Bienvenido, Compañero Gerardo !
Bis vor einem Jahr sah es danach aus, dass der am 4. Juni 1965 in Havanna geborene Aufklärer Gerardo Hernández Nordelo nie mehr frei und in seiner Heimat Kuba sein würde.
Nach dem Willen der US-Behörden sollte er im Gefängnis sterben. Am 12. Dezember 2001 hatte ihn ein Gericht in Miami zu einer Strafe von zweimal Lebenslänglich plus 15 Jahren verurteilt. Zusätzlich zur Anklage wegen »Konspiration« und »Konspiration zur Verübung von Spionage« war Gerardo – als einziger der »Cuban Five« - auch wegen »Konspiration zur Verübung von Mord« angeklagt worden. Ihm wurde der Tod von vier Piloten der Terrororganisation »Hermanos al Rescate« (Brüder zur Rettung) angelastet, deren Flugzeuge am 24. Februar 1996 nach wiederholtem Eindringen in den kubanischen Luftraum abgeschossen worden waren. Obwohl gerade Gerardo und seine Anwälte alle Vorwürfe widerlegen konnten und die Anklage keine Beweise vorlegte, wurde Havannas Kundschafter schuldig gesprochen und verurteilt. Die Contra-Gemeinde in Miami jubelte. Zum Abschluss des Prozesses zitierte Gerardo vor Gericht den Helden der USA, Nathan Hale, der 1776 unter dem Vorwurf ein Spion zu sein, von den Engländern gehängt worden war und auf dem Weg zum Galgen gesagt hatte: »Ich habe nur zu bedauern, dass ich nur ein Leben habe, welches ich meinem Land schenken kann.«
Während seine Genossen René González und Fernando González nach Verbüßung der Strafen in ihre kubanische Heimat zurückkehren konnten und das lebenslange Strafmaß für Antonio und Ramón in Revisionsverfahren reduziert wurde, blieben die Aussichten für Gerardo düster. Nach dem Willen der US-Justiz sollte Antonio Guerrero erst 2020 entlassen werden und Ramón Labañino 2028. Gerardo Hernández sollte nie freikommen. Die Haftbedingungen waren grausam. Seiner Ehefrau Adriana Pérez O'Connor, mit der er seit 1988 verheiratet ist, wurde verweigert, ihn besuchen zu können. Das Ehepaar sollte kinderlos bleiben, die Familie ausgelöscht werden.
Im Zuge der monatelangen Geheimverhandlungen über einen Gefangenenaustausch wurde Gerardo von den US-Behörden dann aber im Jahr 2014 erlaubt, Sperma für eine künstliche Befruchtung abzugeben. Am Morgen des 6. Januar 2015, 20 Tage nach Gerardos Ankunft in Kuba, brachte Ehefrau Adriana um 8:30 in Havanna ein gesundes Mädchen zur Welt. Er sei jetzt »überglücklich«, sagte der Vater aufgeregt und fügte hinzu: »Ich hätte mir ein solches Glück nicht vorstellen können.« Am 9. Januar 2016 wird Gerardo Hernández auf der XXI. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin begrüßt.
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Volker Hermsdorf
Junge Welt, 17.12.2015