Vor 55 Jahren
Kuba verfügt Nationalisierung
Als Teil seiner wirtschaftlichen Aggression gegen das kubanische Volk verfügte die Regierung Dwight D. Eisenhowers die Senkung der Kuba im US-Markt zustehenden Zuckerquote. Das Gesetz wurde erlassen, um in den Worten Fidels "die Wirtschaft unseres Landes zu zerstören, uns dem Hunger auszuliefern und unser Volk auf die Knie zu zwingen".
Wie man die USA bereits vorgewarnt hatte, stimmte der Ministerrat der Revolutionären Regierung als Antwort auf die von der US-Regierung getroffenen Entscheidung dem Nationalisierungsgesetz zu, in dessen erstem Artikel der Präsident der Republik und der Premierminister ermächtigt wurden, dass sie "gemeinsam mittels Beschlüssen, falls sie die für die Verteidigung des nationalen Interesses für geboten erachten, die Nationalisierung durch gewaltsame Enteignung der Güter oder Unternehmen, die Eigentum von natürlichen oder juristischen Staatsangehörigen der Vereinigten Staaten sind, oder von Unternehmen, an denen besagte Personen beteiligt sind, auch wenn diese in Übereinstimmung mit kubanischen Gesetzen errichtet wurden. Verfügen mögen". (1)
Eine schlechte Nachricht für den Yanqui-Imperialismus
Beim Abschluss des I. Lateinamerikanischen Kongress der Jugend im Cerro Stadion verkündet Fidel die Verstaatlichung der US-Unternehmen in Kuba. Auf dem Foto von links nach rechts: Juan Almeida Bosque, Osvaldo Dorticós und Efigenio Ameijeiras |
Am Nachmittag des 6. August 1960 füllten sich alle Stufen des Cerro Stadions des heutigen "Estadio Latinoamericano", mit Zehntausenden Bürgern Havannas in Vertretung des kubanischen Volkes und mit Hunderten von Jugendlichen Unseres Amerikas, die am Ersten Lateinamerikanischen Jugendkongress teilnahmen. Angesichts der Aßkündigung, dass Fidel dieses große Ereignis beschließen und über die Anwendung eines neuen revolutionären Gesetzes informieren werde, genügten wenige Stunden, um die Massen zu mobilisieren, die bald alle Räume überfluteten.
Von einer leichten Dysphonie beeinträchtigt, begann Fidel seine Rede, indem er die Geschichte der Völker Unseres Amerikas würdigte und das, was sie trotz der Anstrengungen des Yanqui-Imperialismus, sie zu trennen, miteinander verbindet. Der Comandante en Jefe nahm Bezug auf die prekäre Lage der lateinamerikanischen Völker und auf die Ideen, die den Sieg der Revolution ermöglichten, als ihm völlig unerwartet die Stimme versagte.
In den dramatischen Augenblicken, in denen das Volk Fidel drängte, er möge sich ausruhen, während er seinerseits versuchte fortzufahren, übernahm Raúl das Wort und rief zur Ruhe auf:
"Es ist kein purer Zufall, dass dies zu einem Zeitpunkt geschieht, der historisch ist für Kuba und für Unser Amerika, das das wahre Amerika ist. Es ist auch keine Sache des Schicksals oder ein schlechtes Omen. Es ist einfach nur ein kleines Mißgeschick. Völlig unwichtig, dass eine Stimme für einen Moment weg ist. Hauptsache, er ist da und das wird so bleiben!
(…) In diesen Augenblicken leidet er und leiden wir alle, denn die wunderbaren Erklärungen, die er dem Volk und Unserem Amerika über die Früchte machte, die wir geerntet haben, das ist ein Ruhm, der nur ihm gebührt. Deswegen werden wir uns hier nicht weiter ausbreiten und, was den Zweck dieses Treffens angeht, euch nicht länger auf die Folter spannen. Wir werden euch diese revolutionären Gesetze vortragen. Das ist, was heute passieren wird". (2)
Sofort begann Raúl mit der Verlesung des Gesetzes Nr. 851 vom 6. Juli 1960. Als er mit dem ersten "Por cuanto ..." ("Aufgrund dessen, dass") zu Ende war, machte Raúl sichtlich erfreut eine Pause, um zu verkünden, er habe "eine schlechte Nachricht für den Yanqui-Imperialismus": Fidel habe seine Stimme wiedergefunden.
Raúl bat, noch fünf Minuten zu warten und forderte dann alle auf, diszipliniert zu sein: Fidel: "wird leise sprechen und ihr werdet euch ganz still verhalten". Dann rief er dazu auf, die Nationalhymne zu singen.
Bekräftigung unserer politischen Freiheit
Namen der nationalisierten Unternehmen: |
Nach dem von Juan Almeida geleiteten emotionsreichen Absingen der Hymne setzten sich alle wieder. Fidel ging zurück ans Mikrofon, um den Text des Gesetzes zur Nationalisierung vollständig vorzulesen.
"Aufgrund dessen dass:
mit besagtem Gesetz und wegen der von der Regierung und den Gesetzgebungsorganen der Vereinigten Staaten eingenommenen Haltung andauernder Aggression, die das politische Ziel verfolgt, den fundamentalen Interessen der kubanischen Wirtschaft zu schaden, was durch den vom Kongress besagten Landes gebilligten Gesetzeszusatz bezüglich des Gesetzes über Zucker, durch den dem Präsidenten besagten Landes außerordentliche Vollmachten gegeben werden, offensichtlich wird, u, als politische gegen Kuba gerichtete Waffe, die Beteiligung kubanischen Zuckers am Zuckermarkt dieses Landes einzuschränken,
aufgrund dessen dass,
die Exekutive der Vereinigten Staaten von Nordamerika in Anwendung der besagten außergewöhnlichen Vollmachten und einer offensichtlichen Haltung wirtschaftlicher und politischer Aggression gegen unser Land die Reduzierung der Beteiligung kubanischen Zuckers im US-Markt weiter vorangetrieben hat und unstreitig das Ziel verfolgt, Kuba, seine Entwicklung und seinen revolutionären Prozess anzugreifen,
aufgrund dessen dass,
dieser Vorgang eine Wiederholung der fortgesetzten Haltung der Regierung der Vereinigten Staaten darstellt, die darauf ausgerichtet ist, die Souveränität und volle Entfaltungsmöglichkeit unseres Volkes zu verhindern und so den verachtenswerten Interessen der US-Monopole zu entsprechen, die dem Wachstum unserer Ökonomie und der Bekräftigung unserer politischen Freiheit Hindernisse in den Weg gelegt zu haben ..."
Auf diese Weise las Fidel alle "Aufgrund dessen, dass" vor, die begründen, wie angesichts dieser Fakten die Revolutionäre Regierung im Bewusstsein ihrer hohen politischen Verantwortung und in legitimer Verteidigung ihrer nationalen Ökonomie die Pflicht hatte, diese notwendigen Maßnahmen durchzuführen, um dem Schaden Einhalt zu gebieten, der durch die Aggressionen verursacht wurde.
In den "Aufgrund dessen, dass" wird die Legitimität der Anwendung dieses Gesetzes gegen die erpresserischen und ausbeuterischen Monopole untermauert, die die Wirtschaft des Landes ausgesaugt und die Interessen des Volkes verhöhnt hatten. Gegen die Zuckerunternehmen, die sich unter dem Schutz des Platt-Amendments das ertragreichste Land angeeignet hatten, gegen die Ölunternehmen, die fortgesetzt die Wirtschaft des Landes betrogen. Monopolpreise verlangt und den kriminellen Boykott gegen Kuba ausgeheckt hatten, der die Revolutionäre Regierung zum Eingreifen zwang.
Fidel erklärte, es sei "die Pflicht der Völker Lateinamerikas, ihre nationalen Reichtümer zurückzuholen, sie der Herrschaft der Monopole mit ihren Fremdinteressen zu entziehen, die ihren Fortschritt verhindern, politische Einmischung fördern und die Souveränität der Völker missachten". Fidel machte deutlich, dass die Kubanische Revolution bis zur totalen und definitiven Befreiung des Landes nicht innehalten werde.
Zum Schluss sagte er: "In Ausübung unserer Befugnisse und in Übereinstimmung mit dem, was im Gesetz Nr. 851 vom 6. Juli 1960 festgelegt ist,
beschließen wir,
ERSTENS: Man verfüge die Nationalisierung mittels erzwungener Enteignung der sich auf nationalem Gebiet befindlichen Besitztümer und Unternehmen und der Rechte und Handlungen, die sich der Ausbeutung dieser Besitztümer und Unternehmen ergeben, die Eigentum von Staatsangehörigen der Vereinigten Staaten sind und Betreibern von Unternehmen, die vorwiegend den nationalen Interessen besagten Landes dienen, die hiermit der vollen Gewalt des kubanischen Staates zufallen und in Folge aufgezählt werden."
Hat's mal geheißen!
Für immer unvergesslich wird die Verlesung der Liste der 26 nationalisierten Unternehmen bleiben. Der Erwähnung jedes einzelnen Namens folgte Applaus und ein spontan entstandener Chor von Tausenden von Stimmen skandierte spöttisch: "Hat's mal geheißen!" So bekräftigten die Anwesenden ihre Zustimmung zu der Entscheidung.
Es wurden am 6. August 1960 die Unternehmen und Besitztümer der Elektrizitäts- und der Telefongesellschaft nationalisiert, die Unternehmen Texaco, Esso, Sinclair und die 36 Zuckerfabriken, die die Vereinigten Staaten in Kuba hatten.
Trotz des starken Beifalls und der Sprechchöre "Hat's mal geheißen!" fragte Fidel, nachdem er die Namen der nationalisierten Unternehmen genannt hatte, das anwesende Volk, ob es mit dem Gesetz zur Verstaatlichung einverstanden sei und bat alle die Hand zu heben, die hinter diesem Beschluss der Revolutionären Regierung standen.
Für die Einheit Unseres Amerikas
Zusammen mit dem kubanischen Volk stimmten auch die Delegierten des Jugendkongresses mit ab, nachdem Fidel gesagt hatte:
"Das Problem Kubas ist nicht nur das Problem Kubas. Das Problem Kubas ist heute das Problem ganz Lateinamerikas, aber nicht nur Lateinamerikas. Das Problem Kubas ist das Problem des Schwarzen im Süden der Vereinigten Staaten. Das Problem Kubas ist das Problem des fortschrittlichen Intellektuellen in den Vereinigten Staaten, es ist das Problem des nordamerikanischen Arbeiters, Landarbeiters und auch des nordamerikanischen Volkes. Deswegen haben sie auch hier das Recht mit abzustimmen ..."
Nach der historischen Veranstaltung traf man den Beschluss, dass jede dieser Zuckerfabriken, die Eigentum der Atlantic Company, der United Fruit Company und anderer US-Unternehmen gewesen waren, von nun an den Namen einer Republik Unseres Amerika tragen sollte, als Zeichen unserer unerschütterlichen Einheit mit den Brudervölkern des Kontinents.
(1) Revolución, 8. August 1960, Seiten 4 und 6
(2) Revolución, 8. August 1960, Seiten 4 und 6
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Eugenio Suárez Pérez
und Acela Caner Román
Granma Internacional, 15.09.2015