Eine US-Investition auf Kuba zeigt exemplarisch den historischen Wandel der Beziehungen.
Erstmals seit einem halben Jahrhundert hat Washington wieder eine US-Investition in Kuba genehmigt. Der Traktorbauer Cleber aus Alabama darf eine Fabrik in dem sozialistischen Land errichten.
Oggun soll der kleine Traktor heißen, den die US-amerikanische Firma Cleber aus Alabama in Kuba bauen will. Oggun ist in der Voodoo-ähnlichen Santería-Religion auf Kuba der Geist der Eisenwerker und Schmiede. Die Regierungen in Washington und Havanna schmieden derzeit an einer Brücke, über die auch Investitionskapital aus den USA in den sozialistischen Inselstaat fließen soll.
Die Eigner der Cleber-Traktorenfabrik in Paint Rock in Alabama, Horace Clemmons und Saul Berenthal, wollen in der Sonderwirtschaftszone Mariel bei Havanna eine Fabrik aufbauen, die jährlich 1000 kleine Traktoren fertigen soll. Dort sollen kubanische Arbeiter beschäftigt werden, während Cleber technisches und Managementwissen beisteuert. Mit ihrer Millioneninvestition wollen beide Kuba helfen. »Alle wollen nach Kuba, um dort etwas zu verkaufen. Wir nicht«, sagt Clemmons. Man wolle dort Probleme lösen. Auf Dauer werde das für beide Seiten gewinnbringend sein.
Der Traktor »Oggun« soll nur einen 25 PS starken Motor haben und weniger als 10 000 Dollar kosten. 70 Prozent der kubanischen Bauern hätten kleine Betriebe. Dafür soll das Modell sein, nicht für große Agrargenossenschaften. »Kleinbauern brauchen einen kleinen billigen Traktor, der auf dem Feld oder im Dorf repariert werden kann«, so Clemmons.
Die kubanische Regierung hat das Projekt genehmigt, weil sie den Kleintraktor bei Erfolg auch in andere lateinamerikanische Länder exportieren will. Miteigentümer Berenthal sagte, Cleber wolle später auch anderen Firmen bei der Ansiedlung in Kuba behilflich sein. »Wir wissen jetzt, wie es geht«, betonte er.
Auch der große US-Traktorenfabrikant Caterpillar will nach Kuba. Dort soll nicht produziert werden. Die Traktoren sollen über Puerto Rico dorthin verkauft werden.
Nach der kubanischen Revolution 1959 unter Fidel Castro - der immer noch lebt, aber als Staatschef von Bruder Raúl abgelöst worden ist - wurde die Wirtschaft verstaatlicht und US-amerikanischer Besitz auf der Insel enteignet. Die Folge war ein striktes Wirtschaftsembargo. Erst im Dezember 2014 kündigten Präsident Barack Obama und Präsident Raúl Castro das Ende der Eiszeit an. Seit August 2015 gibt es wieder eine US-Botschaft in Havanna. Und die Regierung Obama nutzt alle Schlupflöcher in dem offiziell weiterbestehenden Embargo, um Möglichkeiten für Handel und Investitionen zu schaffen.
US-Unternehmen zeigen hohes Interesse an Investitionen auf der Insel nur 140 Kilometer vor der Küste Floridas. »Das Interesse an Kuba hat Ausmaße erreicht, wie wir sie seit einer Generation nicht mehr gesehen haben«, sagt Doug McGraw, Sprecher von JetBlue Airways dazu. Nach Angaben der US-Regierung fliegen jährlich rund 160 000 US-Bürger mit Privatflugzeugen nach Kuba. Offiziell ist das nicht erlaubt, aber es gibt einige Ausnahmen, etwa »zur Verbreitung von Information für das kubanische Volk«. Am Dienstag wurde auch bekannt gegeben, dass wieder direkte kommerzielle Flüge USA-Kuba stattfinden dürfen.
John Dyer, Boston
Neues Deutschland, 17.02.2016