Die Bundesregierung könnte die erfolgreiche medizinische Kooperation Kubas, etwa mit Staaten wie Haiti, unterstützen, in denen der Westen humanitär versagt hat. Oder sie könnte endlich gegen die illegale Durchsetzung der US-Blockadegesetze auch gegen deutsche Unternehmen vorgehen, die sie bislang alleine gelassen hat.

Fakt ist: Die Gespräche über ein Abkommen für politischen Dialog und Zusammenarbeit müssen von seiten der EU jetzt mit der gleichen Offenheit geführt werden, wie sie nach Angaben von Verhandlungsteilnehmern auf kubanischer Seite angegangen werden. Dazu ist es notwendig, dass die Bundesregierung ihre Blockadehaltung aufgibt und die von ihr in den vergangenen Jahren mit errichteten politischen Mauern einreißt.

Der 1996 von der rechtskonservativen spanischen Führung in Absprache mit den USA durchgesetzte »Gemeinsamen Standpunkt« ist heute tatsächlich ein Hauptstreitpunkt zwischen den EU-Mitgliedsstaaten. Nicht ohne Grund, denn das Papier will Kuba letztlich einen politischen Systemwechsel aufzwingen. Dass dies untragbar ist, zeigt sich auch daran, dass weit über ein Dutzend EU-Staaten inzwischen bilaterale Abkommen mit Kuba getroffen haben. Die Bundesregierung aber besteht auf dem antiquierten Standpunkt.

Tatsächlich ist in den Verhandlungen zwischen der EU und Kuba inzwischen allen Beteiligten klar, dass von Brüssel und einigen Mitgliedsstaaten mit zweierlei Maß gemessen wird. Während eine Minderheit um Deutschland und wenige osteuropäische Staaten das Thema der Menschenrechte im sozialistischen Kuba aus einer antikommunistischen Attitüde heraus instrumentalisiert, unterhält die Bundesregierung rege Kontakt zu Mexiko, wo der Staat in Massaker verstrickt ist, und zu Kolumbien, wo Gewerkschafter, Journalisten und Menschenrechtsaktivisten täglich um ihr Leben fürchten müssen. Diese Haltung ist beschämend. Es ist an der Zeit, sie zu ändern.


Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Veröffentlichung
mit freundlicher Genehmigung von

junge Welt

Heike Hänsel, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Bundestag
Junge Welt, 18.02.2016