37. Internationales Festival des Neuen Lateinamerikanischen Films in Havanna
Kubanisches Filmschaffen mit neun Spielfilmen vertreten
Für das Publikum der Hauptstadt stellt das jährlich stattfindende Internationale Festival des Neuen Lateinamerikanischen Films einen kulturellen Höhepunkt dar. Wenn die am Wettbewerb teilnehmenden Filme laufen, bilden sich lange Schlangen vor den Kinos.
Regisseuren aus ganz Lateinamerika dient das Festival als echter Gradmesser dafür, ob ihr Werk funktioniert oder nicht.
Das kubanische Filmschaffen ist in diesem Jahr stark im Festival vertreten. Neun kubanische Werke wurden in der Kategorie Spielfilm für den Wettbewerb ausgewählt, sowohl Filme des Kubanischen Instituts für Filmkunst und Filmindustrie (ICAIC) als auch unabhängige Produktionen.
Mit dem Film Cuba Libre nimmt Jorge Luis Sánchez das Ende des spanisch-kubanisch-US-amerikanischen Krieges im 19. Jahrhundert ins Visier. Anhand des Verhaltens zweier kubanischer Jungen werden Ereignisse gezeigt, in denen die drei Armeen zusammentreffen. Schon 1998 hatte Sánchez das Drehbuch geschrieben. Nach zwei vorangegangenen Versuchen wurde das Projekt im Jahr 2012 genehmigt und die Dreharbeiten begannen im Jahr 2013.
Die Umsetzung des Drehbuchs war eine große Herausforderung, da es sich um einen historischen Film handelt und es galt, die damalige zeit authentisch auf den Bildschirm zu bringen. Einen großen Anteil daran hatte der Kubanische Fonds für Kulturgüter als Mitproduzent.
In Vuelos prohibidos (Verbotene Flüge) von Rigoberto López lernen sich auf einem Pariser Flughafen die 35jährige Pariserin Monique, die einen kubanischen Vater hat, den sie nicht kennt, und der 50jährige Kubaner Mario, auf der Rückreise nach Kuba kennen. Für beide wird es zu einer Reise, bei der sie zu sich selbst finden.
Ein weiterer ICAIC-Film ist Bailando con Margot (Tanzen mit Margot) von Arturo Santana, eine Koproduktion mit Venezuela. Am 31. Dezember 1958 untersucht ein Detektiv den Diebstahl eines Gemäldes im Haus einer wohlhabenden Witwe. Zwischen Untersuchungen und gemeinsamen Tanz entwickelt sich eine Beziehung und die Geschichte des Hauses und der Familie kommt zum Vorschein. Die Ankunft der "Bärtigen" in Havanna ändert die Bedeutung der Dinge.
In La cosa humana (Das Menschliche) von Gerardo Chijona stiehlt ein junger Ganove, der gern Schriftsteller wäre, einem angesehenen Autor ein Manuskript. Er verändert die Erzählung und reicht sie bei einem angesehenen Wettbewerb ein.
Eine der unabhängigen Produktionen ist der Film El acompañante (Der Begleiter) von Pavel Giroud, zu dessen Finanzierung Einrichtungen aus Frankreich, Panama, Venezuela und Kuba beigetragen haben. Die Hauptrolle spielt der bekannte Sänger der Gruppe Orishas, Yotuel Romero. Der Film handelt von den Anfangszeiten von Aids in Kuba, als die HIV-positiv getesteten Personen in die Spezialklinik Los Cocos eingewiesen wurden. Einmal in der Woche durften sie Familie, Partner oder Freund besuchen, aber unter Aufsicht eines „Begleiters“. Diesen Job übernahmen Krankenpfleger, Medizinstudenten oder andere Leute, die auf die gute Bezahlung aus waren …
Alejandro Guerrero (Simón) und Christian Sánchez (Samuel) in Cuba Libre |
Mirta Ibarra und Edwin Fernández |
Carlos M. Quintela stellt La obra del siglo (Das Jahrhundertwerk) vor. In seinem Film geht es um die Gegenüberstellung von Ansichten dreier Generationen einer Familie, die in der gleichen Wohnung leben, Angesiedelt ist der Film in der Ciudad Nuclear, Provinz Cienfuegos, wo mit dem Verschwinden der UdSSR das erste Atomkraftwerk der Karibik unvollendet blieb. Der Film ist bereits auf internationalen Festivals wie in Toulouse, Rotterdam und München lobend erwähnt worden. Finanzielle Unterstützung fand Quintela in Kuba, Argentinien, Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden und Norwegen.
Unter den Erstlingswerken konkurrieren drei weitere kubanische Spielfilme: Espejuelo oscuros (Dunkle Brillen) von Jessica Rodríguez (ein Gauner sucht Unterschlupf bei einer blinden Frau), Caballos (Pferde) von Fabián Suárez (der junge Fotograf Robi muss sich zwischen seinem besten Freund Salomón und der Sängerin Galaxia entscheiden) und Café amargo (Bitterer Kaffee) von Rigoberto Jiménez (in den 50er Jahren leben vier Schwestern allein auf einer Kaffeeplantage im Sierra Maestra Gebirge, bis ein junger Mann auftaucht und ihr Leben verändert).
Auch zwei Dokumentarfilme und drei Trickfilme nehmen von kubanischer Seite in der jeweiligen Kategorie teil.
Um die begehrten Korallen-Preise streiten insgesamt 135 Filme, unterteilt in Spielfilme (23), Erstlingswerke (21), Dokumentarfilme (36), Trickfilme (33) und Kurzfilme (22), ebenso wie 24 unveröffentlichte Drehbücher und 24 Plakate.
Aber das Festival ist mehr als der Wettbewerb. Insgesamt sind dort 444 Filme zu sehen, wie immer auch eine Auswahl deutscher Filme. Dazu kommen Vorträge, Ehrungen und Ausstellungen. Erlebnisreiche Tage für das Publikum in Havanna.
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Mireya Castañeda
Granma Internacional, 15.12.2015