Herausforderung Klimawandel
Der Klimawandel stellt die größte umweltpolitische Herausforderung für die Menschheit dar.
Die 21. Weltkonferenz der Vertragsparteien findet im Dezember in Paris statt |
Im Dezember wird in Paris die 21. UN-Klimakonferenz (COP 2) stattfinden. Eines der Hauptziele des Treffens ist es, eine Vereinbarung zu erreichen, die ein Vor- und Nachher im Kampf gegen den Klimawandel markiert.
Ramón Pichs-Madruga, Doktor der Wirtschaftswissenschaften, stellvertretender Leiter des kubanischen Forschungszentrums der Weltwirtschaft (CIEM) und Präsidiumsmitglied des Weltklimarates der Vereinten Nationen IPCC (UN Intergovernmental Panel on Climate Change – Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaveränderungen), hob hervor, dass es wichtig sei, eine globale und verbindliche Vereinbarung zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu erreichen.
Der Doktor der Wirtschaftswissenschaften Ramón Pichs-Madruga hob hervor, dass es wichtig sei, eine globale und verbindliche Vereinbarung zur Reduzierung der Treibhausgaseimissionen zu erreichen. Foto: Bohemia |
In einem Interview mit Radio Habana Cuba sagte Dr. Pichs-Madruga, dass die Konferenz in einem Kontext stattfinde, in dem sich die bisherigen Fortschritte als unzureichend erwiesen hätten. "Bisher war es ein Prozess, der in zwei Geschwindigkeiten ablief: einerseits die Wissenschaft des Klimawandels, die in einem rasanten Tempo voranschreitet, mit genauen Forschungsberichten und Analysen, welche die Auswirkungen, Ursachen und Folgen von Treibhausgasemissionen sowie die Bewältigungsstrategien von Ländern zur Begegnung dieser Situation eigen; und auf der anderen Seite die multilateralen politischen Verhandlungen, die sich in einem langsameren Tempo bewegen."
"Die Ergebnisse waren daher begrenzt, sie liegen deutlich unter den Erwartungen und den Anforderungen, die die Wissenschaft als Option vorlegt, um unter Berücksichtigung der Herausforderungen durch den Klimawandel den Weg der nachhaltigen Entwicklung zu beschreiten".
Ein wenig Geschichte …
Die durch das menschliche Wirken verursachten Treibhausgase stellen eine Herausforderung dar, die von der ganzen Menschheit bewältigt werden muss |
Hauptziel von Paris 2015 ist es, die globale Erwärmung bei unter 2°C zu halten. Adelie-Pinguine auf einem Eisberg im südlichen Ozean vor der australischen Antarktis, 4. März 2007 |
Bilder vom Himalaya im Zeritabstand von nur 50 Jahren. Die Gletscher in niedrigerer Höhe sind verschwunden und die noch vorhandenen haben die Hälfte ihres Volumens verloren |
Vor mehr als einem Jahrzehnt traten die meisten Länder der Rahmenkonvention der Vereinten Nationen über Klimaveränderungen bei, um die globale Erwärmung zu reduzieren und Maßnahmen zur Bewältigung der unvermeidlichen Temperaturerhöhungen zu ergreifen.
Im Jahr 1997 vereinbarten die Regierungen, eine Klausel in den Vertrag aufzunehmen, die als Kyoto-Protokoll bekannt ist. Es enthielt rechtlich bindende Maßnahmen und verpflichtete dazu, im Zeitraum 2008-2012 die Emissionen von Kohlendioxid (CO2) um 5% zu senken.
"Mit diesem Protokoll wurde eine quantitative Verpflichtung zur Reduzierung der Treibhausgase verabschiedet, vor allem für die hochindustrialisierten Länder", erklärt Ramón Pichs-Madruga.
"Die erste Periode des Protokolls endete im Jahr 2012, als neue Verpflichtungen festgelegt wurden, die 2013 wirksam werden sollten. Dazu ist es aber nicht gekommen, da verschiedene Länder sie nicht ratifizierten. Dies zeigt, wie langsam und fragmentiert der Prozess der multilateralen Verhandlungen in dieser Hinsicht gewesen ist."
Eines der wichtigsten Ergebnisse der Konferenz der Vertragsparteien der UN-Rahmenkonvention zum Klimawandel im Jahr 2011 in Durban, Südafrika, sei die Annahme der sogenannten Durban-Plattform gewesen, nach der im Jahr 2015 ein globales Abkommen zur Abschwächung des Klimawandels erreicht werden soll, das im Jahr 2020 in Kraft treten würde.
Deshalb erwecke die Pariser Konferenz große Erwartungen, erläutert Pichs-Madruga.
IPCC: Organisation ohne Grenzen
Der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaveränderungen (IPCC) wurde 1988 gegründet, um eine umfassende Bewertung des Stands der wissenschaftlichen, technischen und sozioökonomischen Kenntnisse über den Klimawandel, seine Ursachen, mögliche Auswirkungen und Gegenstrategien bereitzustellen.
Alle sieben Jahre erstellt diese internationale Organisation Sachstandsberichte, in denen der wissenschaftliche Erkenntnisstand der Klimaforschung zusammengefasst und den Regierungen eine Reihe von Optionen vorgelegt wird, ohne politische Empfehlungen zu machen.
Die Bedeutung dieses Organs und seiner Berichte über den Stand der Klimaforschung in Bezug auf Auswirkungen, Minderung und Anpassung ist von entscheidender Bedeutung, um den Politikern genaue Informationen zukommen zu lassen, die ihr Handeln leiten können, vor allem, wenn das Erreichen eines globalen Klimapaktes kurz bevorsteht.
Derzeit ist der Fünfte Sachstandsbericht gültig, der Ende 2014 von mehr als 800 Wissenschaftlern aus 85 Ländern der Organisation erstellt wurde, die auf drei Arbeitsgruppen verteilt sind; (I) Naturwissenschaftliche Aspekte des Klimasystems und des Klimawandels, (II) Sensibilität er sozio-ökonomischen und natürlichen Systeme hinsichtlich der Klimaveränderung, Konsequenzen des Klimawandels und Anpassungsstrategien und (III) Klimaschutz.
Im Vergleich zu früheren Berichten wird in diesem mehr Wert auf die Beurteilung der sozio-ökonomischen Aspekte des Klimawandels und seiner Auswirkungen auf die nachhaltige Entwicklung, auf regionale Aspekte, Risikomanagement und die Entwicklung einer Reaktion durch Anpassung und Minderung gelegt.
Im Bericht wird davor gewarnt, dass die fortgesetzte Emission von Treibhausgasen eine weitere Erwärmung und dauerhaft Veränderungen in allen Komponenten des Klimasystems verursachen werde, wodurch die Wahrscheinlichkeit weit verbreiteter und tiefgreifender Auswirkungen, die alle ebenen der Gesellschaft und der Natur betreffen, zunehme.
Laut Ramón Pichs-Madruga "enthält der Fünfte Bericht drei Schlüsselbotschaften. Eine ist, dass die Erwärmung des Klimasystems erwiesen ist, und es immer mehr Beweise dafür gibt, dass das menschliche Wirken die vorherrschende Ursache der Emissionen von Treibhausgasen ist.
Die zweite wichtige Botschaft ist, dass bei Fehlen signifikanter Reaktionsmaßnahmen, und wenn die Emissionen weiter steigen, die Auswirkungen des Klimawandels immer stärker, extremer und weiter verbreitet sein werden.
Und die dritte Botschaft ist, dass es noch Lösungsmöglichkeiten für dieses Problem gibt, es aber erforderlich ist, sofort zu handeln, denn in dem Maße, in dem eine solche Maßnahme verzögert wird, werden sich die Kosten und die damit verbundenen Risiken erhöhen."
Der kubanische Ökonom versichert, es gebe Möglichkeiten zur Anpassung an den Klimawandel. "Mit rigorosen Abschwächungsmaßnahmen kann erreicht werden, dass die Auswirkungen in einem vertretbaren Rahmen bleiben. In diesem Sinne wären Maßnahmen zur Reduzierung der Energieintensität sehr wichtig, was weniger Kohlenstoffabstoß in die Atmosphäre gleichkäme."
Eines der Ziele, das seit 2010 in multilateralen Verhandlungen diskutiert wird, besteht darin, die Temperaturerhöhung gegenüber der vorindustriellen Periode unter 2°C zu halten.
Ramón Pichs-Madruga erklärt, dass dazu bis 2050 eine signifikante Reduktion der Treibhausgasemissionen von zwischen 40 und 70 Prozent gegenüber 2010 erforderlich wäre.
"Es ist ein schwieriges Ziel, das in wirtschaftlicher, technologischer und institutioneller Hinsicht große Anstrengungen erfordert, aber noch ist es möglich, es zu erreichen. Dies wird jedoch nicht für immer so sein; entweder wir handeln jetzt oder wir verlieren diese Möglichkeit, das Aktionsfenster reduziert sich schnell", erläutert er.
"Deshalb betont der IPCC die Notwendigkeit von Sofortmaßnahmen, denn wenn die Aktionen weiter aufgeschoben werden, werden die Risiken und Kosten in Zukunft noch höher sein. Es ist klar, dass die Investitionen für den Klimaschutz Geld kosten, aber die Kosten der Untätigkeit sind weit höher als die Kosten, die die Strategien der Bekämpfung des Klimawandels haben können", sagt der kubanische Forscher.
Seit 64 Jahren werden beispiellose Veränderungen beobachtet, die es in den vergangenen Jahrhunderten und Jahrtausenden nicht gab. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass sich die Atmosphäre und der Ozean aufgewärmt haben, sich das Volumen von Schnee und Eis verringert hat, der Meeresspiegel gestiegen ist und die Konzentration von Kohlendioxid sich auf ein Niveau erhöht hat, das es seit mindestens 800.00 Jahren nicht gegeben hat.
In Richtung Paris 2015
Nach dem Scheitern von Kopenhagen '09, dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls im Jahr 2012, der Zusage in Cancún 2010, die Barriere von 2°C nicht zu überschreiten, und dem Bericht des IPCC (2014) ist international vereinbart worden, dass in Paris 2015 eine globale, rechtlich verbindliche Vereinbarung über Emissionsreduktion erzielt werden müsse.
Diese Konferenz gilt als ein Wendepunkt, da sie in ein internationales Klimaabkommen münden sollte, das ermöglicht, die globale Erwärmung auf eine Höhe von weniger als 2°C zu beschränken.
Leider hätten, laut Ramón Pichs-Madruga, "bis jetzt die Beiträge der Länder nicht ausgereicht, um dem Ziel, die Temperaturerhöhung unter 2°C zu halten, näher zu kommen".
Schon auf der Konferenz von Durban im Jahr 2011 wurde festgestellt, dass 2015 ein globales Abkommen abgeschlossen werden sollte, um dem Klimawandel entgegenzuwirken, Deshalb ist die Konferenz von Paris ein von allen Ländern ersehntes Treffen.
Historisch gesehen waren die Konferenzen der Vertragsparteien des UN-Rahmenabkommens über Klimaveränderungen stets ein Raum, in dem die Auseinandersetzungen zwischen den Positionen des Nordens und des Südens sehr präsent waren.
"Leider sind die größten Verlierer in der Regel diejenigen, die am wenigsten zu dem Problem beigetragen haben. Die am meisten Gefährdeten sind in der Regel die ärmsten Regionen, wo es an Möglichkeiten fehlt, vielen der Phänomene des Klimawandels zu begegnen", sagt er.
Kuba und der Klimawandel
"Unser Land hat historische Beitrage zur Bekämpfung des Klimawandels geleistet, ohne ein großer Emittent von Treibhausgasen zu sein. Auf der Insel gibt es ein hohes Maß an politischem Willen in dieser Frage, der eine hohe Priorität eingeräumt wird.
Kuba hat bedeutende Fortschritte in den Anpassungs- und Minderungsmaßnahmen sowie der internationalen Zusammenarbeit gemacht", sagt Pichs-Madruga.
"Was die Anpassung betrifft, verfügen wir über ein anerkanntes Warn- und Reaktionssystem für Witterungsunbilden und extreme Wetterlagen; es wurden erhebliche Investitionen getätigt, um die Landwirtschaft beständiger gegen hohe Temperaturen zu machen; es wurde auf eine bessere Nutzung des Wassers durch Transferanlagen hingearbeitet und die Kampagnen, Forschungsarbeiten und Studien verleihen diesem Thema weiterhin Priorität.
In Bezug auf die Eindämmung führt Kuba ein Programm zur Nutzung von erneuerbaren Energiequellen durch, und seit 2005 wurden im Rahmen der Energiewende Maßnahmen von entscheidender Bedeutung für die Verringerung der Energieintensität und damit der Kohlendioxid-Emissionen durchgeführt", führt der Fachmann weiter aus.
Kuba hat in der Arbeit des IPCC seit dessen Gründung einen offenkundigen Beitrag geleistet. An der Erstellung des Fünften Sachstandsberichts haben sechs kubanische Autoren mitgearbeitet, darunter Ramón Pichs-Madruga.
Der kubanische Ökonom hat seit 1997 mit dieser Gruppe zusammengearbeitet, vor allem im Büro dieser internationalen Organisation. 2008 wurde er zum Ko-Präsidenten der Arbeitsgruppe 3 gewählt, die für den Klimaschutz zuständig ist.
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Liset Fernández Cáceres
Granma Internacional, 15.11.2015